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Ich bin bekehrt

Von Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker

Als Student habe ich bei den Jugendfreizeiten der Wiener Caritas gearbeitet. Nicht des (bescheidenen) Verdienstes wegen, sondern weil mich die Jugendarbeit faszinierte, und ich etwas Sinnvolles tun wollte. Jeweils drei Wochen waren wir im Sommer mit Kindern aus meist bedürftigen Familien in den Bergen. Auch viele Flüchtlingskinder aus dem Lager Traiskirchen waren dabei. Es gibt wenig Erfüllenderes, und ich würde liebend gern, wenn es mir möglich wäre, die Arbeit im Verlag für einige Wochen ruhen lassen, um weiterhin dieser Aufgabe nachgehen zu können. Auch wie wenig die Herkunft eines Menschen über seinen inneren Wert auszusagen vermag, erfuhr man da.

Trotz früher Bekanntschaft mit populationsgenetischen Überlegungen, wonach es äußerst problematisch für die Zukunft eines Volkes ist, wenn sich die intelligenteren, erfolgreicheren, tüchtigeren Schichten weniger vermehren, als jene, für die diese Attribute nicht zutreffen, schien mir besondere staatliche Unterstützung für arme Familien doch in jeder Hinsicht geboten. Sind Kinder nicht Geschenke Gottes, ist nicht die Gewährung großzügigster Hilfen für Mütter in Not unser einziges Instrument, den Schrecken der Abtreibung zu verhindern?

Nachdem sich in den USA die Zahl der Kinder von Sozialhilfe empfangenden Müttern vervielfacht hatte, schaffte Bill Clinton 1996 das seit 1935 geltende Gesetz ab, wonach ledige Mütter einen lebenslangen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Ab sofort wurde diese nur mehr für fünf Jahre ausbezahlt. Das Ergebnis: Innerhalb einer Generation ging die Zahl der direkt in die Sozialhilfe geborenen Kinder um 80 Prozent zurück. Und nicht nur das. Die Kinder dieser Mütter hatten in der Schule überdurchschnittlich oft versagt, und ihre Söhne stellten 50 Prozent der jugendlichen Gewaltverbrecher in den USA, obwohl sie nur ein Zehntel aller Knaben ausmachten. Beides änderte sich schlagartig – die Kriminalität ging zurück, die Schulleistungen stiegen. Es scheint paradox, aber die Statistiken belegen es: Die Bezahlung der Mutterschaft durch den Steuerzahler verringert gerade nicht die Armut sondern vermehrt die Zahl der Sozialhilfe-Mütter und ihrer Kinder. Sozialhilfe-anspruchsberechtigte Frauen handeln genauso rational wie andere Subventionsempfänger auch. Wenn der Staat Geld gibt, wird es auch genommen, wenn sie sich ein arbeitsloses Einkommen durch die Produktion immer neuer Kinder sichern können, werden sie immer neue Kinder gebären. Ist dies nicht der Fall, greifen sie zu den Mitteln der Geburten-Verhütung. Heute haben in Kalifornien auch Afroamerikanerinnen nur mehr 1,7 Kinder pro Frau.

In Deutschland lebten 1965 nur 130.000 Kinder unter 15 Jahren von Sozialhilfe, in diesem Jahr sind es schon mehr als 2 Millionen. Obwohl das Land damals viel ärmer war als heute, die Einkommen niedriger, Verhütungsmittel kaum zu bekommen, und Abtreibung strafbar, gerieten doch nur sechs von 1000 Neugeborenen in Sozialhilfe. Heute werden 20 Prozent aller Kinder von solchen Müttern geboren. Die Kriminalitäts- und Schulprobleme sind dieselben wie seinerzeit in Amerika: Knaben aus Hartz IV-Familien stellen 90 Prozent der jugendlichen Gewalttäter in Deutschland, schon jedes fünfte Kind gilt als nicht ausbildungsfähig. All diese Zahlen stammen von den Ausführungen des Soziologen und Ökonomen Prof. Gunnar Heinsohn im libertären 2-Monats-Magazin „Eigentümlich frei“ (www.ef-magazin.de). In Österreich sehen die Werte nicht viel besser aus.

An diesem Beispiel kann man auch paradigmatisch den Unterschied zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik erkennen. Nur die letztere behält die Folgen einer Handlung im Auge und erkennt daher auch negative Auswirkungen gut gemeinter Handlungen. Die Abtreibungszahlen haben wir nämlich mit der großzügigen Förderung von ledigen Müttern sicher nicht merkbar gesenkt. Ein Umdenken in der Familienpolitik tut not.

Staaten können sich nicht nach Maßstäben der individuellen Moral verhalten, sie müssen Regeln setzen, die zu gewünschten Ergebnissen führen, auch dann, wenn die Umsetzung dieser Regeln im Einzelfall Härten zur Folge haben kann. Diese Fälle bleiben der Caritas, der tätigen Nächstenliebe, überantwortet. Hier muß sich die vielbeschworene „Zivilgesellschaft“, sollen sich ihre Vereine und Organisationen bewähren.

 
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