Archiv > Jahrgang 2008 > NO III/2008 > Meinungsfreiheit 

Meinungs­freiheit

Mehr Meinungs­freiheit?

Der deutsche Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hat sich anläßlich seines Abschieds kritisch zur Lage der Grundrechte in Deutschland geäußert. Das Grundgesetz erzwinge keine Loyalität zu seinen Werten. Es stehe den Bürgern frei, auch grundlegende Werte der Verfassung in Frage zu stellen, solang sie dadurch nicht andere Rechtsgüter wie die Sicherheit gefährdeten, erklärte Hoffmann-Riem: denn eine Demokratie müsse Vertrauen auf die Fähigkeit ihrer Bürger haben, sich mit Kritik an der Verfassung auseinanderzusetzen und diese dadurch abzuwehren.
Die juristischen Winkelzüge, die u. a. die Demonstrationsfreiheit für Rechte einschränken, kritisierte der Verfassungsrichter in diesem Zusammenhang ebenfalls: So habe das Oberverwaltungsgericht Münster bei einer rechten Demonstration die Benutzung eines Wagens mit Hamburger Kennzeichen nur dann zugelassen, wenn das Stadtkürzel HH auf dem Nummernschild überklebt werde, da es nach Ansicht der Richter in Münster auch „Heil Hitler“ bedeuten und so die Bevölkerung einschüchtern könne.
Des weiteren wandte sich Hoffmann-Riem sogar gegen die Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung.
„Oberpfalznetz“, 9. Juli 2008,
„Focus“–Online, 18. Juli 2007

Weniger ­Meinungsfreiheit!

Der UNO-Menschenrechtsrat hat Kritik an der Sharia als religiöse Diskriminierung verurteilt. Bei Zusammenkünften darf in Zukunft nicht mehr die Steinigung von Frauen oder die Verheiratung 9jähriger Mädchen in islamischen Ländern, die die Sharia eingeführt haben, kritisiert werden.
„Die Presse“, 2. Juli 2008

Doch Meinungsfreiheit:

Im Jahr 2000 wurde der rechte Liedermacher Frank Rennicke vom Amtsgericht Böblingen wegen Volksverhetzung zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, was das Landgericht Stuttgart später auf 17 Monate verschärfte.
Die Gerichte nahmen Anstoß an einigen Versen des bereits 1986 verfaßten „Heimatvertriebenen-Liedes“, das die Vertreibung der Sudetendeutschen und ihre später erneute Entwurzelung im Westen schildert. Insbesondere folgende Passage wurde inkriminiert: „Es gehen die Fremden in den Dörfern umher, tun so als wäre es unsere Heimat nicht mehr. / Wir stehen am Wege und lauschen dem Sang – / fremd klingt das Wort, fremd ist sein Klang … / Nehmt Eure Russenpanzer, Euer Mafiageld und laßt uns zufrieden um alles in der Welt. Nehmt Eure Scheißbomben und Staatsformen heim und laßt uns mit unseren Sorgen allein. Packt Eure Snakbars und Kolchosen ein, laßt uns wieder Deutsche in Deutschland sein. Amis, Russen, Fremdvölker raus – endlich wieder Herr im eigenen Haus!“
Das letztlich auch vom Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte Urteil wurde nun im März 2008 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Der Text des Liedes sei zwar „anstößig“, falle aber unter die Meinungsfreiheit. Weder eine Aufforderung zur Wiederherstellung des nationalsozialistischen Regimes, noch zur gewaltsamen Vertreibung der Zuwanderer ließe sich diesen Worten entnehmen.
Das abschließende Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat – darauf weist der hier zitierte Bericht der „Jungen Freiheit“ (37/08) ausdrücklich hin – deutlich gemacht, daß drei gerichtliche Instanzen hintereinander grob fahrlässig die verfassungsmäßig verbürgten Grund- und Freiheitsrecht mißachtet hatten.
Wie läßt sich das offensichtliche Versagen dreier Gerichtsinstanzen und ihrer Staatsanwaltschaften erklären, fragt Günter Bertram, früher selbst Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg. Als Antwort zitiert er den Konstanzer Rechtswissenschaftler Bernd Rüthers: „Die Richter sind unabhängig, nur dem Gesetz und dem Zeitgeist unterworfen.“ Bertram schließt: „Der Satz dürfte des Rätsels Lösung enthalten: Aktionen, Bekenntnisse, Kampagnen – nahezu alles – genießt den Adel höherer Moral, wenn es nur ‚gegen Rechts‘ geht: Im Sog dieses Zeitgeists schwimmt der Gesetzgeber, schwimmen auch manche Behörden, die doch auf Objektivität und Gleichheit verpflichtet sind.“

 
Neue Ordnung, ARES Verlag, A-8010 Graz, EMail: neue-ordnung@ares-verlag.com