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Eine konservative Partei für Österreich?

Gespräch mit CSA-Gründer Carl Albrecht Graf Waldstein

In den langen Jahren der Koalition mit der SPÖ hat sich die ÖVP immer mehr von ihren  christlich-konservativen Werten entfernt und politisch ihre Stammwähler vernachlässigt. Viele von ihnen wandten sich in der Folge der FPÖ zu oder wanderten ins Nichtwählerlager ab. Erstmals bei den Europa-Wahlen vor einem Jahr trat mit der Christlich Sozialen Allianz eine Partei auf, die den Anspruch erhob, diese Grundwerte zu vertreten und ihnen wieder mehr Geltung im politischen Bereich verschaffen wollte. In der Folge gelang es aber nicht, die konservativen Kernschichten in ausreichendem Maße zu mobilisieren, weshalb der Wahlantritt ohne den erwarteten Erfolg blieb.

Das Interview führte  Wolfgang Dvorak-Stocker

Viele Jahre herrschte unter den Konservativen Verzweiflung bis Verärgerung über den Linkskurs der ÖVP. Warum ist es erst im letzten Jahr zur Gründung der Christlich Sozialen Allianz (CSA) gekommen, was war der Anstoß, ausgerechnet bei der Europa-Wahl anzutreten?

C. A. Waldstein: Für den Erfolg einer Partei-Neugründung reicht bloßer Wählerunmut nicht aus. Bedenken Sie die gewaltigen Bollwerke, hinter denen sich die etablierten Parteien verschanzen: Bis zu einer Milliarde Schilling im Jahr kassieren sie staatliche Parteienförderung, ORF-Sendezeit wird im Werbewert von hunderten Millionen Schilling gratis zur Verfügung gestellt, zur Kandidatur reichen die Unterschriften von drei Nationalratsabgeordneten oder einem EU-Mandatar.
Eine neue Partei muß dagegen im ganzen Land tausende Unterschriften sammeln und jeden Unterzeichner dafür auf sein Gemeindeamt nötigen, wo er sich vor den Ortsgewaltigen politisch deklarieren muß, vor allem in ländlichen Regionen oft eine zusätzliche Belastung. Eine Fernsehwerbeminute kostet über 300.000 Schilling, private Großspender sind für Kleinstparteien ohne politische Einfluß schwer zu gewinnen. An diesen Anfangshürden sind fast alle Neugründungen gescheitert. In den letzten 40 Jahren haben es nur die Grünen nach mehreren Anläufen geschafft, von außen durchzukommen. Die Europa-Wahl bot die Chance, einige der Hürden im Sprung zu überwinden: Durch den Übertritt von zwei EU-Abgeordneten war die Kandidatur mittels einer Unterschrift möglich, dem LIF hat man in vergleichbarer Konstellation sogar die Gratis-Werbezeiten im ORF und Klubförderung zugebilligt, bevor sie je bei einer Wahl angetreten waren. Zusätzlich versprach uns einer der bedeutendsten Mediengewaltigen des Landes massive Unterstützung, man würde „aus allen Rohren für uns feuern“. Da beschlossen wir, den Angriff zu wagen.

Es gelang aber nicht in ausreichendem Maße konservative Wähler von ÖVP, FPÖ oder aus dem Becken der Nichtwähler zu gewinnen. Was ist schief gelaufen?

C. A. Waldstein: Kaum hatten wir die Parteigründung bekanntgegeben, aber noch gar kein Programm veröffentlicht, noch keine Kandidaten für die Europawahl genannt, ja nicht einmal deklariert, ob wir überhaupt kandidieren würden, da erschien bereits die erste Umfrage über uns. Weil uns noch keiner kannte, wurden uns zu diesem Zeitpunkt 1 bis 2 Prozent gegeben. Ab dann waren wir als „chancenlos“ punziert, was den Zufluß von Parteispenden und weiteren Kandidaten abrupt stoppte. Die großen Medien ignorierten uns fast lückenlos, der ORF sperrte uns aus, obwohl wir zehn Prozent der österreichischen EU-Mandatare auf unserer Liste hatten, doppelt so viele wie Grüne und LIF. Die versprochene Unterstützung „aus allen Rohren“ durch ein mächtiges Medium blieb völlig aus. So blieben wir der Masse der Wähler unbekannt. Wir selber aber hatten noch gar keine bundesweite Organisation, nur wenige spontan entstandene Aktivisten-Gruppen. Wo diese wirksam wurden, erzielten wir in einzelnen Ortschaften 15 bis 20 Prozent der Wählerstimmen, in Osttirol insgesamt sechs Prozent. Hätten wir uns nicht auf Zusagen anderer verlassen und deshalb spontan die Kandidatur gewagt, sondern ein Jahr lang darauf hingearbeitet, wäre wohl mehr drin gewesen.

Mittlerweile hat der Koalitionspartner gewechselt, die neue Regierung legt ein durchaus beachtenswertes Reformtempo vor. Alle Umfragewerte zeigen überdies, daß der Koalitionswechsel der ÖVP offenbar gut getan hat und sie viele Wähler zurückgewinnen kann. Eignet sich diese Lage, das politische Experiment der CSA fortzusetzen, besteht überhaupt noch Bedarf für eine solche Partei?
C. A. Waldstein: Die politische Bedeutung der CSA liegt auch in den Reaktionen, die ihre Existenz bei ÖVP und FPÖ auslöst. Schon bei der Europawahl rückte die ÖVP massiv nach rechts, begann eine innere Entwicklung, die in die schwarz-blaue Koalition mündete. Beide Koalitionspartner wissen, daß in der heutigen Konstellation schon kleine Verschiebungen von ein bis zwei Prozent entscheidend sein können: Erinnern Sie sich an die 400 Stimmen, um die die ÖVP von der FPÖ auf Platz drei verwiesen wurde. Da stellt sogar die kleine CSA einen Faktor dar, übt konservativen Druck auf beide Koalitionspartner aus. Heute würde ich den größten Bedarf für eine CSA-Kandidatur in Wien sehen, wo die SPÖ weiterhin von Görg im Sattel gehalten wird.

Die CSA knüpft also an die Situation in Wien an. Was sind ihre Hauptforderungen in diesem Gemeinderatswahlkampf, was will und kann sie konkret in Wien verändern?

C. A. Waldstein: Da gäbe es viele Themen: der unerträgliche Krieg der Gemeinde gegen Autofahrer und Parkplatzsucher etwa, oder die überhöhten Preise der ineffizienten und personell um ein Drittel überbesetzten Stadtwerke. Auch wenn manches verbessert wurde, steckt in der gesamten Kommunalverwaltung noch soviel Fett und Filz, daß man sie für ein Kunstwerk von Joseph Beuys halten könnte. Am unerträglichsten aber finde ich, wie sich die ÖVP mit christlichen und konservativen Wählerstimmen in Gemeinderat und Stadtverwaltung setzt, um dann in ihrem Verantwortungsbereich aus Steuergeldern bezahlte Kampagnen für Homosexualität oder die ebenfalls von uns allen bezahlte Schlingensief-Aktion zuzulassen. Die VP-Politiker Görg und Marboe sind offensichtlich der Meinung, jeder linksextremen Agitation unser Geld nicht verweigern zu dürfen, wenn diese sich als „Kunst“ bezeichnet.

Ein wesentliches Problem von Wien ist der hohe Ausländeranteil. Verträgt die Stadt noch mehr Zuwanderer (Stichwort Familienzusammenführung), kann sie überhaupt die aktuelle Zahl an Fremden integrieren, ohne dabei ihre gewachsene Identität zu verlieren, müßte nicht sogar eine Reduktion der Ausländerzahlen angestrebt werden?

C. A. Waldstein: Weil man die massenweise Tötung der Kinder im Mutterleib betreibt, wird die Bevölkerung Österreichs mit jeder Generation um ein Drittel reduziert. In dieser Situation muß man entweder Zuwanderung erlauben oder akzeptieren, daß der Sozialstaat, insbesondere bei der Altenversorgung, auf kosmetische Maßnahmen reduziert wird. In Holland haben die Linken und Liberalen eine dritte Horror-Alternative entdeckt, dort werden jetzt auch die Alten in Massen getötet, zwischen zehn und zwanzig Prozent bereits ohne deren Zustimmung, Tendenz steigend.
Wien hat in der Vergangenheit große Mengen fremdsprachiger Zuwanderer problemlos integriert, sie waren in ein bis zwei Generationen völlig assimiliert. Probleme entstehen vor allem dann, wenn Zuwanderer an intoleranten religiösen oder radikalen politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen festhalten, wenn sie aus Kulturen kommen, die völlig andere Moralbegriffe und ein anderes Verhältnis zur Gewalt haben. Hier sind die Toleranzschwellen der Bevölkerung massiv überschritten worden, was den Erfolg ausländerfeindlicher Wahlparolen gebracht hat. Die Zuwanderung brauchen wir leider, aber wir sollten vor allem die Zuwanderung aus religiös und kulturell verwandten Regionen sowie die Zuwanderer mit hohen Qualifikationen bewußt fördern und könnten sonst ruhig restriktiver sein. Und wir sollten Kindern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, gezielt eigene Schulen in deren Muttersprache mit Deutsch als verpflichtender Fremdsprache anbieten.

In der ersten Nummer der Informationszeitschrift „CSA-telegramm“ heißt die Schlagzeile „Eine CSU für Österreich!“. Die CSU wurde immer wieder als Vorbild für eine konservative Erneuerung der ÖVP genannt, so in Kreisen der steirischen Landespartei rund um Vincenz Prinz Liechtenstein. Kann die CSU aber ein Vorbild sein? Steht sie bei näherem Hinsehen nicht für eine Irreführung des Wählers durch starke Sprüche und schwache Taten?

C. A. Waldstein: In einer Mediengesellschaft sind auch starke Sprüche Taten, weil sie das Meinungsklima prägen. Auch wenn Konservative oft Anlaß hatten, von der CSU enttäuscht zu sein, vor allem in der Ära Weigel, so steht die Partei des unvergessenen Franz Josef Strauß doch noch stärker als die meisten bürgerlichen Parteien für die Kombination von Grundsatztreue und Erfolg, man erinnere sich nur an den Streit um die Kreuze in den Klassenzimmern.

In der Vergangenheit hat es einige Aussendungen der CSA gegeben, in der diese sich wirtschaftlich auf angelsächsische Vorbilder berief und damit als neoliberal deklarierte. Jetzt heißt es, sie tritt für eine „soziale Marktwirtschaft jenseits von Kapitalismus und Sozialismus ein“. Wieviel Neoliberalismus hat die österreichische Wirtschaft nun nach Auffassung der CSA nötig?

C. A. Waldstein: Immer noch ist der Anteil des öffentlichen Sektors am Bruttosozialprodukt viel zu hoch, auch die Marktordnung wird durch die EU-Vorgaben weitgehend verschwinden müssen. Ich gebe hier Tony Blair recht: Es gibt nicht eine rechte und eine linke Wirtschaftspolitik, sondern eine richtige oder eine falsche.

Die CSA will den „staatlichen Zwang auf das Notwendigste beschränken“. Sie schließt sich also dem Ruf „Weniger Staat!“ an. Ein probates Mittel angesichts der ausufernden Kriminalität?

C. A. Waldstein: Noch nie wurden so viele und so schauerliche Verbrechen begangen wie im 20. Jahrhundert und in Masse wurden sie von Regierungen begangen. Auschwitz und der Archipel Gulag waren Verbrechen totalitärer Regime. Aber auch die Verbrechen westlich-demokratischer Regierungen können Al Capone vor Neid erblassen lassen. Die Tschechoslowakei hat die kurze Atempause zwischen Drittem Reich und Sowjetsystem dazu benützt, als anerkannt westlich demokratischer Staat ganze Landstriche, Städte, Dörfer, in Summe eine Viertel des Staatsgebietes mit allen dort vorhandenen Reichtümern ihren Bürgern zu rauben und findet das heute als EU-Kandidat immer noch rechtens. Österreich hat nach dem Krieg das „deutsche Eigentum“ geraubt und sich danach am von den Nazis geraubten Judenvermögen genüßlich gelabt, die deutsche Bundesregierung hat nach der Wiedervereinigung ebenso schamlos die Hehlerei des 1945 bis 1949 geraubten Vermögens ihrer Bürger in der Sowjetzone betrieben wie auch die Hehlerei der Mauergrundstücke in Berlin, und deutsche Minister haben in diesem Zusammenhang den Verfassungsgerichtshof schamlos belogen. Alle westlichen Regierungen haben die Massentötung ungeborener Kinder ermöglicht, einzelne wie Holland auch die Massentötung der Alten. Allein aus der Ära Kreisky landete später die halbe Regierungsmannschaft auf der Anklagebank wegen Steuerhinterziehung, Waffenschmuggel, Griff in die Gewerkschaftskasse, Begünstigung eines Mörders und Versicherungsbetrügers. Diesen Leuten sollen wir mehr Macht über unser tägliches Leben und mehr Kontrolle einräumen? Natürlich muß die Polizei die Mittel haben, Verbrecher effizient zu bekämpfen. Aber ein starker Staat wird oft zu genau dem Problem, zu dessen Lösung man ihn stark gemacht hat. Der heilige Augustinus hat einmal gesagt, der einzige Unterschied zwischen einem Staat und einer Räuberbande wäre ein festes moralisches Fundament. Sehen Sie sowas irgendwo?

Die Medien entfalten seit Jahren eine regelrechte Kampagne für die Homosexualität, Talk Shows bemühen sich, sexuelle Perversionen aller Art als „interessante Abwechslung“ im Volk zu verbreiten, Künstler verhöhnen zur Steigerung ihres Marktwertes mit Vorliebe die katholische Kirche und ihre Glaubenswahrheiten, die Schulen vermögen Geschichte, Kultur und Identiät Österreichs nicht mehr zu vermitteln, schon zweite Volksschulklassen tanzen bei Schulfesten weit eher Rap als Polka. Sind hier nicht staatliche Initiativen gefragt, signalisiert hier nicht die ständige Berufung auf die „Freiheit des Einzelnen“ einen falschen Weg?

C. A. Waldstein: Nein, wir selbst sind gefragt, unsere „Freiheit des Einzelnen“ zu nützen, um diesem ganzen Spuk Grenzen zu setzen. Es ist doch bitte der Staat, der diese Szene hochpäppelt. Wen interessiert denn die Schwulen-Woche „Wien ist andersrum“? Die könnten gar nicht werben, wenn nicht jedes Jahr hunderttausende Schillinge Steuergelder dort hineingepumpt würden! Wo wären denn die linksextremen Fäkalisten und Religionsverspotter, wenn sie nicht wegen ihrer offensichtlich löblichen Gesinnung zu üppig dotierten Staatskünstlern erhoben würden, denen man unsere Steuergelder vorn und hinten reinschiebt. Wir haben ein Gesetz gegen Religionsverspottung, aber die staatlichen Organe exekutieren es nicht mehr, wenn man „Freiheit der Kunst“ schreit. Hier hilft nur Bürgerwiderstand. In Amerika hat es genügt, daß sich pro Supermarkt drei vier Hausfrauen zusammen
schließen und dem Geschäftsführer ihre Rechnungen zeigen mit dem Hinweis, auf diese Umsätze kann er vergessen, wenn das nächstemal noch ein Sex-Heft sichtbar herumhängt, und der „Playboy“ hätte beinahe pleite gemacht. Wir sind mächtig, als Wähler und als Konsumenten. Aber wir müssen diese Macht gemeinsam einsetzen, statt in Hinterzimmern Wände zu beschimpfen.

Kommen wir abschließend zurück auf die Wiener Wahl: Welche konkreten Wählergruppen und Bevölkerungsschichten wollen Sie vor allem ansprechen, welche Chance geben Sie der CSA bei der Wahl zum Wiener Gemeinderat, in dem Grüne und Liberale mit weit über dem Bundesdurchschnitt liegenden Ergebnissen vertreten sind?

C. A. Waldstein: Kleinparteien haben es bei Gemeinderatswahlen immer leichter als bei bundesweiten oder Regionalwahlen, weil ihr Rückstand bei Infrastruktur und Geldmitteln auf engem Raum nicht so zum Tragen kommt. Ob wir in Wien antreten, ist aber noch nicht entschieden. Jetzt ist es wichtig, eine Infrastruktur aufzubauen und inhaltlich Druck auf die anderen Parteien zu machen.

Wir danken für das Gespräch.


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