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Die wahren ­Antisemiten

Von Heinrich Dassel

Wenn die Katholische Kirche am Karfreitag wieder für die Bekehrung der Juden betet, so sei dies, schreiben deutsche Zeitungen, ein antisemitischer Akt. In Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: Nach kirchlicher Lehre öffnet nur der Glaube an Jesus Christus den Weg in den Himmel. Diese Auffassung muß man nicht teilen, doch wird man einer Religion kaum vorwerfen können, wenn sie an die Wahrheit der eigenen Verkündigung glaubt. Und warum sollte sie das Heil den Juden vorenthalten wollen? Es werden also nur christliche Antisemiten sein, die nicht für die Bekehrung der Juden beten, weil sie den Himmel lieber „judenfrei“ haben wollen. War es also versteckter Judenhaß, daß die Kirche in der Folge des letzten Konzils aufgehört hat für die Bekehrung dieses Volkes zu beten? Oder hatte sie nur beschlossen, ihren Gründer („Niemand kommt zum Vater denn durch mich!“) nicht mehr so ganz ernst zu nehmen?

Je mehr, desto besser!

Noch mehr Antisemiten tummeln sich aber in den deutschen Medien, denen es gar nicht genug tote Juden geben kann: Je mehr, desto besser!, lautet ihre Devise. Eifersüchtig wachen sie darüber, daß die Erfolgsstory des Dritten Reiches nicht geschmälert wird, wenn wissenschaftliche Nachschau ergeben könnte, daß doch ein paar Juden mehr als angenommen den Konzentrationslagern und Erschießungsaktionen im Osten entkamen. Als vorgeschobenes Scheinargument gilt die „Unvergleichlichkeit“ des an ihnen begangenen Verbrechens. Doch sind wir Menschen vor dem Tod nicht alle gleich? Wer jüdische Opfer aus dieser Opfergemeinschaft aller Menschen heraushebt, sondert sie damit insgesamt ab vom übrigen Menschentum und wieder, wie in der Ideologie des radikalen Antisemitismus, stehen die Juden auf der einen, die restliche Menschheit auf der anderen Seite. Auch wenn es sich heute – angeblich – um „positive“ Diskriminierung handelt: Es ist und bleibt Diskriminierung – und das positive Vorzeichen kann im Handumdrehen in ein negatives umschlagen. Der geistige Boden dafür wird wieder einmal zu allererst in Deutschland bereitet.

 
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