Archiv > Jahrgang 2006 > NO III/2006 > Kassasturz - Eine Polemik 

Kassasturz - Eine Polemik

Von DDr. Elmar Walter, Sektionschef i. R.

Die gegenwärtige Regierung Österreichs sollte abgewählt werden*. Allein schon aufgrund ihres konsequenten Feldzugs gegen Staat und Gemeinwesen. Denn Staat und Gemeinwesen sind jene Einrichtungen, die dem Bürger herkömmlicherweise in erster Linie politisch, wirtschaftlich und kulturell-biologisch Schutz und Sicherheit gegenüber Anfechtungen von außen und innen gewähren. Doch wie ist es damit zur Zeit bestellt?

I. Sicherheit nach außen

Die Sicherheit nach außen sieht unsere Regierung vor allem durch Initiativen gewahrt, welche die weitere Satellitisierung Österreichs durch die USA entweder direkt oder indirekt – über die EU – zum Ziel haben. Originelle Regierungsbeiträge dazu waren zum einen die Schmierenkomödie betr. die in dieser Weise wohl schon vorab verabredete EU-Aufnahme der Türkei und die skurrile Roßtäuscherei des Bundeskanzlers, die vorläufig in der Luft hängende EU-Verfassung über eine Vertragslösung zu retten, die unliebsame Volksabstimmungen vermeidet.
Im Talon behielt der Kanzler aus wahltaktischen Überlegungen vorderhand das von ihm und einigen Regierungsmitgliedern in der Vergangenheit bereits erwähnte Erfordernis, die maßgeblichen Herren am Potomac durch die formelle Aufgabe der Neutralität mit anschließendem Beitritt zur Nato bei Laune zu halten. Der Einsatz von österreichischen Soldaten zur Verteidigung des Abendlandes nunmehr im Kongo – ähnlich wie jener von deutschen Truppen am Hindukusch – dient dabei als eine in Washington willkommene Anzahlung.
Dies alles stellt sich als österreichischer Beitrag zur „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU“ (GASP, das heißt auf englisch „(letzter) Seufzer!“, dar. Aus Bündnistreue dulden die Exponenten dieser Politik sogar den Mord am politischen Gegner, der nunmehr als „gezieltes Töten“ verharmlost wird, ein Mittel, das bis zur Ermordung Graf Bernadottes 1949 in Jerusalem zumindest in der westlichen Welt seit Jahrhunderten gemieden worden war.
Ebenso beläßt es die Regierung bei verbalen Pflichtübungen gegenüber den systematischen Beugungen oder dem eklatanten Bruch des Völkerrechts durch die USA, wo immer diese, vordergründig im „Kampf gegen den Terrorismus“, einseitig „Ordnung“ zu stiften trachten.

II. Sicherheit im Inneren

Eine Asylpolitik im Stil von „Was Ihr wollt“, nämlich die Förderung einer eigentlich nahezu ungebremsten Zuwanderung, dient der Regierung gleichermaßen als Koalitionsköder für grüne Gutmenschen und zur Beschaffung von billigem „Menschenmaterial“ bzw. von „Menschen als Ware“ für die Wirtschaft. Nicht zuletzt hofft sie, auf diese Weise den Sozialstaat – nämlich über eine durch Zuwanderung „aufgemöbelte“, d. h. verjüngte Alterspyramide – zu sanieren. So nebenbei trägt eine aus parteipolitischen Überlegungen forcierte Einbürgerung von Zuwanderern dazu bei, zumindest statistisch das Verhältnis der Kriminalitätsraten unter Ausländern und Inländern zu verwischen.
Gleichzeitig stimuliert die Regierung durch Anwendung des Verbotsgesetzes zum Wohlgefallen internationaler Tugendwächter eine auf die Einschränkung der Meinungsfreiheit abzielende Gesinnungsjustiz, wie sie zuletzt exemplarisch an Irving und Gudenus vollzogen worden ist. Bleibt noch die beabsichtigte Umsetzung des EU-Haftbefehls. Dann könnten österreichische Staatsbürger an die Justiz anderer EU-Staaten u. a. auch wegen hierzulande nicht strafbarer Handlungen ausgeliefert werden.

III. Äußere wirtschaftliche Sicherheit

Die Regierung folgt dem neoliberalen, rein ökonomistischen, von der WTO und EU durch Richtlinien und Sanktionsdrohungen begleiteten Schlachtruf „Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung“ und steht daher bedingungslos für den Ausverkauf der österreichischen Wirtschaft, und zwar besonders deren (ex-)gemeinwirtschaftlichen Teils. Dieser Ausverkauf ist bislang ohne erkennbaren, ausgleichenden Gegenverkehr an meistbietende ausländische Interessenten erfolgt, seien diese nun multinationale Konzerne, oder, wenn opportun, Großspekulanten, die, mit „feindlichen Übernahmen“ drohend, dem Volk als Investoren vorgestellt werden.
Dieses Schauspiel wird regierungsamtlich von einer schrankenlosen Bejubelung der Globalisierung begleitet. Als deren nachteilige Folgen sind auch hierzulande am leichtesten zu erkennen die maßlose Bereicherung Weniger, seien sie  ganze Unternehmen oder Einzelne, zu Lasten des Mittelstandes und die deutliche Zunahme der schon Armen.

IV. Innere wirtschaftliche Sicherheit

Nennen wir dazu nur einige Maßnahmen, die oft mit einer internationalen Vernetzung gekoppelt sind. So ersetzt die Regierung den Verstaatlichungswahn, der als Teil des kommunistischen Experiments gescheitert ist, durch sein neoliberal-kapitalistisches Gegenteil, nämlich einen ebenso allen historischen Erfahrungen widersprechenden, ideologisch verbohrten Privatisierungswahn. Dies geschieht trotz ersten Warnsignalen aus in dieser Hinsicht als besonders fortschrittlich geltenden Staaten, wie z. B. den USA (E-Wirtschaft) und Großbritannien (Eisenbahn). Davon betroffen sind in erster Linie die einstige Gemeinwirtschaft, angefangen vom Entsorgungs- und Versorgungswesen, dem öffentlichen Verkehrs- und Energiesektor bis hin zur Post und der Nachrichtenübermittlung. Es gibt auch erste Versuche, Teile der Hoheitsverwaltung, etwa Sicherheitsdienstleistungen, soziale Vorsorge und die Beamtenschaft, gesichtslosen Privatinstitutionen und deren nach Erfolg honorierten Söldnerfunktionären zu überantworten. Ergänzend dazu wird die sog. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes mit Zielrichtung auf das Ideal des seinerzeitigen Manchesterliberalismus angepriesen, wenn möglich ohne oder mit nur zahnlosen Gewerkschaften. Vielleicht propagieren maßgebliche Wirtschaftslenker bald wieder die Vorteile kostengünstiger Kinderarbeit, des 16-Stunden-Arbeitstags sowie der produktivitäts- und wettbewerbsfördernden Wirkung hoher Arbeitslosigkeit.
Gerechtfertigt wird diese neue reformatorische Wirtschaftslenkung, jedenfalls im gesamten Westen, durch eine staats- bzw. regierungsamtliche Manipulation der wichtigsten makroökonomischen Daten. Es sind dies also in erster Linie Zahlen, die das Wirtschaftswachstum, die Inflation (Preisindizes) und die Arbeitslosigkeit betreffen. Ziel ist es, die Daten je nach den Ergebniswünschen der verantwortlichen Politiker und ihrer wissenschaftlichen Berater einmal höher, einmal niedriger anzusetzen. Vielleicht gibt es in Österreich wie in den USA – dort übrigens öffentlich zugänglich – zwei Staatsbuchhaltungen: eine, den Regierungsnöten entsprechend frisierte Version für die tumbe Galerie, und eine wirklichkeitsgerechtere interne, die für die qualifiziert interessierten Bürger und für die maßgeblichen Politiker, Beamten und Wirtschaftslenker bestimmt ist?
Ja, und die BAWAG? Sehen wir einmal davon ab, daß das Hauptziel der seit Monaten schaumgeschlägerten Affäre darin besteht, einerseits die Wiederwahl der Regierung zu sichern, die vor Monaten bereits als abgewählt galt, und andererseits die Gewerkschaft zu schwächen (nach dem einstigen Vorbild Margaret Thatchers in Großbritannien). Überdies wäre ein Schelm, der da dächte, in den anderen großen Finanzinstitutionen zwischen New York und Tokio ging’s viel anders her als in einer biederen, einst seriösen kleinen Arbeiterbank. Sie begab sich offenbar wie der bekannte Esel aufs Eis, auf das glatte Bankett der Spielkasinos von Allfinanz und Papiergroßschiebern und brach sich dort mit Termingeschäften und Derivathandel das Genick. Für die Regierung scheint es nun die Hauptsache zu sein, daß die BAWAG mit der PSK noch schnell, womöglich vor den Wahlen, an irgendeinen „strategischen“ Partner oder lüsternen Investor verscherbelt werde.
Es ist allerdings nur mehr eine Frage der Zeit, wann dem weit über den Westen hinaus geltenden Fiat-Geldsystem die Stunde der Wahrheit schlagen wird, und daß sie kommt, wissen auch Regierung und Geldmanager. Wann also wird die im dreifachen Schuldenmorast (der öffentlichen Haushalte, der Unternehmen und der Privaten) langsam, aber sicher versinkende US-Dollar-Titanic samt ihren EU-Euro-Rettungsbooten ihr letztes SOS – an wen dann eigentlich? – funken? Möglich, daß sich die Geldvermehrungszauberer in der Nachfolge von Lord Keynes und Hjalmar Schacht über die Antworten, die dann dem über eine Inflation oder Deflation zu enteignendem, wohlstandsgläubigem Volk zu geben sind, schon jetzt den Kopf zerbrechen. Wem wird dann die Schuld des Systemzusammenbruchs angelastet werden, den USA mit der FED, der EU mit der EZB oder einer „Verschwörung“ der Hochfinanz? Die Krise wird wohl kaum mit jenem Mätzchen zu kurieren sein, die Gewerkschaft in einen Schoßhund der Großindustrie zu verwandeln, was klammheimlich erhofft wird. Allerdings werden die Verantwortlichen auf ihren Arbeitstischen anstelle der morgendlichen Bonis auch dann nicht eine ihnen im Namen des Kaisers überbrachte Pistole vorfinden. Tempi passati! Schlimmstenfalls zieht man in die Karibik und heckt dort Reformpläne für den Wiedereinstieg ins lukrative Geschäft aus. Schließlich kommt man mit der gelungenen Privatisierung der Post an Gott-weiß-wen gerade noch wahlgerecht mit einem schwarz-orangen Auge davon, trotz des Betriebsunfalls beim Versuch, den Verbund an die ÖMV zu verhökern.

V. Kulturelle-biologische Sicherheit

Über die diesbezügliche Regierungspolitik ist nicht viel zu sagen. Eine fortschrittliche Zerstörungswut waltet unter dem Schirm einer quasi pantheistisch verstandenen Wissenschaft als Ersatzreligion. Ein im bukolischen Hügelland Niederösterreichs lebender Anwalt namens Dr. Alfons Adam konnte ihr leitendes Prinzip entdecken: das „Menschenrecht auf Unzucht“ (s. „PROVITA“ Nr. 2/2006). Wie viel Gemeinsames zwischen Atheisten, Humanisten, Feministinnen, Illuminaten und angeblich rechtgläubigen Christen es doch in dieser Regierung gibt: Abtreibung wie gehabt als Punze des „aktuellen Anschlages auf das Leben“ (Johannes Paul II.); mildtätige Euthanasie, warum nicht? Mit Familienrechten ausgestattete Homosexuellenbeziehungen – vielleicht bewirbt sich einer der christgläubigen Politiker, die sich in dieser Hinsicht bereits geoutet haben, demnächst um den Vorsitz bei der HOSI? Anerkennung der Pädophilie? Erste Initiativen gibt es, aber bitte nicht in dieser Legislatur! Integrale Familienförderung? Alter Hut, unnotwendig, vergeblich, unfinanzierbar! Zur Rettung des Sozialstaats setzt die Regierung lieber auf kundenfreundliche Förderung der Ganztagsbetreuung von Kindern sowie die ganztägige Berufstätigkeit der Frau. Überdies wartet das auf einer EU-Richtlinie basierende Antidiskriminierungsgesetz, das unter anderem gravierende Einschränkungen der Vertragsfreiheit enthält, auf die gesetzgeberische Behandlung in Österreich. Extrem formuliert, wie bereits in der BRD mit tatkräftiger Hilfe von Merkel und Stoiber geschehen, könnte dieses Gesetz, wenn möglich, auch unter Einbindung des nicht zuletzt von Feministinnen geforderten Gender-Mainstreamings (s. „FAZ“, 19. Juni 2006), alte Banausen Mores lehren.
Schließlich gab es ja als Krone der regierungsamtlichen Kunst- und Kulturförderung Ehrenpreise für und Lobgesänge auf einen in Blut und Exkrementen wühlenden Orgiastiker, höchstpersönlich verliehen bzw. ausgesprochen von den Spitzen unserer Staats- und Landeslenker.
Genug von all dem! Denn ihr dort an der Staatsspitze„seid ja alle ehrenwerte Männer“, würdige Akteure des auf drei Säulen beruhenden politischen Systems unserer Epochenwende: der Ideologie eines totalitären Liberalismus, einer medial abgestützten, absolutistisch agierenden Demokratie („Demokratur“) als dessen Vollzugsorgan, und einer manipulierten Marktwirtschaft als Finanzierungsbasis. Ihr seid ja alle in der Tat „ehrenwerte Männer“, wenn auch nur der provinzielle Abklatsch jener, die Antonius – in Shakespeares Worten – am römischen Forum anprangerte. Ja, diesen Staat, unser Gemeinwesen, hat diese Regierung wahrlich „abgeschlankt“ bis zum wehrlosen, morschen Skelett. Hat ihn ausverkauft, gegen Papier und Bestbieter aus aller Herren Länder.
Deshalb verdient diese Regierung abgewählt zu werden. Denn sie hat das gerechtfertigte Verlangen des Bürgers nach Schutz und Sicherheit durch seinen Staat auf allen Ebenen mißachtet. So kann man diese Regierung mit Fug und Recht als die verantwortungsloseste bezeichnen, welche unser Land seit 1945 geführt hat. Sie ist jene, welche die Interessen unseres Landes und seiner fleißigen und duldsamen Bevölkerung gegen Übergriffe von außen und von Minderheiten im Inneren am wenigsten gewahrt hat. Gleichsam programmatisch wurde unsere jahrhundertealte Heimatfarbe Rot-Weiß-Rot durch das französisch-revolutionäre Rot-Weiß-Blau zur Kennzeichnung der Polizei ersetzt. Wie lange muß der Bundesadler noch auf seine Vertreibung durch das EU-Pentagramm warten?
Nach der Zerstörung der österreichisch-ungarischen Monarchie in Saint-Germain, einer mühsamen vorübergehenden Erholung in der Zwischenkriegszeit, und nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs vermochten die Bürger dieses nun endgültig kleinen Österreichs noch einmal ein bald weitum bewundertes, innen befriedetes und wohlhabendes Gemeinwesen aufzubauen. Jetzt fällt es in die Verantwortung dieser Regierung, daß sie als treue Dienerin ihres transatlantischen Herrn ideologisch verbohrt, kulturell blauäugig und wirtschaftlich kaltschnäuzig die mühsam errungene politische und wirtschaftliche Souveränität unseres Landes ausgelaugt und durch Profitgier korrumpiert hat.
Am Ende einer 220jährigen Epoche hat diese Regierung folgsam fremdhörig versucht, eine „schöne neue Welt“, die in Wirklichkeit bereits eine alte morsche ist, zu zimmern. Dazu hat sie sich einer Politik bedient, welche der vorweg zitierte Dr. Adam als „eine Mischung von Hochmut und Feigheit“ qualifiziert. Sie hat unser christlich-humanistisches Erbe an einen seelenlosen Materialismus und kulturellen Hedonismus verraten. Gewissermaßen symptomatisch sind Landes- und Hochverrat hierzulande keine wirksamen Straftatbestände mehr, und auch die Vernebelung der Politik durch eine Dunstwolke von Verlogenheit und Heuchelei ist längst zeitgemäß.
Deswegen gehört diese Regierung abgewählt – wähle jeder den ihm zielführend erscheinenden Weg.

 
Neue Ordnung, ARES Verlag, A-8010 Graz, EMail: neue-ordnung@ares-verlag.com