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Randbemerkungen zu Hrdlicka, Brus und Nitsch

Von Heinrich Dassel

Alfred Hrdlicka ist 80 geworden. Nicht nur als politischer Mensch, als Kommunist, der sich gern als „Uralt-Stalinist“ bezeichnet, ist Hrdlicka auf teils heftige Kritik gestoßen. Auch sein bildhauerisches Werk hat immer wieder solche hervorgerufen. In ihm tritt uns der Mensch als geschundene Kreatur gegenüber, zerschlagen, nur als Torso, gleichsam bruchstückhaft sich dem Stein entringend. Doch keinem, der näher hinblickte, konnte verborgen bleiben, mit welcher Meisterschaft diese Skulpturen ausgeführt waren.
Es ist auch nicht richtig, Hrdlickas Schaffen aufgrund dessen Zug zum Monumentalen als „kommunistisch“ zu bezeichnen, fehlt ihm doch die kommunistische Vision des besseren Morgens gänzlich. „Mit diesem ewigen Gerede vom Aufbruch und vom Fortschritt konnte ich nie etwas anfangen“, bekennt er im Interview mit der „Zeit“, und will seine Kunst daher nicht als „links“ bezeichnen. Die Weltgeschichte ist für Hrdlicka, wie die Theol. Realenzyklopädie vermerkt, ein „beständiges Golgotha“, das Religiöse, nein konkreter: das Christentum mit der Fleischwerdung Gottes und seinem Opfertod am Kreuz hat im Schaffen Hrdlickas immer einen großen Raum eingenommen. Das Wiener Dom-Museum widmet diesem Aspekt eine Ausstellung (bis 10. Mai), wer sie sieht, nimmt Hrdlicka die Selbstbezeichnung „Atheist“ nicht mehr ganz ab, sieht ihn eher als Ringenden mit Gott.
Auch der Kunstbegriff Hrdlickas ist nicht „links“: Für abstrakte Malerei hat er nur Spott übrig, und auch neue „Kunst“-Formen wie Fotografie und Video-Kunst sind ihm bloß „eine ganz dämliche Mode“. „Die sind nur deshalb so beliebt, weil es jeder kann. Jeder kann ein Foto machen oder ein Videoding bedienen, ist ja ein Kinderspiel. Aber versuchen Sie mal eine Hand zu zeichnen oder ein Gesicht, da fängt’s doch an. Das kann heute keiner mehr.“ Kunst kommt bei Hrdlicka klar von Können. Seine eigene Kunst ist im wahrsten Sinne des Wortes sperrig. Seit dem Soldatentod des bewunderten Bruders vor Leningrad „ist der Krieg in meiner Kunst“, sagt er. Auch sich selbst präsentiert der Bildhauer als sperrig, erdig, proletarisch, gern auch als ordinär. Fleischlichkeit, Geschlechtlichkeit spielen auch in seinem Werk eine große, teils gewollt schockierende Rolle. Eines ist Hrdlicka in jedem Fall: authentisch. Einen Kotau vor dem Zeitgeist hat er nie gemacht. So bezeichnet er sich noch heute als „Großdeutschen“ und Anschlußbefürworter.
Insgesamt verwundert es daher nicht, daß öffentliche Aufträge in Österreich für Hrdlicka eher rar geblieben sind. Das große Mahnmal „Gegen Krieg und Faschismus“ am Wiener Albertinaplatz ist da eine Ausnahme. Natürlich wird man gerade bei diesem Mahnmal kritische Fragen stellen müssen: Warum nur gegen Krieg und Faschismus? Haben nicht auch die Opfer linkstotalitärer Regime, des Kommunismus also, der Roten Armee zumal in Wien, an zentraler Stelle ein Mahnmal verdient? Und: Ist Hrdlicka als Anhänger einer Ideologie, die noch viel mehr Opfer forderte als der „Faschismus“, der richtige Mann für ein solches Mahnmal?
Doch das Recht auf politischen Irrtum sollte einem Künstler niemand verwehren – rechts nicht und links nicht. Zwar hat Hrdlicka erkannt, daß auch der Marxismus „nur eine Art Religion“ ist, doch nie erfaßt, auf welch grundlegenden Irrtümern diese Religion beruht und ebensowenig, wie sehr das humanistische Mäntelchen nur äußere Kostümierung der kommunistischen Führer war, um deren eigentlichen Antrieb – den Willen zur Macht – propagandistisch zu verbrämen. Hrdlickas persönliche Integrität wie die Qualität seines künstlerischen Schaffens bleiben davon aber unberührt. Wir können uns daher bei der Bewertung seiner Person nur Günther Nenning anschließen, der schon vor Jahren hoffte, daß „dieser Felsen im Meer der Schleimigkeit, dieses Urvieh … bitte bleibt … wie’s ist.“
Günter Brus
Über weit mehr öffentliche Anerkennung als Hrdlicka erfreuen sich hingegen zwei „Künstler“ ganz anderen Kalibers. Die Steiermark hat trotz leerer Kassen gerade mehr als 1,4 Mio Euro locker gemacht, um Werke des Staatspreisträgers Günter Brus anzukaufen, die in einer Art „Bruseum“ im Rahmen der Grazer „Neuen Galerie“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Brus, führender Wiener Aktionist, hat sich insbesonders durch öffentliches Onanieren und Erbrechen, Verrichten der Notdurft auf die österreichische Fahne oder das Annähen von Knöpfen auf seine Geschlechtsteile vor staunendem Publikum einen Namen gemacht. Natürlich war diese „Aktionskunst“ (was wohl Alfred Hrdlicka einfiele, würde er dazu befragt?) nie ganz so spontan wie es den Anschein haben sollte, wurde sie doch fotografisch stets detailliert festgehalten. Mein persönlicher Favorit sind die Aufnahmen, die Günter Brus zeigen, wie er mittels eines Schneebesens den eigenen Kot in seinem Mund schaumig schlägt. Hermann Nitsch hätte diesbezüglich sicher die Anregung parat, daß die Sache noch spannender wird, wenn dazu Exkremente dritter Personen oder solche animalischer Herkunft Verwendung finden.
Hermann Nitsch
Auch dieser Großmeister der Fäkalien erfreut sich höchster öffentlicher Wertschätzung. Daß sich der geistig eher schlichte Erfinder des „Orgien-Mysterien-Theaters“ auf Orgien versteht und auch ein Riesentheater zu machen weiß, ist unbestritten. Das einzige Mysterium an den Schlacht- und Blutfesten des Nitsch ist aber, wie man auf den Gedanken kommen kann, dabei handle es sich um „Kunst“.
Seit Jahrzehnten von der sozialistischen Kultur-Schickeria verwöhnt und regelmäßig mit Millionenbeträgen gesponsert, hat der Staatskünstler nun auch im niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll einen Freund gefunden, der ausgerechnet im Orte Mistelbach auf Steuerzahlers Kosten ein Nitsch-Museum aus dem Boden stampfen ließ. Der christlich-soziale Landeshauptmann, der stolz bekannte, in seinem ganzen Leben nur ein einziges Buch gelesen zu haben, findet offenbar mehr Geschmack an Kurztexten aus der Feder des Nitsch wie dem folgenden: „hat christus einen stier getötet, legt er sich auf das am rücken liegende abgehäutete noch zuckende tier, saugt am geschlechtsteil des stieres, saugt urin heraus (geschmack von urin) und beißt in das geschlechtsteil des stieres, er küßt die hoden des stieres, schleckt die hoden ab, beißt in die hoden und zerfleischt und zerschneidet sie schreiend mit einem skalpell. … wenn christus ausrutscht, springt nr. 38 auf ihn, steckt seinen erigierten penis in die afteröffnung von christus und begattet ihn, andere akteure spritzen aus schläuchen wasser auf die blutbeschütteten gedärme und auf das blutige rohe fleisch. auf dem unter den ochsen stehenden weiß überzogenen betten liegen männer und weiber und begatten sich. gleichzeitig werden von metzgern die an der wand hängenden ochsen aufgehackt und ausgeweidet. die blutig feuchten, warmen, dunstenden gedärme der rinder fallen während des orgasmus auf die sich vermischenden. … die geschlachteten kaninchen werden ausgeweidet. blutig feuchte warmdunstende gedärme der kaninchen fallen auf die menstruierenden geschlechtsteile der frauen. die frauen drücken und quetschen mit ihren händen die warmen gedärme gegen ihr geschlechtsteil … bis die haut der gedärme platzt und warmer kot herausquillt. … 18jährige homosexuelle jünglinge, deren schädel kahl geschoren sind, begatten sich auf der bettengruppe, einige spielteilnehmer, welche die vorgänge beobachten, onanieren und schmieren sich das fließende sperma ins gesicht.“ (Auszug aus dem Text „Die Eroberung von Jerusalem“.)
Große Kunst offenbar – zumindest in den Augen eines Erwin Pröll. Nun gehört auch er zum erlesenen Kreis der Nitschaner, in dem sich bisher fast ausschließlich sozialistische Kunstliebhaber tummelten, und darf sich lächelnd neben dem großen Meister abkonterfeien lassen. Seiner Popularität im Lande Niederösterreich hat das, wie der jüngste Wahlsieg zeigt, offenbar nicht geschadet. Das Schweigen der Kirche zum Treiben des Nitsch, der bei seinen Schlächtereien stets religiöse Symbole nachäfft und sakrale Gegenstände mißbraucht, hat dies erst möglich gemacht. Eine Kirche, die solches zuläßt, ohne auch nur den Versuch einer ernsthaften Gegenwehr zu unternehmen, hat gegen die Herausforderung eines selbstbewußten Islam schon jetzt verloren. Und Politiker, die dieses nicht nur zulassen, sondern mit Steuermillionen fördern, gleichzeitig aber Respekt vor dem Islam fordern und jede Mohammed-Kritik verurteilen, müssen als Totengräber dieses Landes und seiner Kultur bezeichnet werden. Bei einigen ist es eiskaltes Kalkül, bei anderen bloß Macht- und Mediengeilheit gepaart mit intellektuellem Unvermögen.

 
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