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Festspiele

Von Achim Lang

Salzburg: „Henry Purcells Zaubermärchen von König Artus wurde von Jürgen Flimms ,Inszenierung‘ fast gemordet“: „Was da an szenischen Möglichkeiten verspielt worden ist, reicht für drei Premieren-Flops“, urteilte Presse-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz (26. Juli 2004). Zum Dank für dieses völlige Versagen wurde Schauspieldirektor Jürgen Flimm nun immerhin zum künftigen Gesamtleiter der Festspiele bestimmt.
Gnadenlos hat sich Jürgen Flimm über das Stück, dessen Untertitel immerhin „Britanniens Würde“ lautet, lustiggemacht. König Artur gibt einen degenerierten, stotternden Adeligen, der sogar bei der Liebeserklärung an Emiline der Einflüsterungen seiner Dienerschaft bedarf. Und während Purcell die Sachsen bewußt nicht als Barbaren darstellte, ja bei ihrer Opferhandlung an die Kirchenmusik seiner Zeit erinnernde Melodien spielen ließ, läßt sie Flimm unausgesetzt, auch im Gebet, nur brüllen, ja grölen. Die Komik der Regieeinfälle „mit dem Vorschlaghammer“ bewegt sich nach Kritikermeinung dabei auf einem Niveau, das sich keine Maturaklasse im Schultheater bieten lassen würde – was nicht verhindert hat, das sich Teile des Schicki-Micki-Publikums der Festspiele während der Aufführung johlend auf die Schenkel klatschten. Aber immerhin qualifizierte eine solche Leistung Herrn Flimm für den zukünftigen Posten des Intendanten.
Bayreuth: Über Christoph Schlingensief und seinen „Parsival“ sollen nicht unnötig viele Worte verloren werden. Die Einschätzung des Musikkritikers Wilhelm Sinkovicz in der Presse vom 27. Juli 2004 verdient aber eine Wiedergabe: „Mit der zwieliechtig beleuchteten Rumpelkammer, die Schlingensiefs Ausstatter auf die Bühne geräumt haben, ist der gesamte Regie-Müll des deutschen Regietheaters der vergangenen Jahrzehnte sozusagen symbolisch abgeladen. … Und wenn die Aufführungsserie dieser sogenannten Inszenierung zu Ende sein wird, dann könnte man sie als Schlußpunkt betrachten … und den ganzen Regie-Müll endgültig entsorgen. Wenn Wagner-Enkel Wolfgang das bezweckt hätte, dann wäre ihm zu seinem Weitblick zu gratulieren. Er hätte seinem Großvater den Weg wieder freigeschaufelt.“
Subventionsreigen: Interessant ist es, Besucherzahlen, Budgets und Eigenfinanzierungsgrad der verschiedenen österreichischen Festspiele zu vergleichen: Absolutes Schlußlicht sind die Wiener Festwochen, wo 58.000 Besucher mit 9,8 Millionen Euro subventioniert werden – das entspricht
gerade 27 % Eigenfinanzierung des Gesamtbudgets von 13,5 Millionen Euro. Für die Salzburger Festspiele mit 244.000 Besuchern stehen mit 10 Millionen Euro kaum mehr öffentliche Förderungen zur Verfügung, der Eigenfinanzierungsgrad erreicht hier stolze 77,3 % bei einem Gesamtbudget von 44 Millionen Euro. Übertroffen wird dieses positive Ergebnis nur von den Festspielen Reichenau (36.000 Besucher, 400.000 Euro Förderung, Eigenfinanzierungsgrad80 %) und vom absoluten Spitzenreiter, den Seefestspielen Mörbisch, mit 195.000 Besuchern, 436.000 Euro Förderung und damit, bei einem Gesamtbudget von 10 Millionen Euro, einem Eigenfinanzierungsgrad von fast 96 %! Nach den Wiener Festwochen am zweitletzten Platz: der Steirische Herbst, der zwar 141.000 Besucherzählt, vom Gesamtbudget von 5,5 Millionen Euro aber nur 44 % selbst auf bringt. Äußerst gut im Rennen liegen hingegen die Bregenzer Festspiele mit 230.000 Besuchern und 21 Millionen Euro Budget, von denen 74 % selbst aufgebracht werden. Zusammengefaßt: Die Spitzenreiter- Salzburger, Bregenzer und Mörbischer Festspiele - mit 200.000 oder mehr Besuchern, finanzieren sich zu weit über 70 % selbst, auch verhältnismäßig kleine Veranstaltungen wie die Festspiele Reichenau können sich zu 80 % selbst finanzieren. Das Avantgarde-Festival "Steirischer Herbst" zieht zwar mit einem verhältnismäßig geringen Budget relativ viele Besucher an, bedarf abergleichzeitig einer hohen Subventionsquote. Als wahre Geldvernichtungsmaschine erweisen sich die "Wiener Festwochen", für deren 58.000 Besucherfast 10 Millionen Euro Steuergeld verbraten werden, während man in Reichenau und Mörbisch mit 400.000 Euro für 36.000 bzw. 195.000 Besucher auskommt."Kunst für das Volk" versus "Zwangsbeglückung": Die Österreicher, und zwar auch und gerade die "einfachen Menschen" scheinen in ihrer Wahl immer noch unbeirrbar -und das trotz aller Belehrungsversucheseitens ORF & Co.
Das ist ein gutes Zeichen.

 
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