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„Die Linke ist grundsätzlich antipatriotisch“

Auszug aus einem Interview der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“ mit Karlheinz Weißmann

Geführt wurde das Gespräch von Moritz Schwarz, der eingangs wissen wollte, ob nicht verschiedene Anzeichen darauf hindeuteten, daß sich nun auch die Linke der Notwendigkeit eines deutschen Patriotismus besinne.
Weißmann: „Daran glaube ich in keinem Fall. Die deutsche Linke hat in den vergangenen Jahrzehnten alles getan, das Vaterland zu diffamieren, am liebsten wäre ihr dessen Auslöschung gewesen. Die „Antideutschen“ mögen eine isolierte Minderheit sein, aber sie sind auch symptomatisch, sie sprechen offen aus, was ein großer Teil der Linken an Selbsthaß gespeichert hatte und hat. Denken Sie an den Historikerstreit, die Agitation zugunsten des 8. Mai als „Tag der Befreiung“, die ganzen Versuche, die Wiedervereinigung zu sabotieren, das Forcieren der Einwanderung, die Installation der Vergangenheitsbewältigung als Zivilreligion. Auf Patriotismus verfällt die Linke nur, wenn sie sich gar nicht mehr zu raten weiß, etwa als man nach dem Kollaps der DDR mutmaßte, es werde zu einem neuen Nationalismus kommen; da hantierte sogar die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mit „aufgeklärtem“ Patriotismus. Und Oskar Lafontaine, derselbe, der die Mauer am liebsten stehen gelassen hätte, polemisiert bei Gelegenheit gegen „Fremdarbeiter“, weil er sich Sorgen wegen eines „nationalen Sozialismus“ macht. Das hält aber immer nur so lange, wie die Bedrohung realistisch erscheint, dann ist es wieder vorbei, und man kehrt zur bunten Welt-Republik zurück.“
Anhänger der multikulturellen Gesellschaft gibt es doch nicht nur auf der deutschen Linken.
Weißmann: „Nein, sicher nicht. Vergleichbare Überzeugungen finden Sie bei der französischen, der britischen oder der US-amerikanischen Linken. Das sind aber nur weitere Indizien dafür, daß die Linke grundsätzlich antipatriotisch ist. Das Vaterland ist eine historisch-konkrete Einheit, und gegen das Historische wie das Konkrete hat die Linke einen untilgbaren Affekt. Wenn es ihr taktisch klug erscheint, dekoriert sie um, aber sobald sie in den Besitz der Macht kommt, ist das Vaterland zu viel oder zu wenig.“
Zu viel oder zu wenig?
Weißmann: „Zu viel, weil das Vaterland anarchistischen Gelüsten im Weg steht, zu wenig, weil es sich nicht ohne Probleme menschheitlich erweitern läßt.“
Heißt das, es gibt keine linken Patrioten?
Weißmann: „Doch, die gibt es. Natürlich waren Friedrich Ebert oder Julius Leber oder Kurt Schumacher deutsche Patrioten, aber sie waren es gegen die stärkere Tendenz in ihrer eigenen Partei. Schauen Sie sich nur an, wie jämmerlich Ebert von der SPD behandelt wurde und wird, wie isoliert Leber war und wie die Sozialdemokratie aufatmete, als Schumacher starb. Erhellend ist heute noch die Schrift „Die neue Armee“ des französischen Sozialistenführers Jean Jaurès, die kurz vor dem Ersten Weltkrieg erschien. Dort hat er scharf mit dem Antipatriotismus der Linken abgerechnet, der – wenn er sein Ziel erreiche – die Welt einer „riesigen Mittelmäßigkeit“ oder einem „kolossalen Militarismus“ ausliefern werde. Wobei die Mittelmäßigkeit wie der Militarismus im Namen der universalen Einheit auftreten dürften. Ich sehe keinen Sinn darin, daß von konservativer Seite immer wieder versucht wird, der Linken einzureden, daß sie doch eigentlich das Vaterland liebe. Sie tut es nicht, dabei sollte man es belassen oder auf Liebesbeweise warten.“

 
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