Archiv > Jahrgang 2001 > NO III/2001 > Ernst von Dombrowski 

Ernst von Dombrowski

Von Gräfin Ilse Carola Salm

Ein Künstler des Herzens

Dombrowski, der geniale Holzschneider, Zeichner und Erzähler, hat der Nachwelt nicht nur den Schatz seines Werkes hinterlassen. Eine von ihm dotierte Stiftung fördert jedes Jahr mit einem ansehnlichen Geldbetrag steirische Künstler des Bildes, des Wortes oder des Tones, die den Mut haben, unabhängig von den Moden der Zeit ihren eigenen Weg zu gehen.

Ernst von Dombrowski wurde am 12. September 1896 in Emmersdorf an der Donau geboren. Es liegt in der herrlichen Landschaft der Wachau, gegenüber dem prächtigen Kloster Melk.
Sein Vater war freier Schriftsteller, der schon jahrelang krank war und 1917 starb. Die Mutter und die jüngeren Geschwister blieben unversorgt zurück. Aber Ernst von Dombrowski stand damals als 18jähriger schon an der Front. Nach dem Zusammenbruch begann für ihn eine schwere Zeit. Er lebte zeitweise in Berlin, wo er – wie er schrieb – „zeichnete, malte,… hungerte und fror…“ Die Inflation in Deutschland trieb ihn nach Graz zurück. Hier hatte er früher die Landeskunstschule besucht. Jetzt begannen auch da Jahre verzweifelter Not. Er malte alles: Kompositionen, Porträts, Landschaften, Wandbilder; er hatte in Kupfer gestochen, machte Radierungen und arbeitete schließlich für die Werbegraphik!
1934, er war inzwischen verheiratet, begann er mit dem Holzschnitt, – nicht ohne den Einfluß (die sanfte Gewalt!) seiner Frau, Rose. Nach ihr nannte er eine innige Erzählung „Das Roserl“, erschienen im Stocker Verlag, Graz. Es wurde ihm bisher nichts geschenkt, aber nun kam doch die Anerkennung. 1938 wurde er nach München berufen, wo er Leiter einer Graphik-Klasse an der „Akademie für angewandte Kunst“ wurde. Aber nicht lange, dann rief ihn wieder der Krieg. Er erlebte ihn zumeist als Offizier an der Ostfront mit all ihrem schweren Leid. – Es gibt auch aus dieser Zeit erschütternde Zeichnungen.
Der Krieg ging zu Ende. Auch er entging nicht der Internierung – im amerikanischen Lager „Glasenbach“. Und natürlich verlor er auch wieder seine Stellung an der Münchner Akademie. Erst 1948 konnte er wieder beginnen, sich eine neue Existenz aufzubauen und auch in Siegsdorf (Oberbayern) für sich und seine Familie wieder ein neues Zuhause zu schaffen.
Ein glückliche Fügung muß man es wohl nennen, daß er eines Tages mit Rudolf Schneider zusammentraf. Dieser kam aus dem Sudetengau. Dort hatte er einen Verlag für Kalender und wunderschöne Kinderbücher gehabt. Auch Rudolf Schneider hatte durch das Kriegsende alles verloren, war zunächst Angestellter in einem Verlag. Später begann er, sich einen neuen „Rudolf Schneider“ aufzubauen; und mit diesem stellte er sich nun weitgehend in den Dienst des Werkes von Ernst von Dombrowski. Ich war wiederholt bei Rudolf Schneider und erlebte dabei, mit welcher Anteilnahme er dem Schaffen Ernst von Dombrowskis verbunden war.
Und es kam nun ein Werk nach dem anderen von Ernst von Dombrowski, den die Freunde – und auch er sich selbst – kurz Dom nannten, heraus. Es sind keine farbenprächtigen, großartigen Gemälde, es sind feinempfundene Zeichnungen und Holzschnitte. Der Bayerische Rundfunk nannte ihn in einer Sendung zu Ehren seines 85. Geburtstages den „größten heute lebenden Holzschnittmeister“!
Mit 64 Jahren begann er auch noch zu schreiben. So entstanden solch feine Kunstwerke wie die Holzfolienbändchen, in denen er auch teilweise selbst zu seinen Zeichnungen oder Holzschnitten erzählt.
Nicht das prachtvollste Gemälde kann den kleinen Hund in „Nur ein Hund“ in seiner Trauer, seiner Ergebenheit, aber auch seinem Selbstbewußtsein besser darstellen.
Oder das entzückende Bändchen „Liebes kleines Pferd“ – mit nur ein paar Strichen vermag Ernst von Dombrowski die kleinen Island-Pferdchen vorzustellen.
Seine tiefe Liebe zu Tieren, ob groß oder klein, nützlich oder nicht, spricht aus vielen kleineren oder größeren Skizzen!
Dann kommen die großen Bildbände: „Der Zeichner Dombrowski“ und „Dombrowski – Leben und Werk eines Holzschneiders“.
In diesen beiden Bänden äußert er sich selbst zu seiner Kunst… zu seiner Kunst mit zahlreichen Zeichnungen bzw. Holzschnitten; und man findet in diesen Bänden viele nachdenkliche Hinweise auf seine Werke, z. B. die Illustrationen zu großen Werken, wie „Hermann und Dorothea“ von Johann Wolfgang von Goethe oder zu Stifters Buch „Witiko“.
Dombrowski kannte und schätzte auch flämische Schriftsteller wie Stijn Streuvels und besonders hatte ihn das Buch von Charles de Coster gepackt: „Die Legende von Tyll Ulenspiegel und Lamm Goedzak“ (1868).
Charles de Coster, ein flämischer Schriftsteller, hatte jahrelang Studien betrieben, um diesen „Ulenspiegel“ zu schreiben. Er versetzt seinen „Ulenspiegel“, der im ganzen Küstenbereich der Nordsee anzutreffen ist, in die Zeit, in der die Niederlande von Spanien unter der Führung des Herzogs Alba bekämpft wurden, um sie wieder in die Botmäßigkeit Spaniens zu zwingen und deren Einwohner außerdem wieder der katholischen Kirche zuzuführen.
DOM liest das Buch immer wieder, und als der Plan auftaucht, eine deutschsprachige Ausgabe herauszubringen, macht er dazu die Illustrationen. – In der deutschen Fassung ist der „Eulenspiegel“ ein rechter und fast bösartiger Tunichtgut. Auch in der niederländischen Fassung ist er es zunächst, bis im Laufe der „Ketzerverfolgungen“ die Strafen immer rigoroser und grausamer werden. Als dann sogar sein Vater auf einem brennenden Holzstoß hingerichtet wird, hat es ein Ende mit seiner „Tollerei“. Er gesellt sich zu den Geusen und rast als ihr Herold durchs Land. – Später dient er auf einem geusischen Schiff. Als es zu einem Zerwürfnis mit dem Kapitän kommt, soll er hingerichtet werden. Schon steht er unter dem Galgen, da naht ein junges Mädchen in weißem Kleid und Blumen im Haar: die „süße, sanfte Nele“, sie erbittet ihn zum Gatten und errettet ihn nach den damaligen Gesetzen und Gebräuchen vom Tod.
Weiter dient er den Geusen; er wird sogar Kapitän eines Schiffes. Der Kampf geht weiter, und in all den Jahren hält seine „süße, sanfte Nele“ an seiner Seite aus bis zu ihrem Ende!
Eine Illustrierung wird vielen bekannt sein: die Zeichnungen zu Heinrich Waggerls „Es begab sich aber zu der Zeit”: (Die Weihnachtsgeschichte)!
Es gäbe noch von vielen schönen Werken zu berichten, erwähnen möchte ich  nur noch die Kinderbilder. Zahllos sind die kleinen oder großen Kinderzeichnungen. Eine kleine Auswahl möchte ich beifügen. Es sind fröhliche, verschmitzte und oft nachdenkliche Gesichter. Es gibt auch noch einen großen Bildband nur mit Kinderzeichnungen. Aus diesem großen Fundus wird Jahr für Jahr der Kalender „Unsere Kinder“ herausgebracht.
Noch vor seinem Tod – von Dombrowski starb 1985 in Siegsdorf – konnte er erleben, daß für sein Werk eine würdige Heimstatt geschaffen worden war: Willibald Völsing, der schon zu Lebzeiten Dombrowskis immer zur Stelle war, wenn Hilfe vonnöten war, schuf in den Räumlichkeiten seiner Firma mit dem „Freundeskreis Ernst von Dombrowski“ die „Kunstherberge Ernst von Dombrowski“.
In hervorragend gestalteten, stimmungsvollen Räumen haben die Werke von Dombrowski eine ihnen gebührende Heimstatt gefunden. – Einige Räume stehen auch anderen Künstlern zur Verfügung. Willibald Völsing hat auch mittlerweile den „Rudolf Schneider Verlag“ übernommen, der nach dem Tod des Gründers viele Jahre von Karl-Heinz Biebl weitergeführt wurde.

Adresse: D-31180  Giesen-Hasede,
Industriehof 8–10, Tel.: 05121/77 06 34.

 
Neue Ordnung, ARES Verlag, A-8010 Graz, EMail: neue-ordnung@ares-verlag.com