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Die Mär vom „christlich-jüdischen“ Abendland

Von Karl Richter

Eine politisch korrekte Geschichtslüge – nicht ganz ohne Hintergedanken

Der Staat Israel versteht sich als laizistisches, weltliches Gemeinwesen. Das hindert israelische Behörden und Institutionen allerdings nicht daran, mitunter reichlich rigide gegen nichtjüdische, insbesondere christliche Aktivitäten vorzugehen. Ein Dilemma: während Christen vom Evangelium der Missionsauftrag aufgegeben ist, wollen Juden genau davon nichts wissen. So hat zum Beispiel im Herbst 2007 der israelische Kabelnetzbetreiber HOT den christlichen Programmanbieter „Daystar“ aus dem Netz entfernt, der an Juden gerichtete Werbesendungen ausstrahlt – jetzt muß sich die israelische Aufsichtsbehörde, der Rat für Kabel- und Satellitenfernsehen, mit der Angelegenheit befassen.

Noch brüsker verhielt sich das israelische Oberrabbinat, eine Art oberster Glaubensbehörde des Judenstaates. Es verbot Juden kurzerhand die Teilnahme an einem internationalen Großtreffen zum Laubhüttenfest, das Ende September 2007 in Jerusalem stattfand. Dabei versteht sich der Verein „Internationale Christliche Botschaft Jerusalem“, der die Zusammenkunft ausrichtete, ausdrücklich als pro-jüdische, pro-israelische Organisation. Beim Oberrabbinat überwog gleichwohl die Furcht vor unerwünschter Mission – Juden mußten draußenbleiben, ausgesperrt nicht etwa von der fremden, der christlichen, sondern von der eigenen Glaubensbehörde.
Warum die beiden Momentaufnahmen aus Israel? Weil umgekehrt die Mission auf Hochtouren läuft, wenn auch subtil und schleichend. Sie läßt sich zum Beispiel daran festmachen, daß Politiker, Medienmacher und Kulturfunktionäre in den letzten Jahren immer häufiger die Vokabel vom vermeintlich „christlich-jüdischen“ Abendland, von den vermeintlich gemeinsamen „christlich-jüdischen“ Wurzeln Europas, der europäischen Kultur etc. bemühen.
Der inzwischen zum bayerischen Ministerpräsidenten aufgerückte langjährige CSU-Innenminister Günther Beckstein etwa ließ es sich nicht nehmen, die Juden vor Jahresfrist glattweg zum „fünften Stamm“ Bayerns zu erklären – neben Bayern, Franken, Schwaben und Sudetendeutschen. Auf diese Idee wäre vermutlich nicht einmal die Vorsitzende des Zentralrats gekommen.
Man mag in solchen vorauseilenden Bekundungen einen Reflex auf die – ebenfalls nach Kräften suggerierte – „islamistische“ Bedrohung sehen. Nur: das strategische Spiel ist allzu durchschaubar. Europa, der „Westen“ sollen an die Seite Israels manipuliert werden, wo die Europäer aber in Wirklichkeit überhaupt nichts verloren haben. Ein Musterbeispiel dafür, wie der von Samuel P. Huntington erfundene „Krieg der Kulturen“ an der Propaganda- und Psychofront tatkräftig befördert wird. Denn wie jedermann weiß, gibt es für einen solchen „Krieg“ zwischen dem Abendland und dem Islam kaum nachvollziehbare Gründe – jedenfalls nicht diejenigen, die uns westliche Regierungen einschließlich unserer „eigenen“ weismachen wollen – es sei denn, man lügt sie herbei: indem man Israel und das Abendland auf hanebüchene Weise miteinander verquickt: eben zur fiktiven „christlich-jüdischen“ Chimäre.

Christlich-Jüdischer Gegensatz

Christlich-jüdisch? Wer die europäische Geschichte der letzten eineinhalb Jahrtausende unvoreingenommen Revue passieren läßt, muß sagen, was er will: das Christliche oder das Jüdische. Denn die modische Synthese hat es in Wahrheit nie gegeben. Stattdessen: Pogrome, Ausgrenzung, Selbstabschottung, Ritualmordlegenden, „Judensäue“ an christlichen Kirchen und am Ende einen mehr als mühsamen Prozeß der Emanzipation und Assimilation. Noch heute bezeichnet sich etwa die bundesdeutsche Interessenvertretung jüdischer Interessen nicht ohne Bedacht als Zentralrat der Juden „in“ Deutschland; will suggerieren: eigentlich gehört man nicht wirklich her, ist fremd und will es auch bleiben.
Tatsache ist, daß beide Seiten, die jüdische wie die christliche, viele Jahrhunderte lang nebeneinander herlebten, aber nichts voneinander wissen wollten und dafür mehr oder weniger stichhaltige Gründe geltend machten. Während die christliche Seite den Juden den „Christusmord“ anlastete, hielten – und halten – gläubige Juden sich qua Religion für „auserwählt“ und Nichtjuden sozusagen für Menschen zweiter Klasse; der Talmud, das in langen Generationen der Diaspora gewachsene Lehrwerk zur Interpretation der Thora, ist übervoll an einschlägigen Aussagen, man muß sie nur zur Kenntnis nehmen wollen.
Den Stoff für eine harmonische „interkulturelle“ Symbiose geben sie jedenfalls nicht her, und wer partout nach Zeugnissen einer unverhohlen „rassistischen“ Denkungsart sucht, findet sie im Talmud zuhauf. Das reicht von mehr oder weniger obszönen Beleidigungen der Person Jesu Christi bis hin zu unzweideutigen Verhaltensregeln wie derjenigen, daß Nichtjuden zwar verpflichtet seien, einer jüdischen Schwangeren bei der Niederkunft behilflich zu sein, daß dies Juden aber bei einer nichtjüdischen Schwangeren verboten sei.
Solche Kodifizierungen einer erblichen Bessergestelltheit der nichtjüdischen Umgebung gegenüber enthalten sowohl die fünf Bücher Mosis als auch der Talmud in rauher Menge. Es hilft nichts: man kann sie nicht ausblenden. Sie sind essentieller Bestandteil der rabbinischen Tradition und erklären vieles, was Nichtjuden an Juden bis heute sauer aufstößt – nicht nur im Gaza-Streifen.
Auch die christliche Seite hatte von Anfang an ihr Feindbild und blieb dabei: „Die“ Juden hatten Christus ans Kreuz genagelt, weshalb sie vom Segen Gottes und der Kirche ausgeschlossen blieben. Die Bilderwelt der mittelalterlichen Kunst brachte den Konflikt allegorisch auf den Punkt, indem sie der „Ecclesia“, der Gemeinde des christlichen Äons, die „Synagoge“ gegenüberstellte: in Gestalt einer weiblichen Figur mit verbundenen (= blinden) Augen und einem zerbrochenen Speer; will sagen: Das Zeitalter des alttestamentlich-jüdischen Gesetzes ist abgelaufen.
Auch die Franziskaner- und Spiritualen-Theologie des 13. und 14. Jahrhunderts interpretierte es so: Das Zeitalter des „Vaters“ (Judentum) und des „Sohnes“ (Christentum) werde erst im zukünftigen Äon des „Heiligen Geistes“ zur höheren heilsgeschichtlichen Synthese finden; einstweilen aber, im geschichtlichen Diesseits, sei die Herrschaft des „alten Bundes“ abgetan, weshalb sich Christen auch in erster Linie an die Offenbarung Jesu, das Neue Testament, zu halten haben. Noch heutigentags übrigens ist das Ecclesia/Synagoge-Bildprogramm in berühmten Gotteshäusern zu besichtigen, etwa im Bamberger Dom und im Straßburger Münster.

Christlich-Heidnische Symbiose

Es lohnt, sich zum Vergleich andere Symbiosen in Erinnerung zu rufen, die – im Gegensatz zur „christlich-jüdischen“ – tatsächlich ihren Beitrag zur Entstehung des Abendlandes leisteten, etwa die „heidnisch“-christliche. Denn nicht überall ging es so blutig zu wie im 30 Jahre währenden Krieg des Frankenkönigs Karl gegen die Sachsen, der deren Heidentum mit Feuer und Schwert bekämpfte, oder im Pruzzenland, wo der Deutsche Orden den „heidnischen“ Slawen das Christentum ebenfalls auf ziemlich rabiate Art nahebrachte.
Die Regel freilich war die stille Missions- und Kulturarbeit, die Klöster und Orden betrieben, von den heimischen Fürstenhäusern begünstigt und unterstützt. In den ehedem römisch überlagerten Teilen Europas hatte sich das Christentum ohnehin schon lange vor der Völkerwanderung ausgebreitet und sich der Straßen, Legionslager und Handelszentren der römischen Welt bedient.
„Heidnisch“-Antikes befruchtete in den nachfolgenden tausend Jahren immer wieder auf unzähligen Kanälen den geistig-kulturellen Überbau des christlichen Weltteils; alle paar Generationen zelebrierten Klöster, Fürstenhäuser und Kunstschaffende eine „karolingische“, dann eine „ottonische“ und „staufische“ Renaissance, indem sie auf römische Vorbilder zurückgriffen und den eigenen historischen Ort programmatisch-ideologisch in die Tradition des römischen Reichserbes rückten.
Das ganze lateinische Mittelalter befand sich im ununterbrochenen Geistesdialog mit der Antike; entweder, weil es die heidnische Gelehrsamkeit, die in Abschriften und Kopien je und je überlebt hatte, zu widerlegen galt – oder weil Autoritäten wie Plato, Cicero und Seneca kurzerhand zu philosophischen Vorläufern des christlichen Weltalters erklärt wurden. Selbst höchste Autoritäten wie der Kirchenvater Augustinus bemühten sich, „das, was heute Christentum genannt wird“, in eine lange spirituelle Tradition hineinzustellen und so noch rückwirkend zu legitimieren.
So oder so, in der Anverwandlung ebenso wie in der Fortentwicklung, ruht das Abendland auf antiken Fundamenten. Wer es gut meint mit Europa, sollte den römischen Unterbau nicht ausblenden; er ist Bestandteil unserer kulturellen Identität, ob wir es wollen oder nicht.
Das gilt erst recht für die germanische Kontinuität nördlich der Alpen. In Jahrhunderten wuchsen die Germanen in die römische Reichstradition hinein, zuerst als Freiwillige in den Legionen, schließlich als Verteidiger und Fortsetzer der imperialen Idee, als die Kräfte des italischen Volkstums längst nicht mehr zu ihrer Wahrung hinreichten. Die Linie reicht von Heerführern wie Odoaker über Stammeskönige wie den Ostgoten Theoderich (den Dietrich von Bern der Sage) bis hin zum Frankenherrscher Karl, der sich am Weihnachtstag des Jahres 800 von Papst Leo III. in Rom zum Kaiser krönen ließ; das Römerreich lebte fortan im Reich der Deutschen weiter.
Das jüdische Ferment sucht man bei alledem vergebens – und wenn, dann nur in der Ablehnung durch das autochthone europäische Menschentum. Sei es aus selbstgewählter Abscheidung, sei es infolge der christlichen Ausgrenzungspropaganda: Jüdisches blieb in den eineinhalb Jahrtausenden zwischen Völkerwanderung und Moderne auf Rand- und Nischenbereiche der abendländischen Gesellschaft verwiesen: ungeliebt, geduldet, fremd, in Gestalt von Zinsleihern und Händlern.
Historische Sachkenntnis gebietet den Hinweis, daß an der Abscheidung nicht zwangsläufig das tonangebende Christentum schuld sein mußte; schon die römische Literatur kennt Belegstellen in Hülle und Fülle, die von Distanz und Vorbehalt den Juden im Imperium gegenüber zeugen. Sie waren den Legionen bis in die entferntesten Winkel des Reiches gefolgt und hatten, als Goten, Franken und Langobarden schließlich Provinz um Provinz eroberten, längst allenthalben Enklaven gebildet. Die Römer gingen, die Germanen kamen. Die Juden blieben, als fremde Ingredienz im Sauerteig des werdenden Abendlandes.
Was gleichfalls blieb, war das – religiös gespeiste, mithin umso stärkere – Bewußtsein der eigenen Exklusivität. Es hielt die Schranken zwischen Jüdischem und Nichtjüdischem wirksamer aufrecht als je die Ausgrenzungs- und Nichtvermischungsgebote der Umgebung; hatte der stammeseigene Thora-Gott seinem Volk doch ausdrücklich verheißen, „daß ich deinen Samen segnen und mehren will wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres; und dein Same soll besitzen die Tore deiner Feinde; und durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden (…).“ (1. Mose, 17–18).

Die „jüdische“ Moderne

Die Verheißung blieb jahrhundertelang Utopie – so lange das christliche Verdikt seine Geltung behielt. Der Rest der Geschichte ist bekannt: als es bröckelte, im Zuge der Aufklärung, wurden auch die Ghettomauern durchlässig. Der Prozeß der „Judenemanzipation“ hielt Einzug. Aus Fremden und Pfandleihern wurden Bankiers, Fürstenberater, Minister. Unmerklich sickerten sie, als die Aufklärung die alten Vorbehalte untergrub, in die höfisch-bürgerlichen Gesellschaften ein, machten sich unentbehrlich, begannen im Schatten der europäischen Mächtepolitik subtil mitzuspielen. Es war die Stunde der Rothschilds und Mendelssohns.
Der an der Berkeley-Universität lehrende jüdischstämmige Historiker Yuri Slezkine legte 2004 unter dem Titel „The Jewish Century“ eine ebenso brisante wie verstörende Studie vor, die mittlerweile auch in deutscher Übersetzung erschienen ist („Das jüdische Jahrhundert“, Göttingen 2006). Slezkine, der es als Geschichtswissenschaftler wissen muß, vertritt darin die provozierende These, daß die sogenannte „Moderne“ im letzten auf die Judaisierung der Welt, auf die Durchdringung der Welt mit „jüdischen“ Werten und Haltungen hinauslaufe. Slezkine wörtlich:
„Das moderne Zeitalter ist das jüdische Zeitalter, und insbesondere das 20. Jahrhundert ist ein jüdisches Jahrhundert. Modernisierung bedeutet, daß jeder urban, mobil, schriftkundig, wortgewandt, geistig beweglich, körperlich anspruchsvoll und beruflich flexibel wird. Modernisierung heißt lernen, Menschen und Symbole anstelle von Feldern oder Herden zu kultivieren. Modernisierung bedeutet, nach Reichtum um der Bildung willen, nach Bildung um des Reichtums willen und nach beidem, Reichtum und Bildung, um ihrer selbst willen zu streben. Die Modernisierung macht Bauern und Prinzen zu Händlern und Priestern, läßt erworbenes Prestige an die Stelle ererbter Privilegien treten und demontiert gesellschaftliche Stände zugunsten von Individuen, Kernfamilien und Bücher lesenden Menschen, also Nationen. Modernisierung bedeutet mit anderen Worten, daß alle Menschen jüdisch werden.“ (S. 23)
Und anderer Stelle: „(…) Vor allem aber verwandelten sich die Juden in die fremdesten Fremden der Welt. Sie folgten ihrer Berufung nämlich auf einem Kontinent, der sich fast vorbehaltlos dem merkurianischen Projekt verschrieb und weite Teile der Welt nach seinem Vorbild veränderte. Im Zeitalter des Dienstleistungsnomadentums wurden die Juden zum auserwählten Volk, weil sie par excellence modern waren.“ (S. 61)
Nichts anderes hatten luzide Geister schon früher behauptet: Juden wie Marx und Heine, aber ebenso Nichtjuden wie Werner Sombart, Nietzsche, Spengler und Richard Wagner. Die „moderne“ (!) Rezeption wirft ihnen deshalb noch nach hundert und mehr Jahren „Antisemitismus“ vor. Dem dickleibigen und mit unzähligen Fußnoten gespickten Werk des Berkeley-Professors Slezkine ist dieser Vorwurf, aus welchen Gründen auch immer, erspart geblieben.
Möglicherweise lassen sich bestimmte Dinge im 21. Jahrhundert auch nur deshalb offen aussprechen, weil der Zug längst abgefahren ist: An die Stelle autochthoner, angestammter Wertvorstellungen und Symbole treten sozusagen vor laufender Kamera neue, säkulare, wie der Kult der „Menschenrechte“ und die immerwährende Bewältigung des „Holocaust“, der mit Recht als postmoderne „Zivilreligion“ bezeichnet wurde: für immerwache, politisch hyperkorrekte Nichtjuden, aber nicht weniger für die Juden selbst. Jörg von Uthmann gab schon 1993 in der FAZ die Generalrichtung zutreffend wieder, indem er einen der Hauptmäzene des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Los Angeles, mit den Worten zitierte: „Israel, jüdische Erziehung und all die anderen bekannten Stichworte scheinen nicht mehr überzeugend genug, um die Juden zur Solidarität anzuspornen. Nur der Holocaust funktioniert!“ (FAZ, 3. Mai 1993)
Inzwischen sehen wir klarer. In Berlin gibt es mittlerweile das gigantomanische Holocaust-Stelenfeld vor dem Reichstag; die deutsche Außenpolitik steht mehr denn je unter der Fuchtel der „besonderen Verantwortung“ Deutschlands für Israel, und der „Holocaust“ ist Dreh- und Angelpunkt des bundesdeutschen Bewußtseins. Es war der Extrem-Vergangenheitsbewältiger Guido Knopp, der konsequenterweise zur Schreibweise mit „k“ statt „c“ überging: als Geste der sprachlich-propagandistischen Anverwandlung, der Implementierung ins Breitenbewußtsein; nach dem Muster: Holokaust, der du bist in unseren Gehirnen, geheiligt werde dein Name.
Der Kreis schließt sich: Die „christlich-jüdische“ Symbiose, die uns weisgemacht werden soll, hat es nie gegeben. Sie ist künstlich, unhistorisch, ein Produkt der Geschichts- und Geistesklitterung und muß der nichtjüdischen Normalbevölkerung erst auf allen Kanälen suggeriert werden. Bevorzugtes Mittel dazu ist die Infiltration des globalen „Weltgewissens“ mit dem Holocaust-Dogma; sie läuft auf die weltweite Inthronisierung einer jüdischen Sonder-identität zu Lasten jeder anderen nationalen Identität und Integrität hinaus.
In der Bundesrepublik rückte der sogenannte „Holocaust“-Gedenktag, der 27. Januar, in den letzten Jahren zu einem halboffiziellen Gedenktermin mit Trauerbeflaggung und ausufernden medialen Betroffenheitsritualen auf. Die Live-Übertragung zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Januar 2005 hatte kaum kaschierten Gottesdienstcharakter. Im Mittelpunkt: jüdisches Leid, das Brandopfer auf dem Altar der Geschichte, mithin: die Juden als Messias unter den Völkern. Es ist die Wiederkehr des alten Auserwähltheitsanspruchs, nunmehr im säkularen, im geschichtlichen Gewand.
Der Friedens(!)-Nobelpreisträger des Jahres 1986, Eli Wiesel, bezeichnete Auschwitz einmal als „Tankstelle für Haß“. Die spirituelle, im letzten schwarzmagische Konnotation einer solchen Feststellung ist schwer zu übersehen: das zentrale, neue Auserwähltheit begründende Ereignis des Judentums, die „Shoah“, als Quelle der Kraft, wenn auch einer negativen, parasitären. Damit reale, instrumentalisierbare Macht daraus erwächst, muß die „Shoah“ und ihre vermeintliche „Singularität“ mit allen Mitteln in die Gehirne auch der nichtjüdischen Erdenbürger. Nur so wird die „Shoah“, wird Auschwitz zur Keule, zum Nasenring, an dem sich die Völker willenlos herumführen lassen.
Mit dem Abendland, mit Europa, mit dem unendlich reichen Flickenteppich aus Germanischem, Romanischem, Slawischem, Christlich-Heidnischem, der seit zwei Jahrtausenden unseren Weltteil ausmacht, hat diese Prophetie nichts zu tun. Sie ist im Gegenteil eine kaum verklausulierte Kampfansage an jedweden Freiheitswillen, der vom „Segen“ der Moderne, der One World, der Globalisierung nichts wissen will. Und sie lebt vom Dazutun williger Heloten wie des erwähnten bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Beckstein, der die Juden frech und gegen jede historische Erfahrung zum „fünften Stamm“ im Freistaat umlügt.
Solche Propaganda hat Methode, und sie ist alles andere als zweckfrei. Es handelt sich um die Erschleichung von Herrschaft. Wenn der Schuß nur nicht nach hinten losgeht.

 
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