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Pontifex horribilis

Von Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker

Erst am 14. Jänner 2018 findet der nächste „Welttag des Migranten und Flüchtlings“ statt. Schon fünf Monate davor, am 15. August d. J., hat Papst Franziskus seine diesbezügliche Botschaft veröffentlicht. Darin fordert er:

  • „Den Migranten und Flüchtlingen breitere Möglichkeiten für eine sichere und legale Einreise in die Zielländer anzubieten.“ Der Papst macht keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen und Migranten, und er setzt sich in seiner Botschaft implizit für eine völlig unbegrenzte Zuwanderung nach Europa ein.
  • „Der Migrantenstatus soll den Zugang zur nationalen Gesundheitsversorgung und dem Rentensystem … nicht begrenzen.“ Die Zuwanderer sollen also unmittelbar nach ihrer Ankunft sofort Zugang zu den nationalen Sozialsystemen haben. Nach dem Willen von Franziskus steht ihnen auch völlige Bewegungsfreiheit im Aufnahmeland zu, Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu den Mitteln der Telekommunikation (Gratis-Handy und Gratis-PC?), weiters – natürlich – eine „Mindestlebensversorgung“ sowie ein regulärer Zugang zur Primär- und Sekundärbildung.
  • Im dritten Punkt seines Schreibens fordert der Papst die Familienzusammenführung „einschließlich der Großeltern, Geschwister und Enkel“, die „niemals wirtschaftlichen Erfordernissen unterworfen werden“ darf. Im Klartext: Wenn jeder Migrant seine Großeltern nachholen kann und diese ihre Geschwister und alle anderen Kinder und Enkel, also die Cousinen und Cousins des Erstzuwanderers, die dann wieder ihre weiteren Verwandten nachziehen, dann ist Migration ein Schneeball, der rasch zur Lawine wird. Das muß dem Papst bewußt sein.
  • Letztlich tritt der Papst entschieden dagegen ein, daß sich die Migranten an die Kultur ihres Aufnahmelandes anpassen. Nach einiger Zeit sollen Zuwanderer die Staatsbürgerschaft in ihrem europäischen Aufenthaltsland auch dann erwerben können, wenn sie weder kulturell noch wirtschaftlich und auch nicht sprachlich integriert sind. Dem Papst geht es um einen „langen Prozeß, der darauf abzielt, die Gesellschaft und die Kulturen“ Europas durch „interkulturellen Austausch“ neu zu formen. Mit anderen Worten: Das Ende der jahrtausendelang gewachsenen europäischen Kulturen.

Das Nachrichtenportal „Katholisches.Info“ faßt zusammen: „Der päpstliche Forderungskatalog entspricht einer Aufforderung zur Selbstpreisgabe und Selbstaufgabe Europas.“

Das wird auch in den europäischen Ländern von zunehmend breiteren Kreisen erkannt. Mancherorts, wie in Österreich, schreitet dieser Erkenntnisprozeß rascher voran, anderswo, wie in Deutschland, nur langsam. Dazu zwei exemplarische Pressestimmen.

In der Wiener Zeitung „Die Presse“ stellte der Journalist Hans Winkler bereits am 18. April 2017 fest, daß das Migrationsproblem nur in Afrika südlich der Sahara gelöst werden kann. Den Migrationswilligen muß klargemacht werden, „daß sie keine Chance haben, illegal nach Europa zu kommen und wenn es ihnen vielleicht doch gelungen ist, sie sofort wieder zurückgeschickt werden“. Winkler spricht sich auch für die Möglichkeit einer regulären Einwanderung nach Europa aus, die über Einrichtungen in den Herkunftsländern abgewickelt werden sollte: „Dort suchen sich die europäischen Länder die Einwanderer aus, die sie haben wollen, weil sie sie brauchen können. … Es wird dann nur jeder Tausendste genommen. Im Gegensatz zu dem, was der Papst sagt, gibt es keinen moralischen Anspruch, geschweige denn ein Recht auf Migration und Leben im Land seiner Wahl.“

Und am 12. Juni 2017 warnte der Außenpolitik-Redakteur Klaus Geiger in der „Welt“, daß sich die Bevölkerung Afrikas bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln werde: „Es wird dort dann zehn Mal mehr junge Menschen als in Europa geben.“ Die „Bekämpfung der Fluchtursachen ist eine sehr langfristige Strategie. Sie kann den rigorosen Schutz von Europas Grenzen nicht ersetzen. … Die Vorstellung ist absurd, daß sich Afrikas ökonomische Lage binnen weniger Jahre so verbessern könnte, daß die Massenmigration endet. Der Traum von Europa bleibt machtvoll. Solange es realistisch bleibt, ihn zu verwirklichen, werden die Menschen aufbrechen.“ Danach kommt Geiger zum Punkt: „Die EU bleibt der einzige Teil der industrialisierten Welt, der den Zugang zu seinem Territorium nicht unter Kontrolle hat. … Der Kreis der Asylberechtigten ist in Europa extrem weit gefaßt. … Das ist fatal angesichts von Afrikas Demographie.“ Die europäischen Gerichte hätten das Asylrecht so interpretiert, daß es kaum noch möglich sei, die Seegrenzen zu schützen; die EU stelle das Asylrecht über das Recht der Nationalstaaten, sich und die EU-Außengrenzen zu schützen. Doch: „Eine Änderung der Rechtslage aber ist nicht unmöglich – und darf kein Tabu sein.“ Schon gar nicht, wenn, wie Migrationsforscher ausgerechnet haben, die Versorgung eines Migranten in Europa 130 Mal teurer ist als nahe seiner Heimatregion.

Die Stimmen der Vernunft mehren sich von Tag zu Tag. Franziskus’ Forderungen werden in Europa, außer von einigen besonders naiven und geistig schlichten „Gutmenschen“, kaum mehr ernst genommen, nur von kirchenfeindlichen Kräften wie dem „Spiegel“ begeistert zitiert. Auf Europa hat Franziskus – Gott sei Dank – keinen Einfluß mehr, wie aber sieht es mit Afrika aus? Müssen die Worte des katholischen Oberhaupts nicht unerfüllbare Hoffnungen in den Slums von Lagos, Kinshasa und Nairobi wecken? Der aus Ghana stammende Kurienkardinal Peter Turkson tritt, wie andere katholische Würdenträger Afrikas, entschieden gegen die Massenmigration auf, die er als schädlich für seinen Kontinent bezeichnet. Schon am 30. März 2017 erklärte er nach einer Meldung von „Katholisches.info“: „Die Einwanderung ist wie Wasser, das aus dem Wasserhahn rinnt. Man hat es nicht nur aufzuwischen, sondern den Wasserhahn abzudrehen.“ Und weiter: „Wo es mehr Gäste als Kinder gibt, kommt es immer zu starken Spannungen. Asyl kann nur dann gewährt werden, wenn die einheimische demographische Entwicklung gesichert ist. … Die Nationalismen entstehen gerade wegen der Sorge der einheimischen Bevölkerung eines Landes, durch die Einwanderung einer neuen Bevölkerung geschluckt zu werden.“ Und schon im Juni 2015 hatte Turkson der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erklärt: „Afrika kann diese demokratische Ausblutung nicht länger verkraften.“ Afrika braucht seine jungen Menschen, um den nötigen wirtschaftlichen und politischen Wandel herbeizuführen. Dabei müsse ihm Europa helfen, doch „Mildtätigkeit ist garantiert keine Lösung“. Als besonderes Problem bezeichnet Turkson, daß die wahre Geschichte der Emigranten daheim nie erzählt wird. Europa ist immer noch das Traumziel von Millionen, die sich unrealistischen Illusionen über ihre mögliche Zukunft hingeben. Die Gefahren der Flucht, die Erniedrigung und die Schmerzen der Zuwanderer sowie ihre reale Lebenssituation in Europa sind in den afrikanischen Herkunftsländern fast unbekannt. Turkson: „Noch fehlt der Dokumentarfilm für jene zu Hause, die sich vielleicht noch aufmachen wollen, mit dem Titel: Der Weg der zerbrochenen Träume.“

Im westafrikanischen Gambia hat sich mittlerweile sogar ein Verein „Jugend gegen illegale Migration“ gebildet, der junge Gambier über die diesbezüglichen Gefahren aufklären will. Einer seiner Protagonisten schildert, wie er mehr als € 3.000,00 für den Transfer in Richtung Europa bezahlen mußte und ihm von arabischen Schleppern alles weggenommen wurde, bis er schließlich in einem libyschen Gefängnis landete. Der neugewählte Präsident Gambias, Adama Barrow, tritt dabei weiterhin für einen legalen Migrationskorridor nach Europa ein, doch ist ihm bewußt, daß sein Land, in dem nur etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung lesen und schreiben kann, auf Fachkräfte, wie sie auch in Europa gesucht werden, keinesfalls verzichten kann.

Das perfide an Franziskus’ Botschaft ist, daß damit die Illusionen der Afrikaner wieder gestärkt wurden. Die Neue Ordnung hat schon mehrfach dokumentiert, daß sich solche Verkündigungen keinesfalls auf den Willen Christi oder die katholische Lehre berufen können, sondern dieser geradezu widersprechen. Daher ist es verständlich, wenn viele Gläubige nach derartigen Äußerungen (des Papstes, aber auch mancher deutscher Bischöfe) es mit ihrem Gewissen nicht mehr vereinbaren können, eine solche Institution weiterhin mit ihren Beitragszahlungen zu unterstützen. Ihnen ist bewußt, daß die Taufe als Sakrament nicht abwaschbar ist und sie immer noch Teil der unsichtbaren Kirche bleiben, auch wenn sie aus dem Verein der Beitragszahler ausscheiden. Wer dies ernst nimmt, unterstützt danach mit seinen Spenden in gleicher Höhe weiterhin die richtigen katholischen Institutionen und Initiativen.

Andere wiederum vertrauen darauf, daß die Pforten der Hölle den Stuhl Petri nicht überwinden werden und können sich keinen Austritt aus der äußerlichen Kirchenorganisation vorstellen. Sie widmen ihren Kirchenbeitrag in der Regel schon jetzt zielgerichtet bestimmten glaubenstreuen katholischen Organisationen und zahlen ihn nicht einfach zur beliebigen Verwendung auf die entsprechenden Diözesankonten ein. Dies wird in der Regel von den Diözesen auch akzeptiert. In früheren Zeiten vertraten die römisch-deutschen Kaiser, gemäß der Zwei-Schwerter-Lehre von Papst Gelasius, den Standpunkt, die weltliche Herrschaftsgewalt direkt von Gott erhalten zu haben und als gesalbte Regenten in ähnlicher Weise Stellvertreter Christi auf Erden zu sein wie der Papst und die Bischöfe. Einige von ihnen haben, Heinrich IV. und Friedrich I. Barbarossa etwa, die Rechtmäßigkeit des in Rom amtierenden Pontifex bestritten und die Wahl eines neuen Papstes veranlaßt – ohne dauerhaften Erfolg freilich. Gesalbte Herrscher, die sich als Stellvertreter Christi auf Erden verstehen, gibt es heute nicht mehr. Einen Appell an Franziskus, abzutreten, haben aber katholische Theologen mit bedenkenswerten Argumenten schon vor einigen Jahren veröffentlicht (http://remnantnewspaper.com/web/index.php/articles/item/2198-the-year-of-mercy-begins). 

 

„Ich, Heinrich nicht durch Anmaßung, sondern durch Gottes gerechte Anordnung König, an Hildebrand, nicht mehr den Papst, sondern den falschen Mönch. Diese Anrede hast du nämlich für die von dir angerichtete Verwirrung verdient, der du keinen Stand der Kirche davon ausgenommen hast, ihn der Verwirrung statt der gebührenden Stellung, des Fluchs statt des Segens teilhaftig zu machen. [...]

Du scheutest dich nicht nur nicht, die Lenker der heiligen Kirche, nämlich Erzbischöfe, Bischöfe und Priester, die doch Gesalbte des Herrn sind, anzutasten, nein, wie Knechte, die nicht wissen, was ihr Herr tut, zertratest du sie unter deinen Füßen und gewannst dir dabei die Zustimmung aus dem Munde des Pöbels. [...]

Und wir haben dies alles ertragen, während wir uns bemühten, die Stellung des apostolischen Stuhles zu wahren. Aber du hast unsere Demut für Furcht gehalten und dich daher nicht gescheut, dich sogar gegen die uns von Gott verliehene königliche Gewalt zu erheben; du hast zu drohen gewagt, du würdest sie uns nehmen, als ob wir von dir das Königtum empfangen hätten, als ob in deiner und nicht in Gottes Hand Königs- und Kaiserherrschaft lägen. Dieser unser Herr Jesus Christus hat uns zum Königtum, dich aber nicht zur geistlichen Herrschaft berufen. [...] Selbst der wahre Papst, der heilige Petrus, ruft aus: ‚Fürchtet Gott und ehret den König‘; du aber entehrst mich, weil du Gott, der mich eingesetzt hat, nicht fürchtest. Daher nahm der heilige Petrus an der Stelle, an der er selbst den Engel vom Himmel, falls dieser etwas anderes verkündete, nicht schonte, auch dich nicht aus, der auf Erden etwas anderes lehrt. Er sagt nämlich: ‚Wenn irgendeiner, ich oder ein Engel vom Himmel, euch ein anderes Evangelium verkündete, als wir verkündigt haben, dann sei er verflucht.‘ So steige du denn, der du durch diesen Fluch und das Urteil aller unserer Bischöfe und unser eigenes verdammt bist, herab, verlasse den apostolischen Stuhl, den du dir angemaßt hast. Ein anderer steige auf den Thron des heiligen Petrus, einer, der Gewalttat nicht mit Frömmigkeit bemäntelt, sondern die reine Lehre des heiligen Petrus lehrt. Ich, Heinrich, durch die Gnade Gottes König, sage dir zusammen mit allen meinen Bischöfen: Steige herab, steige herab!

  • Kaiser Heinrich IV. an Papst Gregor VII. Geschichte in Quellen. Band 2: Mittelalter, bearbeitet von Wolfgang Lautemann, München 1975, S. 298–300.

 
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