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Der Vertrauensmann und die Tochter des Teufels

Von Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker

Wie schön, daß es noch einen Verlag – zumal in Deutschland – gibt, dem sogar „Wikipedia“ eine „traditionell katholische Ausrichtung“ attestiert. Insbesondere, wenn er sich seit mehr als 200 Jahren, nun schon in der sechsten Generation, in Familienbesitz befindet. Der Herder Verlag in Freiburg und München genießt unter Katholiken einen ausgezeichneten Ruf. Viele Grundlagenwerke sind hier erschienen, das „Lexikon für Theologie und Kirche“ etwa, das in seiner 14bändigen zweiten Auflage auch meine Bibliothek bereichert. Oder der „Denzinger“, ein Kompendium der wichtigsten dogmatischen Entscheidungen der römischen Kirche, das schon in der 14. Auflage vorliegt. 

Vor diesem Hintergrund mag es verwundern, daß nun ein gewisser Herr Henkel zu Herder gestoßen ist. Dieser war Journalist bei der extrem linken, mittlerweile an Leserschwund eingegangenen „Frankfurter Rundschau“, und ist Mitglied des „Humanistischen Verbandes“, der wichtigsten atheistischen und kirchenfeindlichen Vereinigung Deutschlands. Auch die Titel seiner bisher veröffentlichten Bücher sind bezeichnend: „Der Himmel ist leer“, „Streit über Gott. Ein Gespräch unter Gegnern“ und „Irrtum unser. Wie der Glaube uns verstockt macht“. Ein Autor, den man in einem „traditionell katholischen“ Verlag nicht unbedingt vermuten würde. Dennoch der richtige Mann für sein Thema: Das Buch mit dem Titel „Der Vertrauensmann“ widmet sich nämlich Winfried Kretschmann, dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Jenem Mann, gegen dessen Regierung das christliche Aktionsbündnis „Demo für alle“ regelmäßig Kundgebungen organisiert, weil sie schon in den Grundschulen Propaganda für Homosexuelle und andere deviante sexuelle Lebensformen (LGTB) betreiben möchte. Wie die Jubelbiographie dieses Politikers zu einem Verlag paßt, in dem Benedikt XVI. seine epochale Jesus-Trilogie veröffentlichte, kann nur Herder selbst beantworten. Er bewirbt die Neuerscheinung jedenfalls mit dem Slogan „Kretschmann ist Kult!“

Wo aber ein neuer Heiliger gefeiert wird, darf der Böse nicht fehlen. Wer ist der „Teufel“, dessen Tochter sich eine andere Biographie aus dem Hause Herder widmet? Natürlich nicht der Widersacher Gottes, den Glauben an diesen Teufel hat man in Freiburg und München wohl schon lange hinter sich gelassen. Herders Teufel ist ein innerweltlicher Satan und kein anderer als Jean-Marie Le Pen, dessen Tochter bei den bevorstehenden französischen Präsidentenwahlen laut Umfragen mit 40 % der Stimmen rechnen kann. Ihre Gefolgsleute und Wähler sind in den Augen des süddeutschen Verlages also Teufelsanhänger. Auch Parteien wie FPÖ und AfD, die ein gutes Verhältnis zum Front National Marine Le Pens pflegen, sind da natürlich mitgemeint. 

Tiefer geht es nicht mehr. Wenn man von „Verhetzung“ sprechen muß, dann in diesem Fall. Wer Marine Le Pen wörtlich und sogar in einem Buchtitel als „Tochter des Teufels“ bezeichnet, entmenschlicht sie und ihre Anhänger nicht nur, sondern stilisiert diese zum Widersacher der Menschlichkeit schlechthin, gegen die im Umkehrschluß jedes Mittel bis hin zum Mord gerechtfertigt erscheinen muß. Es ist eine Sprache, die den Bürgerkrieg vorbereitet, die die Spaltung der Gesellschaft in zwei einander verständnislos und haßerfüllt gegenüberstehende Lager betreibt. Und diese „Hate Speech“ kommt nicht von einem Verlag des linksextremen Milieus, sondern aus der Mitte der CSU- und CDU-Unterstützer, aus dem bis heute wichtigsten katholischen Verlagshaus. Genau jene Kreise werden später den „Mangel an Versöhnung“ beklagen, der ihnen von seiten der beständig diffamierten, verhöhnten und beschimpften AfD-, Pegida- & Co-Unterstützer entgegenschlägt. 

Erstveröffentlichung auf www.unzensuriert.at, 27. Februar 2017

 
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