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Weltkulturerbe in Gefahr

Das Weltkulturerbe macht nicht einmal ein Prozent der Fläche Wiens aus. Wegen des Bevölkerungszuwachses dort eine Verdichtung zu fordern und das umstrittene Hochhaus am Heumarkt zu bauen, ist Unsinn, da sich die dort errichteten teuren Wohnungen keine armen Wiener leisten können. Univ.-Prof. Dr. Friedmund Hueber sieht die Gründerzeit-Viertel innerhalb des Gürtels insbesondere durch das Mietengesetz gefährdet, da für Altbauten nur niedrigere Mieten verlangt werden dürfen als für Neubauten, was zwangsläufig zu einer Zerstörung des Stadtbildes führt. Besonders schädlich für den Baudenkmalbestand sei außerdem, daß die Steuergesetzgebung keine Ausgaben für Baudenkmäler als absetzbar anerkenne, welche die Einnahmen aus dem Objekt übersteigen, obwohl der Erhaltungsaufwand für solche Gebäude wesentlich größer sei als für Neubauten.

Das historische Ziel des Städtebaus in den vergangenen Jahrhunderten war, so Hueber, nicht die Schaffung von Einzelbaukörpern, sondern von ganzheitlichen Straßen- und Platzräumen, wovon nur Kirchen, imperiale Bauten und sonstige privilegierte Bauwerke wie das Rathaus freigestellt waren. Das habe zu einer Gleichheit der Grundbesitzer geführt, die keine Begehrlichkeiten aufkommen ließ, was die Gebäudehöhe betraf. Private Gebäude müßten sich, was Höhe und Volumen betrifft, in die Nachbarbebauung als Blockrandbebauung einfügen. Dies bedeutet nicht, daß Wien zum Museum werden solle, und verunmögliche nicht die Errichtung neuer Architektur. Das Hochhaus am Heumarkt aber wäre ein Gebäude, das sich protektionistisch von allen anderen Häusern dieses Viertels abheben und dessen Charakter vollkommen verändern würde.

  • Dr. Friedmund Hueber ist Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege und gab Bernhard Tomaschitz für „Zur Zeit“ 32/2018 ein ausführliches Interview. 

 
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