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Gegen den Strich

Von Peter Hiess

Alternativmedien im Kommen

„Es gibt Dinge, die sind so falsch, daß nicht einmal das absolute Gegenteil richtig ist“, schrieb Karl Kraus einst. Damit könnte er durchaus die gleichgeschaltete Presse-, Fernseh- und Radio-berichterstattung von heute gemeint haben. Kein Wunder, daß sich immer mehr Alternativmedien derzeit am „Gegenteil“ versuchen – oder vermuten, daß die Wahrheit irgendwo dazwischenliegt.

Der neue US-Präsident heißt Donald Trump.
Das Volk hat entschieden.
Manchen paßt das gar nicht. Und diese „manchen“ sind nicht etwa dumpfe Hinterwäldler, die irgendwo in den Appalachen einen Aufstand gegen das neue amerikanische Staatsoberhaupt planen, sondern vielmehr die „guten Demokraten“ in den Medien. Monatelang ließen sie keine Statistik ungefälscht und keinen Umfragetrick ungenutzt, um Hillary Clinton ins Weiße Haus zu hieven. Und dann tun die Wähler doch einfach, was sie wollen, so wie schon beim Brexit und diversen Abstimmungen innerhalb der EU …
Jetzt sind die Massenmedien natürlich wieder empört. Trump-Anhänger seien primitive Menschen, heißt es da, Fortschrittsverlierer und Ewiggestrige, die auf die Seuche des Rechtspopulismus hereingefallen sind. Man wirft ihnen vor, sich mit „Stammtischparolen“ gegen die Segnungen schrankenloser Einwanderung, Klimawandel-Geschäftemacher, Gender-Religion, skrupellose Finanzhaie und permanent Krieg führende Superstaaten – kurz: gegen die Elite – zu wenden. Vor allem aber seien diese Leute erklärte Gegner der „Lügenpresse“ und damit eine Katastrophe für die etablierte Medienbranche.
Während die großen Zeitungen in Deutschland und den USA (siehe New York Times) bereits Kreide fressen und sich fragen: „Was haben wir bloß falsch gemacht, daß uns die Leser in Scharen davonrennen?“, laufen in Österreich der mit Zwangsgebühren finanzierte Staatsfunk und die Printmedien (die weder auf Presseförderung noch auf Parteiinserate verzichten wollen) weiterhin Sturm. Schließlich gilt es, einen Bundespräsidenten Hofer zu verhindern – und da ist man sich für keine Umerziehungs- und Gehirnwäschemaßnahme zu schade.

Kulturkrieg

So sehen das zumindest die Macher und Konsumenten der diversen Alternativmedien, die seit einiger Zeit verstärkt aus dem Boden sprießen und dem Mainstream mehr und mehr das Wasser abgraben. Grundsätzlich gab es zwar immer schon Presseprodukte und ganze Verlage, die eine eigene, vom angeblichen gesellschaftlichen Konsens abweichende Meinung vertraten, doch digitale Produktionstechniken und vor allem das Internet haben den „staatstragenden“ Medien endgültig die Deutungshoheit aus der Hand genommen.
Seit man das auch in den Redaktionen – ob im öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder in den an Auflagenschwund leidenden Tag- und Wochenblättern – bemerkt hat, ist Krieg angesagt. So verabschiedete das Europaparlament am 22. November 2016 beispielsweise eine Medien-Resolution, die kritische Stimmen gegen die EU abwürgen soll. Das erste Ziel: russische Medien wie der Auslandsfernsehsender RT oder das Nachrichtenpersonal Sputnik Deutschland, die von den Eurokraten mit IS und Al-Qaida gleichgesetzt werden.
Die europäischen Grünen forderten gleichzeitig eine EU-weite Polizeitruppe, die nach verdächtigen Beiträgen im Internet, vor allem in den sozialen Medien, fahnden soll. Und deutsche Fernsehsender warnen einander, doch ja keine Begriffe wie „Flüchtlingsströme“ und „Überfremdung“ zu verwenden, weil man sich damit der Sprache des Rechtspopulismus bediene.
Die Faschismuskeule ist im Krieg der Medien – so wie auch in der aktuellen Politik – überhaupt eine beliebte Waffe. Wer es wagt, abweichende Meinungen zu äußern, der wird schnell (gern auch über die vorgeblich so unabhängige Wikipedia) als „Nazi“ verunglimpft, der Intoleranz geziehen und von den „Aufdeckern“ des Mainstream-Journalismus durch die braune Vergangenheitssuppe gezerrt. Motto: „Irgendwas werden wir schon finden. Und wenn nicht, dann behaupten wir es einfach so lang, bis etwas hängenbleibt.“ Ein bißchen erinnert das an die seligen 70er Jahre, als jede Kritik am System mit einem „Geh doch in die Sowjetunion, wenn?s dir nicht paßt“ beantwortet wurde; nur die Vorzeichen sind heute (scheinbar) umgekehrt.
Das aktuelle internationale Feindbild heißt Breitbart News. Die konservative politische Website mit angeschlossener Radiosendung, gegründet 2007 vom mittlerweile verstorbenen Unternehmer Andrew Breitbart, steht nicht nur auf Platz 34 der meistgelesenen US-Websites, sondern gilt auch als einer der wichtigsten Wahlhelfer für „The Donald“. Kein Wunder, daß aufgebrachte Medienvertreter – die sich einfach nicht damit abfinden können, daß das Volk einen eigenen Willen hat – Breitbart ebenso wie Trump mit den üblichen Schlagworten wie „rechtskonservativ, xenophob, frauenfeindlich, rassistisch, antisemitisch“ etc. belegt. Daß der neue Präsident den „Breitbart“-Mitgründer Stephen Bannon gleich nach dem Wahlsieg zu seinem Chefstrategen ernannt hat, läßt die so objektiven Berichterstatter gleich noch heftiger vor Wut schäumen.

Existenzkampf

Doch selbst die engagiertesten Reporter im deutschen Sprachraum können bestenfalls noch die treuen Leser von lachsrosa Tageszeitungen oder traditionell linken wöchentlichen Faltheftchen agitieren – in Amerika richten sie mit all ihrer ideologisch befeuerten Aufregung nichts aus. Da verlegt man sich doch lieber gleich darauf, den medienpolitischen Gegner in seiner Existenz zu bedrohen.
So startete die deutsche „taz“ etwa diesen Oktober eine Kampagne gegen die Buchhandelskette Thalia, die es doch tatsächlich wagte, in ihren Filialen Werke aus dem Kopp Verlag anzubieten. Dort soll nämlich – wie könnte es anders sein? – unter anderem auch „extrem rechte Literatur“ erscheinen, wie einer der stets paraten Rechtsextremismus-Experten konstatierte. Thalia ließ sich jedoch nicht einschüchtern und verteidigte seine Unternehmenspolitik mit dem Argument, Lesern die Möglichkeit zu geben, „sich umfassend zu einem Thema zu informieren, sich mit verschiedenen Blickwinkeln auseinanderzusetzen und so eine eigene Meinung zu bilden“.
Die links-linke „taz“ war aber nicht das einzige Medium, das Kopp die finanzielle Grundlage unter den Füßen wegzuziehen versuchte. Auch der deutsche Staatssender ARD startete Anfang 2016 in der Sendung „Report Mainz“ eine Diffamierungskampagne gegen Firmen wie VW, Lufthansa und die Deutsche Bank, die es wagen, auf „rechtspopulistischen Websites“ – darunter auch Kopp Online – zu inserieren. Die angesprochenen Unternehmen distanzierten sich daraufhin brav von den Inhalten besagter Seiten und gelobten Besserung. Der Kopp Verlag ließ sich dadurch allerdings nicht stören. Seine Bücher zu alternativen Heilmethoden, archäologischen Rätseln, Politik und Finanz sowie dem, was die Massenmedien nach wie vor verächtlich als „Verschwörungstheorien“ belächeln, verkaufen sich weiterhin gut.
Apropos Verschwörungstheorien: In den USA (und in eingeschränktem Maße weltweit) war 9/11 der Auslöser für den rasanten Aufstieg der Alternativmedien, da viele Menschen die Inszenierung der Flugzeuganschläge auf das World Trade Center einfach nicht für bare Münze nehmen wollten und nach anderen Erklärungen suchten. In Deutschland und Österreich wurden Kunden der Systempresse nach der Finanzkrise von 2008 zwar schon hellhörig, doch erst der „Wir schaffen das“-Flüchtlings-Tsunami des Jahres 2015 sorgte dafür, daß systemferne Zeitschriften wie Jürgen Elsässers Compact-Magazin sich mit ihrem „Mut zur Wahrheit“ zu Verkaufsschlagern entwickelten.
Auch der deutsch-türkische Autor Akif Pirinçci, der mit Katzenkrimis wie Felidae berühmt wurde, wandte sich nach seiner Autorentätigkeit im Blog „Achse des Guten“ von der schöngeistigen Literatur ab und veröffentlichte 2014 im Manuscriptum Verlag seine Polemik Deutschland von Sinnen – eine durchaus provokant geschriebene und gemeinte, vor ordinären Formulierungen strotzende Abrechnung mit den Gutmenschen, die seiner Ansicht nach mit ihrer Frauen-, Migranten- und Homosexuellen-Politik sein Heimatland kaputtmachen. Dieses und die folgenden Werke Die große Verschwulung und Umvolkung zementierten Pirin?cis neuen schlechten Ruf als publizistischer Gottseibeiuns (und logischerweise „Nazi“), erreichten sehr zum Unmut seiner Gegner aber dennoch Spitzenplätze in den Amazon-Verkaufscharts.
Am 19. Oktober 2015 beging „Der kleine Akif“ (so der Titel seines Weblogs) allerdings den Fehler, am Pegida-Jahrestag in Dresden eine „Haßrede“ zu halten. Sein dort vorgetragener, schicksalshafter Satz über KZs, der von den Medien bewußt falsch zitiert wurde, brach ihm das Genick: Der Verlag Random House stellte daraufhin den Vertrieb von Pirin?cis belletristischen Titeln ein, Buchhandlungen, -großhändler und -handelsketten verkauften seine Bücher nicht mehr, und sogar Amazon schloß sich dem Boykott an. Gerade vor Bücherverbrennungen machten die Zensoren noch halt – doch Pirin?ci sprach zu Recht von Berufsverbot und versuchter Existenzvernichtung.

Glaubensstreit

Daß die Alternativmedien nicht nur von „rechts“ kommen, sondern auch aus dem Lager der Original-Linken (also nicht der Postkommunisten, die „Antifa“ und „Keine Grenzen!“ für der politischen Weisheit letzten Schluß halten), beweisen die im Ahriman-Verlag erscheinenden und vom Bund gegen Anpassung herausgegebenen Ketzerbriefe, die mittlerweile bei mehr als 200 Ausgaben halten. Gründer dieser Zeitschrift ist der 1948 geborene Fritz Erik Hoevels, ein waschechter Kommunist im Sinne von Marx, Engels, Lenin und Trotzki, der die Thesen dieser Denker mit den psychoanalytischen Lehren von Sigmund Freud und Wilhelm Reich verbindet – weshalb seine systemtreuen Kritiker ihn gern als „Anführer einer Politsekte“ bezeichnen.
Hoevels und brillante „Ketzerbriefe“-Autoren wie Peter Priskil, Kerstin Steinbach oder Max Roth prangern in ihren Publikationen (Ahriman verlegt übrigens auch Bücher) die Verfehlungen des modernen Feminismus, üble Machenschaften des „Weltherrschers“ USA und seiner europäischen Vasallen, Gesinnungsjustiz, Sexualunterdrückung, die staatliche Vereinnahmung der modernen Linken und die propagandistische Gehirnwäsche durch die Systemmedien an. Es überrascht kaum, daß auch die erklärten Marxisten deshalb als „rechts“ tituliert und mit Drohungen sowie Auftrittsverboten überhäuft werden.
Ähnliches wirft man freilich auch Michael Klein – einem der Betreiber des Blogs Science Files – vor. Nicht genug damit, daß der Autor sich als Männerrechtler hervorgetan hat (merke: Nur Frauen haben Rechte), er soll auch noch „Antifeminist“ und „Schwulenfeind“ sein, „extrem rechten Positionen Platz geben“ und sich überhaupt ideologisch „in AfD-Nähe“ befinden. Dabei besteht das einzige Ziel von Klein und seiner Kollegin Dr. Heike Diefenbach darin, „kritische Wissenschaft“ zu betreiben, d. h. Argumentationen aus Politik, Forschung und nicht zuletzt Medien auf ihre logische Haltbarkeit und wissenschaftliche Methodik zu untersuchen. Daß die „Science Files“-Macher sich ihrer Aufgabe oft mit viel Humor entledigen, liegt an der Absurdität der Fächer, die Akif Pirin?ci so treffend als „Geschwätzwissenschaften“ bezeichnet. Da werden Nazijäger entlarvt, die in jeder Zahlenkombination eine Hommage an den alten Adolf wittern, Vertreter der Genderforschung knallhart als religiös verbrämte Ideologen und Nichtwissenschaftler entlarvt, und Vernaderer-Organisationen wie die staatlich geförderte deutsche Amadeu-Antonio-Stiftung als kaum getarnte Stasi-Nachfolger porträtiert.
Wie heißt es im „Science Files“-Artikel „Im Lebensstilghetto der Gesinnungsklone“ so schön? „Wir haben an Gutmenschen vor allem auszusetzen, daß sie sich formal zu mehrwertigen Menschen erklären, die notwendig von ihnen zu minderwertigen Menschen erklärten Menschen sagen wollen, was richtig für sie ist.“ Besser könnte man die herrschende Mainstream-Ideologie gar nicht beschreiben. Und genau deshalb sind Alternativmedien heute notwendiger denn je …

 
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