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Afterkunst

Von Ernst Ehrenburg

Die Kulturpolitik der ÖVP auf dem Prüfstand

Kultur und „Kultur“ sind zweierlei. Daß es um die wahre Kultur Österreichs nicht gut bestellt ist, wissen alle, die sich die Mißwirtschaft der vergangenen drei Jahrzehnte sozialistischen Regimes in Österreich genau betrachtet haben. Die Mittel für die Erhaltung der eigentlichen kulturellen Bestände des Landes wurden nach und nach immer geringer, für die korrekte Verwaltung der alten Museen etwa, für die Buchbestände der Nationalbibliothek, für die historischen Archive, für den Denkmalschutz, für die Erhaltung der alten Schlösser und Kirchen. Allerdings konnte nahezu für jeden Mist, den linke Nichtskönner produzierten, für jede Obszönität, die extremistische Kulturrevolutionäre von sich ließen, für jede Blasphemie, die progressistischer Kirchenhaß herzauberte, für jede Beleidigung, mit welcher die Linke an politisch Unmodernen ihr Mütchen kühlte, Geld noch und noch aufgebracht werden, wenn derlei nur als „Kunst“ und „Kultur“ deklariert wurde.

All dies ist aber leider nicht Vergangenheit. Ungeachtet der „Wende“ des Jahres 2000 findet derlei „Kultur“-Politik nach wie vor statt. So üppig, wie die 30 Jahre davor. Die „Wende“ scheint nicht gegriffen zu haben. Paradebeispiel, jüngst erst von den linken Medien eifrig beworben, die als „Arc de Triomphe“ bezeichnete und in Salzburg ausgestellte unsittliche Plastikfigur — von um politische „Korrektheit“ bemühten „Kultur“-Funktionären gegen berechtigte Empörung heftig verteidigt. Jene soll nun um 200.000,– Euro verkauft werden, wie man hört. Da wird sich doch hoffentlich eine öffentliche oder halböffentliche Institution finden, die das Machwerk ankauft, nachdem es zuvor ja schon zum Zwecke der Bewerbung öffentlich Skandal machen durfte. Ein Schelm, wer dabei an Marketing für „Kunst“-Müll denkt. Und das ist nur ein besonders öffentlichkeitswirksames Pornographicum aus einer schier unübersehbaren Fülle von „Kultur“-Ereignissen, mit welchen, Tag für Tag, die Österreicher beglückt werden; zwar nicht wirklich freiwillig aber doch zumeist um ihr eigenes Steuergeld. Und all das, nach wie vor, auch unter einer Regierung Schüssel. Zunehmend bekommt man übrigens den Eindruck, daß die Fortsetzung linker „Kultur“-Politik unter dem Mascherl der Volkspartei nicht einfach nur so passiert, etwa aufgrund des außerordentlichen Intellektes und der schier unüberbietbaren Kompetenz der für eine Vielzahl kulturpolitischer Angelegenheiten letztverantwortlichen Ministerin Gehrer. Nein, diese Kulturpolitik kann nicht mehr bloß als Versehen einer fachlich und auch sonst gänzlich überforderten Fehlbesetzung an politisch zentraler Stelle interpretiert werden. Diese „Kultur“-Politik ist Absicht. Böse Absicht. Sie ist das Ergebnis des „Kultur“-Wollens der derzeitigen politischen Machtträger. Es ist dies offenbar die Kulturpolitik eines Wolfgang Schüssel selbst. Und wohl auch die „Kultur“-Politik großer Teile der provinziellen Polit-Prominenz seiner Partei. Nehmen wir, Landtagswahlen in Oberösterreich stehen vor der Tür, das liebliche Linz als Beispiel.

Der größte „Kunst“-Skandal in Oberösterreich

Linz: An sich könnte das eine schöne Stadt in einem schön schwarz regierten Bundesland sein. Oberösterreich: Katholisch, provinzbetont im besten Sinne, vergangenheitsbewußt, traditionsorientiert, bäuerlich, anständig, ein Gegengewicht zum roten Dreck aus Wien.  Ja — das war einmal, das ist vorbei. Die Moderne hat Oberösterreich eingeholt. Und die moderne „Kultur“-Politik. Da gibt es die „Neue Galerie“ der Stadt Linz, die mittlerweile in das moderne Museum „Lentos“ übersiedelt wurde, wie man lesen konnte. Wieviel an Steuergeldern mag der überaus umstrittene Lentos-Bau denn wohl gekostet haben? Kurz vor ihrer Übersiedelung veranstaltete dieses Institut von Jänner bis April 2002 eine kleine Ausstellung. Mit Werken eines an einer bekannten Krankheit verstorbenen amerikanischen „Künstlers“. Die als „sensationell“ angepriesene Ausstellung widmete sich dabei einem etwas eigenartigen Schaffen, das nach Maßstäben klassischen europäischen Kulturverständnisses weniger mit Kunst als eher mit Erregung öffentlichen Ärgernisses zu umschreiben wäre. Der Katalog zum Gesamtschaffen des verblichenen Meisters zeigt zahlreiche männliche Geschlechtsteile in Kombination mit Symbolen des Christentums, vorzugsweise mit Kreuzen. So weit, so alltäglich. Auch das „sensationelle“ Ausstellungsereignis von „19 großformatigen Gemälden“ und „34 Zeichnungen“ soll ein männliches Geschlecht dargeboten haben, in monumentalem Format, sowie ein Bild, das laut Augenzeugen als „Geschlechtsverkehr von Engeln mit schweineartigen Hunden“ interpretiert worden ist.
All dies hätte wohl wegen Mangels an Interesse alsbald gnädiges Vergessen umhüllt, wäre da nicht ein sehr spezielles „pädagogisches“ Engagement gewesen, das aufgrund der hierfür politisch Verantwortlichen als äußerst bemerkenswert bezeichnet werden muß. Die Ausstellung wurde von gewissen Kreisen offenbar als besonders empfehlenswert für Schüler ausgegeben. Und Schüler gibt es ja aufgrund der allgemeinen Schulpflicht viele. Auch in Oberösterreich. Wie bringt man nun all die Schüler zur Ausstellung nach Linz? Ganz einfach: der Landesschulrat des theoretisch schwarz regierten Landes Oberösterreich gibt eine Empfehlung an die Lehrer, diese „sensationelle“ Ausstellung doch mit ihren Schülern zu besuchen. Diese Empfehlung kann im Verordnungsblatt des Landesschulrates für Oberösterreich vom 24. Jänner 2002 auch nachgelesen werden: „Der Besuch der Ausstellung im Rahmen des Unterrichts in Bildnerischer Erziehung — auch fächerverbindend mit Religion oder Ethik — wird empfohlen. Und die Schüler kamen auch, geführt von ihren Lehrern, die gehorsam der Empfehlung ihres Landesschulrates Folge leisteten. Nach Schätzungen erboster Oberösterreicher wurden etwa 500 Klassen und insgesamt 10.000 Schüler durch diese ganz großartige Ausstellung geführt.
Und wer ist Präsident des Landesschulrates von Oberösterreich? Der Herr Landeshauptmann selbst ist der Präsident; Landeshauptmann Pühringer in eigener Person. Nun wurde die Ausstellung nicht direkt von ihm selbst empfohlen; da gibt es ja auch noch andere Instanzen des Landesschulrates des an sich schwarzen Oberösterreichs, auf welche die Empfehlung zurückzuführen ist, doch Pühringer muß als der politisch Letztverantwortliche „geoutet“ werden.
Aus diesem Grund wollen ihm konservative Kreise bei der Landtagswahl nicht mehr ihre Stimme geben. Jene nunmehr erbosten ÖVP-Ex-Kernwähler hatten Pühringer noch im Verlauf der Ausstellung auf den sich abzeichnenden pädagogischen Skandal hingewiesen — mit allen pikanten Details; aber Pühringer wollte gegen die Empfehlung seines Landesschulrates nichts unternehmen. Und so lief das kulturpolitische Ereignis ungestört ab. Im schwarzen Bundesland Oberösterreich. Die Ausstellung wurde übrigens auch von der Raiffeisenbank Oberösterreichs finanziell gefördert, wie man liest. Sozusagen ein „Gesamtkunstwerk“ linksextremen „Kulturwollens“; leider vom politischen Establishment der Volkspartei durchgeführt.

Demontage in Wien

Und wie in der Provinz, so auch in Wien; kehren wir in die einst so schöne Reichshaupt- und Residenzstadt zurück. Sie wird seit Jahrzehnten verschandelt. Und die kulturpolitisch Mächtigen, die der Volkspartei zuzuordnen sind, tragen seit rund einem Jahrzehnt entschieden dazu bei. Verantwortlich etwa für die politischen Weichenstellungen, die den sündteuren Bau der monströsen Bunkerwürfel ermöglichten, die als „Museum moderner Kunst“ mitten in das denkmalschutzwürdige Areal der Hofstallungen in einem der städtebaulich sensibelsten Bereiche der Wiener Innenstadt hineingeklotzt wurden: die Kulturpolitik der Volkspartei.
Verantwortlich für die drastische Verknappung der staatlichen Geldmittel für den Denkmalschutz: die Kulturpolitik der Volkspartei. Verantwortlich für den neuen Direktor der Albertina in Wien, der soeben das Palais, in dem sich die bedeutendste graphische Sammlung der Welt befindet, durch sündteure modernistische Umbauten verschandelte: die Kulturpolitik der Volkspartei. Verantwortlich für die unmittelbar bevorstehende Auflösung eines der ältesten Archive der Welt, des Hofkammerachivs in Wien (und für die anscheinend bevorstehende Zerstörung seiner denkmalgeschützten Räumlichkeiten): die Kulturpolitik der Volkspartei. Verantwortlich für die absurden und von Kritikern als „wahnsinnig“ bezeichneten Umgestaltungen der Museen für Technik und für Angewandte Kunst in Wien: die Kulturpolitik der Volkspartei. Verantwortlich für den drastischen Platzmangel etwa im Heeresgeschichtlichen Museum im Arsenal in Wien (einem der bedeutendsten militärhistorischen Museen der Welt), dem man bis jetzt die Mittel für die Adaptierung eines verfallenden Seitentraktes verweigert: die Kulturpolitik der Volkspartei. Wofür aber ist Geld da: für gänzlich unbenötigte moderne „Kulturbauten“ zur Verunzierung aller Landeshauptstädte, zur propagandistischen Exhibition all des modernen linken „Kultur“-Drecks, der seit Jahrzehnten von progressiven „Kultur“-Politikern von unserem Steuergeld angekauft wird.
Politisch verantwortlich: unter anderem die Kulturpolitik der Volkspartei. Dazu haben wir bei der letzten Nationalratswahl die ÖVP gewählt! Danke! Es wird sicher so bald nicht wieder vorkommen.

 
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