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Sind wir alle NPD – früher oder später?

Von Wolfgang Dvorak-Stocker

„Ich komme aus der DDR und das könnte möglicherweise heißen: ich komme aus der Zukunft“ – sagt Focus-Chef vom Dienst Michael Klonovsky im Interview mit der „Jungen Freiheit“. Daß für Rechtsparteien in der BRD demokratische Spielregeln schon lange nicht mehr gelten, ist hinreichend bekannt: Das beginnt mit den periodischen Kontokündigungen, äußert sich am augenscheinlichsten darin, daß die meisten Medien gar nicht mehr inhaltlich über die Positionen oder die parlamentarische Arbeit von Rechtsparteien informieren, sondern diese mit teils bewußt wahrheitswidrigen Berichten zu diffamieren suchen und findet seinen Höhepunkt, wenn eine Partei wie die NPD ihre gesetzliche Pflicht, einen jährlichen Parteitag abzuhalten, nur nach langwierigen Rechtskämpfen verwirklichen kann.
Nun geht die sogenannte „Zivilgesellschaft“ dazu über, auch rechte Parteigänger zunehmend ihrer bürgerlichen Rechte zu entkleiden und zeigt im Umgang mit ihnen genau jenen menschenverachtenden Geist, den man sonst gerne dem Gegner unterstellt.
So hat die Hotelkette „Holiday Inn“ Zimmerreservierungen von NPD-Abgeordneten mit der Begründung storniert, „diese seien in ihrem Hause nicht willkommen“, worauf der Präsident des Brandenburgischen Hotelverbandes die Anwendung dieser politischen Apartheid gleich für das ganze Land eingefordert hat.
Da wurde einem Schornsteinfeger in Sachsen-Anhalt der Kehrbezirk entzogen, weil er für die NPD in einem Kreistag sitzt, und es keinem Bürger zumutbar sei, sich den Kamin von einem „Rechtsextremisten“ reinigen zu lassen – das Ziel ist offenbar die Vernichtung der bürgerlichen Existenz aller Rechtsabweichler.
Da wurde ein anderes NPD-Mitglied, das jahrzehntelang ehrenamtlich in der Roten-Kreuz-Jugendarbeit tätig war und dort niemals seine politische Gesinnung zum Thema gemacht hat, von einem Tag auf den anderen ohne jeden Dank ausgeschlossen und ein anderes ebenso plötzlich als Kirchenvorstand abberufen. Das Erhellende daran: Der Betreffende war seit 20 Jahren als Gemeinderat politisch aktiv und ebenso lange Mitglied des Kirchenvorstandes der Propstei Königslutter. Was 20 Jahre vereinbar war, ist es plötzlich nicht mehr.
Die Bestimmung des Grundgesetzes, wonach niemand aufgrund seiner politischen Haltung benachteiligt werden darf, ist offenbar das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Sind solche Verhaltensweisen schon prinzipiell als menschlich niederträchtig abzulehnen, ist zudem immer offensichtlicher geworden, daß sich dieser „Kampf gegen Rechts“ nicht nur gegen den radikalen oder gar extremistischen Rand, sondern in gleicher Weise gegen die rechte Mitte wendet. Da waren die Kampagnen gegen CDU-Politiker wie Hohmann und Nitzsche (die von ihrer Partei freilich gleich zum Abschuß freigegeben wurden), gegen die Fernsehmoderatorin Eva Hermann, die Zeitschrift „Junge Freiheit“ (dazu mehr im bereits zitierten Interview mit Michael Klonovsky auf S. 3) oder das Berufsverbot für Sascha Jung, dem als langjährigen aktiven SPD-Mitglied der Eintritt in den bayrischen Staatsdienst mit dem Hinweis auf seine gleichzeitige Mitgliedschaft bei der Münchner Burschenschaft Danubia verwehrt wurde.
Alle diese Fälle haben freilich gemeinsam, daß den Angegriffenen mit hinreichendem demagogischen Geschick „nationalistisches“ Gedankengut unterstellt werden konnte. Und lange Zeit schien auch genau das das Ziel zu sein: die Gleichsetzung von „national“ mit „nationalistisch“ und von „nationalistisch“ mit „nationalsozialistisch“, um damit jede noch so gemäßigt-demokratisch-nationale Position zu diskreditieren. Doch auch das war nur ein Etappenziel der Linken, wie nun ein Vorfall an der Ludwig-Maximilians-Universität in München klarmacht: Nach einem Hetzartikel der „Süddeutschen Zeitung“ hat der Dekan der Fakultät für BWL der Vorlesung von Univ.-Prof. emerit. Friedrich Hanssmann die Anerkennung als Prüfungsleistung entzogen und dessen Skriptum im Internet löschen lassen. Grund: Hanssmann, selbst langjähriger Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre, hatte es gewagt, in einer Vorlesung über Wirtschafts­ethik christliche Positionen zu vertreten. Der von Martin Thurau verfaßte SZ-Artikel setzte sich freilich in keiner Weise mit den Thesen Hanssmanns auseinander, sondern arbeitete mit einem Geflecht aus Suggestionen und Unterstellungen, wie dies eben für den Kampagnen-Journalismus kennzeichnend ist. Menschen wie Martin Thurau hat es freilich schon immer gegeben. Kein totalitäres Regime, kein Völkermord und keine Massenpsychose wie der Hexenwahn funktioniert ohne begabte Rhetoriker, deren Lust an Menschenjagd alle möglicherweise noch vorhandenen Reste von Wahrheitsliebe und Gerechtigkeitssinn auszuschalten vermag. Die Existenz dieses Menschenschlages ist nichts Neues in der Geschichte. Besorgnis erregen müssen aber die Erfolge, die Hetzer dieser Art in einem angeblich immer noch freiheitlich-demokratischem System zunehmend für sich verbuchen können, und die Bereitwilligkeit, mit der viele biedere Bürger in das „Brennen muß die Hexe“ einstimmen.
Damit ist die Stunde gekommen, in der auch Christkonservative erkennen müssen, daß für sie in Abwandlung des Spruches „Wir sind alle Ausländer, fast überall!“ der Satz gilt: „Wir alle sind NPD – früher oder später.“ Dabei geht es nicht um die Frage, wie man zu dieser Partei und ihrem politischen Personal steht, sondern ausschließlich um die Aufrechterhaltung einer bestimmten Kultur im Umgang miteinander und um ein entschiedenes Zurückweisen des Versuches, die BRD einem neuen linken Totalitarismus zu unterwerfen.
Auch in Österreich
In Österreich, wo eine ähnliche, aber noch schwächer ausgeprägte Tendenz herrscht, haben dies manche christlich-konservative Kreise schon begriffen: Dort stehen gerade vier Aktivisten des „Bund Freie Jugend“ wegen „nationalsozialistischer Wiederbetätigung“ vor Gericht. Bezeichnend ist, daß in der Anklageschrift unter anderem der Satz „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ als Beweis gebracht wird. Folgt man diesem Gedanken, ist freilich die ganze Republik Österreich nationalsozialistisch: Der Verpflichtung junger Männer zum Wehrdienst läßt sich nämlich ebenso wenig wie das progressive Steuersystem ohne den Satz „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ rechtfertigen. Ein anderer Angriffspunkt ist das eingeforderte „Recht auf Heimat“, weil, so der Leiter des „Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands“, der (Ex‑?)Kom­munist Heribert Schiedel, im „Standard“ vom 3. Juni, darunter zwar das Recht auf intakte Umwelt, aber nicht auf Ablehnung von Zuwanderung verstanden werden könne. Im Klartext: Bei der Einwanderungsfrage hören für Schiedel&Co Demokratie und Meinungsfreiheit auf.
Der als „Pornojäger“ bekannt gewordene Martin Humer greift mit seiner „Christlich-Sozialen Arbeitsgemeinschaft-Österreich“ insbesondere den Vorwurf auf, der BfJ habe die „Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich zu untergraben und deren völkerrechtliche Souveränität und innere Rechtsordnung zu gefährden“ versucht. Dazu Humer: „Die Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Souveränität unseres Staates gefährden die Brüssel hörigen Politiker und nicht fünf junge Leute, die angeklagt wurden.“ Nach einem Verweis auf die internen Zustände und die lange Reihe politischer Skandale in Österreich schließt Humer: „Diese Volksverräter und treulosen Mietlinge sind es, die die Rechtsordnung in Österreich massiv gefährden, und nicht ein paar junge Leute, die an diesem Saustall von einem Staat irre geworden sind.“
Der Prozeß ist gegen die BfJ-Aktivisten steht nicht allein, macht aber in besonderer Weise deutlich, daß Österreich – wieder einmal – die Entwicklung in Deutschland mit einem gewissen zeitlichen Abstand nachzuvollziehen beginnt, inkriminiert doch der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift in erster Linie politische Positionen, die mit dem NS genauso viel zu tun haben wie die Benützung von Autobahnen oder die Feier des 1. Mai. Mittlerweile gilt auch in Österreich, daß alles, was zur Zeit des Dritten Reiches gedacht, gesagt oder getan wurde, vom Bösen ist und jede differenzierende Beschäftigung mit dieser Zeit immer gefährlicher wird. Dies zeigt sich auch im anlaufenden Prozeß gegen Gerd Honsik, der in seinen im Internet verbreiteten Aufsätzen, soweit sie mir bekannt wurden, immer um ruhige und sachliche Argumentation bemüht war und sicher keine „Hetze“ betrieben hat – und trotzdem mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen muß, da die Staatsanwaltschaft von einer „besonderen Gefährlichkeit des Täters“ ausgeht.
Und natürlich geht es auch in Österreich in Wirklichkeit um viel mehr, als ein paar Idealisten, Spinner oder auch Fanatiker am rechten Rand auszuschalten, die dem Staat freilich in gar keiner Weise gefährlich werden konnten: es geht schlicht um die Durchsetzung einer linken Meinungsdiktatur und die Inkriminierung aller abweichenden Positionen. So wurde jüngst ein Verfahren wegen Volksverhetzung gegen den FPÖ Vize-Parteiobmann Norbert Hofer eingeleitet, weil dieser einen Artikel der angesehenen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ per E-Mail an einen größeren Personenkreis verschickt hatte, in dem es um Sozialhilfebetrug in Millionenhöhe durch einen Jordanier in Deutschland ging. Volksverhetzung wegen Versand eines Zeitungsartikels? Noch – noch – ist es in Österreich nicht ganz so weit, das Verfahren wurde wieder eingestellt. Die Marschrute ist aber bereits vorgegeben. Wie weit die modernen Zeloten damit kommen, hängt in erster Linie von den österreichischen Christkonservativen ab. Deren Klubobmann, Andreas Khol, hatte noch 1996 klar festgestellt: „Wer definiert eigentlich, was rechtsextrem ist? Doch nicht das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Das hat auch Margret Thatcher und Franz Josef Strauß als Rechtsextreme qualifiziert. Wer sich innerhalb des rechtlichen Rahmens bewegt, wer nicht gegen das NS-Verbotsgesetz oder gegen das Strafgesetz verstößt, kann von mir jeder Zeit in ein demokratisches Amt gewählt werden. Ob er jetzt in der ‚Aula‘ publiziert oder im ‚Tatblatt‘.“ In Deutschland ist dies schon lange nicht mehr möglich. Erst jüngst hat das wieder der Fall Peter Krause deutlich gemacht, der als vorgesehener Kultusminister von Thüringen wegen einiger vor Jahren für die „Junge Freiheit“ verfaßter Artikel abgeschossen wurde. Nicht freilich, weil ihm selbst irgendeine schiefe Formulierung oder gar eine sachlich problematische Aussage vorgeworfen werden konnte, sondern bloß aufgrund der Tatsache wo er es gewagt hatte zu publizieren.
„Wir sind alle NPD – früher oder später.“ Diese Erkenntnis sollten sich die österreichischen bürgerlichen Kräfte rasch zu eigen machen, sonst gilt auch für die Alpenrepublik der Satz von Michael Klonovsky: „Ich komme aus der DDR und das könnte möglicherweise heißen: Ich komme aus der Zukunft“.

 
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