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Friedrich II., der Hohenstaufe

Von Dr. Nikolaus von Preradovic

Vor 750 Jahren starb der stupor mundi

Am 13. Dezember d. J. jährt sich zum 750. Mal der Todestag des Staufer Kaisers Friedrich II. Nach dem kurzen Abriß seines Lebens in dieser Nummer soll in der folgenden Ausgabe eine ausführliche über Beschäftigung mit der Staufischen Reichsidee folgen.

Der äußerste Südwesten des Deutschen Reiches ist die „Baumschule“ deutscher Herrschergeschlechter gewesen. Die Habsburger und die Lothringer, die Württemberger und die Zähringer, die Hohenzollern und eben auch die Hohenstaufen stammen aus diesen Gebieten. Der neueste „Meyer“ vermeldet: Hohenstaufen, Zeugenberg vor dem Nordwest-Trauf der Schwäbischen Alb, nordöstlich von Göppingen im heutigen Bundesland Baden-Württemberg, 684 Meter hoch mit geringen Resten der Stammburg der Staufer. Das Geschlecht erscheint mit einem Friedrich von Büren, der um die Wende des ersten Jahrtausends gelebt hat. Dessen Sohn gleichen Namens vermählte sich mit Hildegard, Tochter des Herzogs von Schwaben und Enkelin Kaiser Ottos II. Die soziale Stellung eines Geschlechtes läßt sich, zumindest im Mittelalter, durch seine Heiratssitten ermitteln. Die Bürener erfreuten sich offensichtlich einer hohen gesellschaftlichen Stellung. Der nächste in der Geschlechterfolge, Friedrich Herzog von Schwaben, nahm Agnes, eine Tochter Kaiser Heinrichs IV. zur Frau. Friedrich II., der Einäugige, vermählte sich mit Judith Welf. Ihr Vater war Heinrich der Schwarze, Herzog von Baiern. Ihr Bruder ist Heinrich der Stolze, Herzog von Baiern und Sachsen, gewesen. Damit sind die beiden Hauptgegner in der nächsten Geschlechterfolge Kaiser Friedrich der Rotbart und Heinrich der Löwe aus dem Geschlechte der Welfen Vettern ersten Grades gewesen. Von Hohenstaufen nannte sich die Familie erst, nachdem sie eine Burg auf dem Berg errichtet hatte.
Des Rotbarts Enkel war nun Kaiser Friedrich II. Er wurde zu Jesi in der Mark Ancona am 26. Dezember 1194 geboren und ist im apulischen Fiorentino am 13. Dezember 1250 gestorben. Der Kaiser liegt im Dom von Palermo begraben. Friedrich II. verfügte über mehrheitlich deutsche Vorfahren. Seine Großeltern hießen: der Rotbart von Hohenstaufen, Beatrix des Grafen von Burgund Tochter, Roger II., der Normanne, König von Sizilien und Beatrix, des Grafen von Rethel in den Ardennen Tochter.
Friedrich II. ist dreimal verheiratet gewesen: Er nahm Konstanze, des Königs von Argon Tochter, Jolante, deren Vater der Titularkönig von Jerusalem gewesen ist, und die filia des Herrschers von England, Elisabeth genannt. Mit mehreren Konkubinen zeugte er ein rundes halbes Dutzend von Kindern.
Dreijährig ist Friedrich mit Neapel und Sizilien belehnt worden. Diesen Vorzug mußten seine Beauftragten mit zahlreichen Gaben zum Nutzen des Papstes erkaufen. Anno 1209 übernahm er die Regierung selbst. Die deutschen Reichsfürsten hatten zugesagt Friedrich zum König in Germanien anzunehmen. Indessen kam es zu einer Doppelwahl (1198), aus der einerseits sein Onkel Philipp von Schwaben hervorging, der allerdings 1208 von einem Wittelsbacher ermordet wurde. König Philipps Anti-Rex Otto von Braunschweig wurde daraufhin allgemein als Deutscher König anerkannt. In seiner nunmehr vermeintlich gesicherten Stellung nahm Otto IV., Sohn Heinrichs des Löwen, eine Haltung gegen den Pontifex ein. Diese Umkehr der bisherigen Verhältnisse brachte es mit sich, daß Papst Innozenz III. nun seinerseits Friedrich zum Deutschen König ausrief. Kaum war der neue Rex in Deutschland erschienen, als er von dem staufischen Anhang mit Begeisterung begrüßt worden ist. Aber auch die Anhänger der Welfen hatten sich mittlerweile von Otto, dem Welfen, abgewandt. Friedrich verpflichtete sich zu einem Kreuzzug. Sodann ist er 1215 zu Aachen zum Deutschen König gekrönt worden. Drei Jahre danach verstarb Otto IV. Damit war Friedrich ohne jeden Zweifel deutscher und sizilianischer König.
Damals schien es, als wenn die Zeit reif wäre, den Plan seines Großvaters, des Rotbarts, auszuführen. Deutschland und Italien sollten vereint, die Lombardischen Städte zu Paaren getrieben und der geistliche Universalmonarch auf die Stellung eines Bischofs von Rom herabgestuft werden. Als ersten Schritt ließ Friedrich, der König, seinen Sohn Heinrich zum König von Sizilien krönen. Er setzte einen Reichsverweser in Germanien ein und begab sich nach Italien. 1220 ist Friedrich zum Imperator Romanorum in der ewigen Stadt gekrönt worden. Vier Jahre danach begründete er eine Landesuniversität in Neapel.
Friedrich war, trotz mancher Erfolge, seinem Ziel noch entfernt. Er berief einen Reichstag in Cremona ein. Die Mailänder kamen nicht nur nicht dorthin, sondern sie ließen den Lombardischen Städtebund, dem 15 Großgemeinden angehörten, von Neuem aufleben. Friedrich tat den Bund in die Reichsacht!
Mittlerweile hatte sich Friedrich II. mit Papst Gregor IX. angelegt, weil er den versprochenen Kreuzzug nicht getan hatte. Der Papst drohte mit dem Kirchenbann! Friedrich sammelte ein Heer, vermählte sich der Tochter des Königs von Jerusalem und zog gen Osten. 1227 verließ er Brindisi. Auf den Schiffen brach eine Seuche aus. Nach kurzer Zeit mußte er den Hafen von Otranto ansteuern. Das Heer der Kreuzfahrer löste sich auf, und der Papst, der die Gelegenheit gekommen sah, Friedrichs Stellung zu erschüttern, bannte ihn.
Anschließend führte der Kaiser jedoch einen erfolgreichen Kreuzzug, obgleich ihm der Papst alle erdenklichen Schwierigkeiten in den Weg legte. 1229 krönte er sich selbst zum König von Jerusalem. Kein Priester konnte dem gebannten Imperator den Dienst abnehmen. Der Monarch kehrte nach Italien zurück. Anno 1230 wurde er vom Bann befreit. Vier Jahre danach rüstete er gegen die Lombardischen Städte. Noch nicht einsatzfähig vernahm der Kaiser, daß sein Sohn Heinrich, dem er die Regierung in Deutschland überlassen hatte, von ihm abgefallen war. Also erschien der Kaiser in Germanien und zwang Heinrich zum Gehorsam. Heinrich stand nochmals gegen den Vater auf. Er wurde abermals gebeugt und auf einem Schlosse in Apulien konfiniert. Nach langem Kampf siegte Friedrich über die meisten Städte, mit Ausnahme von Mailand, Bologna, Piacenza und Brescia. Der Imperator verlangte völlige Unterwerfung. Die restlichen Städte schlossen sich noch enger zusammen. Es folgte ein weiterer langer und verlustreicher Kampf, den der Papst nutzte, um dem Kaiser zu schaden. 1239 bannte der Bischof von Rom den Imperator zum anderen Mal.
Der erbitterte Streit zwischen dem Reich und dem Vatikan ließ die Führenden damals eine Gefahr gering achten. Das Mongolenheer fiel in Europa ein. 1241 besiegten die Asiaten die schlesische Ritterschaft bei Liegnitz. Innere Wirren ließ die Mongolen aber abziehen, die ansonsten Europa bis zum Atlantik erobert hätten.
Der Pontifex berief ein Konzil ein, welches gegen den Kaiser gerichtet war. Friedensverhandlungen mit Innozenz IV. scheiterten. Der Papst entwich nach Lyon. Er tat den Imperator neuerlich in den Bann und unterstützte Heinrich Raspe als Gegenkönig. Nach dessen Tode wurde Wilhelm von Holland als Prätendent präsentiert. Auch dieser vatikanische Versuch führte nicht zum erwünschten Ziel.
Anno 1250 starb Friedrich II. Es war ihm, trotz zahlreicher Erfolge, nicht gelungen, sich zum Herrn der Welt zu machen. Der Hohenstaufe war Träger von sieben Kronen: Als Römischer Kaiser, König in Germanien, der Langobarden, von Burgund, Sizilien, Sardinien und Jerusalem. Eine Chronik berichtet: „Er war kühn, hochgesinnt, tapfer, tolerant gegen Andersgläubige und freisinnig“. Diese dem hohenstaufischen Hause gleichsam erblichen Eigenschaften vereinigte er überdies mit trefflichen Anlagen und Kenntnissen und mit Liebe zu Kunst und Wissenschaft. Er verstand sämtliche Sprachen seiner Untertanen: Griechisch, Lateinisch, Italienisch, Deutsch, Französisch und Arabisch. Er war ein Kenner der Naturgeschichte, über die er mehreres schrieb, und ein Dichter zarter Liebeslieder in der zuerst durch ihn zur Schriftsprache erhobenen italienischen Volkssprache. Friedrich II. begründete nicht allein die Universität Neapel, er organisierte auch den ersten hierarchisch wohlgeordneten überaus effektiven Beamtenstaat in seinem Königreich Sizilien. Friedrichs Regierungszeit stellt eine der merkwürdigsten Epochen des Mittelalters dar. Sein Sohn wirkte als König von 1250 bis 1254. Mit seinem Enkel Konradin, der 1268 in Neapel hingerichtet wurde, ist das Geschlecht der Staufer erloschen. Nach Friedrichs II. Tod begann „die kaiserlose, die schreckliche Zeit“, die erst mit der Wahl Rudolfs von Habsburg 1273 zum Deutschen König beendet wurde, wenngleich der Habsburger nie zum Kaiser gekrönt worden ist.

 
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