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„Der letzte Ritter“

Vor 500 Jahren starb Kaiser Maximilian I.

Am 12. Januar jährte sich zum 500. Mal der Todestag Maximilians I., eines der größten Kaiser, die das Haus Habsburg hervorgebracht hat. Er war eine herausragende Persönlichkeit mit vielen Facetten, der die Beinamen „der letzte Ritter“, „erster Kanonier des Reiches“ oder „Vater der Landsknechte“ (so hieß später auch Georg von Frundsberg) allein nicht gerecht werden. Zu einem Mann geworden, der auf Großes aus war, strebte er nach Größerem, als die Welt bot. Nie wähnte er sich fertig und befand sich immer auf der Suche nach Ehre, Ruhm und Macht. Er vertrat eine Epoche, die in seinen Tagen an ein Ende gelangt war: die des Rittertums.

Von Dr. Mario Kandil

 
Maximilian kam am 22. März 1459 auf der Burg in Wiener Neustadt zur Welt. Sein Vater war der für viele seiner Zeitgenossen rätselhafte Friedrich III. (ab 1440 römisch-deutscher König, von 1452 bis zu seinem Tod 1493 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation), seine Mutter Eleonore Helena von Portugal, eine Tochter des portugiesischen Königs Eduard I. und seiner Frau Eleonore von Aragonien.1 Der einzig überlebende Sohn von Friedrich III. und Eleonore Helena war somit Erzherzog von Österreich – ein Titel, den er bereits als Kind trug. Schon als kleiner Junge kam Maximilian mit Krieg in Kontakt, indem er zusammen mit seinen Eltern die Belagerung der Wiener Hofburg (16. Oktober bis 4. Dezember 1462) erlebte. Diese fand im Rahmen des Kampfes zwischen Friedrich III. und seinem jüngeren Bruder Albrecht VI.2, der einer seiner vielen Gegner war, statt und sah u.a. den Beschuß der Hofburg.

Seit dem Tod Philipps des Guten 1467 herrschte Karl der Kühne als Herzog von Burgund und Luxemburg (de facto tat er das schon seit 1465, nachdem ihm sein Vater alle Regierungsgeschäfte übergeben hatte). Durch Waffenerfolge und imposante Schätze gewann Karl Land um Land, pflanzte sein Banner in Flandern auf und ließ Vögte für sich die österreichischen Besitzungen im Elsaß sowie im Schwarzwald regieren.3 Weil ihm damals nahezu alles glückte, schien Karl der Kühne zu Höherem geboren, und so bot er Kaiser Friedrich III. für die römisch-deutsche Königskrone und das Reichsvikariat seine Tochter Maria, die reichste und daher auch begehrteste Erbin des Abendlands, als Gattin für Friedrichs Sohn Maximilian an. Welch ein Machtzuwachs winkte dem Kaiser! Doch Karl der Kühne war kein Freund des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, allerdings auch kein Freund Frankreichs, sondern dessen Feind. Immerhin war sich der Burgunderherzog seines Erfolgs so sicher, daß er, der mit Kaiser Friedrich im Oktober 1473 in Trier zu persönlichen Verhandlungen zusammentraf, bei einem lokalen Goldschmied eine Königskrone nach seinen Maßen orderte. Tag, Stunde und Zeremoniell von Karls Krönung zum römisch-deutschen König waren schon fixiert, aber einen Tag zuvor bestieg Friedrich noch in der ersten Morgendämmerung ein Schiff und fuhr die Mosel abwärts Richtung Köln. Zwar ist das auslösende Motiv für diese unerhörte Brüskierung des stolzen Karl durch Friedrich nicht bekannt, doch entstand deshalb kein Zwist oder gar offene Feindschaft, denn dafür waren Burgunds und Österreichs Interessen zu sehr verwoben. Als Karl sich in eine Kölner Auseinandersetzung einschaltete und 1474 Neuss belagerte, griff Friedrich III. mit einem Reichsheer ein und zwang den Herzog von Burgund, die Belagerung aufzugeben und Frieden zu schließen. So wurde die Absprache perfekt und noch im Felde Maximilians Ehe mit Maria von Burgund beschlossen (17. November 1745).4 Im Mai 1476 wiederholte Karl der Kühne feierlich seine Zustimmung zu der Eheabsprache in Lausanne, stellte diesmal aber keine Bedingungen. Darin sah er die einzige Chance zur Rettung Burgunds vor Ludwig XI., wollte der Franzosenkönig doch Burgund beerben.

Nachdem Karl der Kühne am 5. Januar 1477 in der Schlacht von Nancy von einem dreimal so starken lothringisch-schweizerischen Heer nicht nur besiegt worden, sondern auch im Kampf gefallen war, geriet die burgundische Erbtochter Maria nicht nur unter den Druck Ludwigs XI., sondern auch unter den ihrer eigenen Stände, die sie für Geld und Truppenhilfe gegen Frankreich dringend brauchte. Deswegen mußte sie am 11. Februar 1477 das „Große Privileg“ bestätigen, das dem Zentralismus des burgundischen Einheitsstaats ein Ende setzte und den ständischen Privilegien wieder zu voller Geltung verhalf. All das bewog Maria, ihren Bräutigam Maximilian zu unverzüglichem Kommen aufzufordern, da sie sonst zu Dingen genötigt wäre, die sie freiwillig niemals tun würde. Nach dem Eintreffen der kaiserlichen Gesandtschaft in Brügge (18. April) gab es eine rasche Einigung, und schon am 21. April 1477 kam es zu der Heirat zwischen Maximilian und Maria in Stellvertretung. Die Hochzeit selbst fand am 19. August 1477 in der Hofkapelle zu Gent statt. Damit war für das Haus Habsburg ein großer Schritt aus der Isolation getan, in die es durch Friedrichs III. Passivität im Reich wie in Europa geraten war.5

Mit minimalem Aufwand hatte sich Österreich in die reichste und politisch klar federführende Macht Europas verwandelt. Daß diese Großmacht in den nächsten Jahrzehnten – insbesondere durch den Kampf um Burgund – ihr Stehvermögen unter Beweis stellen mußte, war nur eine Folge davon. In Burgund war eine der entscheidenden Konstellationen der europäischen Politik bis in die jüngste Zeit hinein angelegt: der verhängnisvolle Antagonismus zwischen Deutschland und Frankreich. Burgunds Grenzlinie Rhône-Saône-Maas war die alte Abgrenzung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gegen Frankreich – und das schon seit 500 Jahren. Für die Herrscher Frankreichs bedeutete der Besitz Burgunds nicht nur das Zurückdrängen dieser Reichsgrenze bis zum Rhein; er bedeutete auch den Besitz des Kronlands Valois vor den Toren von Paris und der Gebiete an der Somme. In Europas Moderne erfuhr das Ringen um Burgund nur nominell eine Veränderung: Es wurde zum Kampf um den Rhein.6

Konfliktvolle Zeit in Burgund

Wie er von seiner Gemahlin schwärmte, so schwärmte Maximilian auch von seinen neuen Ländern, deren Jahreseinnahmen auf über eine Million Gulden geschätzt wurden. Im Vergleich zu den relativ bescheidenen Verhältnissen am Kaiserhof zu Wiener Neustadt lernte Maximilian einen ganz anderen Lebens- und Herrschaftsstil kennen, der seinen Ideen offenbar deutlich mehr entsprach als der seines Vaters – war dieser doch von Sparsamkeit und Mäßigung gekennzeichnet. Obwohl Friedrich III. die Neigung seines Sohnes zur Verschwendung schon früh mit Tadel versehen hatte und wiewohl der zeit seines Lebens (in Erinnerung an seine Erziehung) nie gerne in schulmeisterlicher Manier behandelte7 Maximilian sich die Devise „Tene mensuram!“8 gab, so war für ihn doch immer die offenbar in den frühen burgundischen Jahren ausgebildete adelig-ritterliche Lebensführung und Selbstdarstellung als Herrscher wichtiger als eine Rücksichtnahme auf die verfügbaren Mittel.9

Nachdem die Hochzeitsfeierlichkeiten ausgeklungen waren, begann für Maximilian das, was man den politischen Alltag nennt. Nicht genug, daß er sich wegen der – wohl durch die Hoftrauer um Karl den Kühnen – für Burgunds Gebräuche sehr bescheidenen Festlichkeiten dem von Ludwig XI. gestreuten Gerücht vom „geizigsten und ärmsten Bräutigam der Welt“ ausgesetzt sah.10 Maximilian hatte sich zugleich mit den Erbhuldigungen auch um eine Kriegshilfe der niederländischen Stände zu bemühen. Denn es wurde dem jungen Herzog unumwunden klar gemacht, daß nur derjenige, der Herr im Felde bleibe, auch Herr im Lande bleibe. Von den Ständen mit 500.000 Écus unterstützt, forderte Maximilian Ludwig XI. zur Einhaltung des Friedens von Soleuvre (1475) und zur Herausgabe aller von Frankreich okkupierten burgundischen Territorien und Herrschaften auf. Weil sich auch Kaiser Friedrich III. einschaltete und mit dem Reichskrieg drohte, gab Ludwig XI. nach: Er schloß einen Waffenstillstand und trat im Herbst 1477 einige Grenzstädte (u.a. die Reichsstadt Cambrai) ab, behielt aber die alten Kerngebiete Burgunds, Herzogtum und Freigrafschaft, für sich.11

Trotz der im Winter 1477/78 herrschenden Ruhe wußte Maximilian genau, daß der Konflikt mit Frankreich, den er mit Burgund ebenso geerbt hatte wie die Allianz mit England, noch lange nicht ausgestanden war. Sein Vater konnte ihm nicht die erbetenen 1000 Reiter schicken, war der Kaiser doch selbst schon in einen Krieg mit König Matthias Corvinus von Ungarn verstrickt und mit Unruhen in seinen eigenen Ländern konfrontiert. So mußte Herzog Maximilian alle Kostbarkeiten seines Hofs verpfänden und sein Tafelsilber zu barer Münze machen sowie immer neue und immer höhere Steuern auflegen, was die Burgunder gegen ihn aufbrachte. Das nutzte Ludwig XI. genüßlich aus und schürte in Geldern, aber auch in Holland und Seeland den Aufruhr, womit er Maximilian in innere Kämpfe verwickelte. Im April 1479 eröffnete Ludwig XI. einen erneuen Feldzug, um sich die Freigrafschaft Burgund und die Picardie endgültig einzuverleiben. Am 7. August 147912 kam es bei Guinegate in der Picardie zur Schlacht zwischen Maximilians etwas mehr als 20.000 Soldaten zählendem Heer, das aus Deutschen, Schweizern, Niederländern und Engländern bestand, und dem nur halb so starken Heer der Franzosen. Nach vier Stunden hatte der Habsburger die Schlacht gewonnen und Artillerie sowie Feldlager der Franzosen erobert. Für ihn war es Frankreichs „ewige Schmach“, doch Frieden gab es noch nicht.13

Gerade hatten die Bündnisverträge mit England und der Bretagne (16. April 1481) sowie die weitgehend erfolgreichen Feldzüge in Geldern und Holland Maximilians Position halbwegs gefestigt, da verletzte sich Herzogin Maria Anfang März 1482 auf einem Jagdausflug nahe Brügge bei einem Sturz vom Pferd so schwer, daß sie am 27. März 1482 starb. In ihrem Testament hatte sie ihre Kinder Philipp und Margarethe zu Universalerben eingesetzt und zu deren Vormund ihren Mann Maximilian bestellt. Dieser sollte zugleich bis zur Volljährigkeit Philipps die Regentschaft führen. Grenzenlos war Maximilians Trauer über den Verlust seiner geliebten Gattin, den er nie verwand.14

Nur wenige Wochen nach ihrem Ableben offenbarte sich die politische Dimension von Marias Tod, denn Ende April forderten die in Gent versammelten Generalstaaten die Regentschaft über ihren Erbprinzen. Dessen Vater Maximilian konzedierten sie lediglich die nominelle Vormundschaft über Philipp, was für die Zukunft die einzige Rechtsbasis für Maximilians Herrschaft bleiben sollte. Zudem drängten die Stände auf Abschluß eines Heiratsvertrags zwischen der gerade zweijährigen Margarethe und dem Dauphin von Frankreich, wobei Margarethe in die Ehe als Mitgift die Grafschaft Artois und die Freigrafschaft Burgund mitbringen sollte. Ludwig XI., außer sich vor Freude über Marias Tod, ließ sogleich seine Armee an den Grenzen aufmarschieren, um den für ihn so günstigen Heiratskontrakt zu erzwingen. Das von Maximilian erlassene allgemeine Landesaufgebot wurde kaum befolgt, und so sah er sich gezwungen, den Ständen ihre heiß ersehnten Friedens- und Heiratsverhandlungen zu gewähren. Das alles führte schließlich zum Frieden von Arras (23. Dezember 1482): Margarethe sollte mit dem Dauphin Karl verheiratet werden und die erwähnte Mitgift in die Ehe einbringen. Gleichzeitig wurde vereinbart, daß die Generalstaaten über Philipp die Vormundschaft führen sollten. Sollte der sterben, sollten auch die Niederlande an Margarethe und ihren künftigen Gatten fallen. Dazu wurde im Frieden von Arras Frankreichs Lehnshoheit über Flandern anerkannt, während Ludwig XI. sich nur dazu bereit erklärte, die übrigen okkupierten Gebiete zu räumen und Philipps Feinde nicht mehr zu unterstützen. Kaum verwunderlich also, daß Maximilian sich bis zum März 1483 weigerte, diesen „Schandvertrag“ zu beschwören und zu unterzeichnen. Schließlich aber mußte er es doch tun, weil die Genter ja seine Kinder in der Hand hatten. So wurde Margarethe an die Franzosen ausgeliefert und am 16. Juni 1483 mit Dauphin Karl verlobt.15

Den demütigenden Vertrag von Arras mußte Maximilian ebenso hinnehmen wie sein Vater, Kaiser Friedrich III. Dieses Abkommen wurde entgegen den freien Entscheidungsmöglichkeiten des Hauses Habsburg geschlossen. Gerade darum sollte es nicht als Beweis für die weitsichtige Politik des Kaisers ins Feld geführt werden, denn er hatte seine Hand dabei kaum im Spiel. Sein Sohn Maximilian billigte dem Abkommen von Arras nicht mehr als den Charakter eines erpreßten Waffenstillstands zu und nahm sich fest vor, diesen „Schandvertrag“ bei der ersten Gelegenheit zu brechen. Er erblickte in dem Vertrag, der ihn zur Auslieferung seiner Tochter Margarethe an Frankreich nötigte, nicht einmal eine Unterbrechung seines Kampfes um Burgund. Diesen führte er als Verteidigung von Besitzungen, auf die er Rechte besaß, und als Kampf, bei dem er sich als Stellvertreter Karls des Kühnen empfand. Im Rahmen der burgundischen Voraussetzungen war die Politik des Habsburgers gegen Frankreich eine Fortsetzung alter burgundischer Politik.16

Doch bis diese Politik Maximilians Früchte trug, mußte er in Burgund erst noch größte innere Schwierigkeiten überwinden. Diese resultierten aus Aufständen gegen ihn, die er auslöste, weil er sich nicht ganz entmachten lassen wollte und in Mechelen, Löwen, Brüssel und Antwerpen seine Gegner unter den Ständevertretern verhaften und aburteilen ließ (einige davon wurden – wie der Bürgermeister von Antwerpen – geköpft). Das gab den Anstoß zum allgemeinen Aufstand, den Gent anführte. Gegen Maximilian wurden die heftigsten Anklagen erhoben, darunter diese: Seine Deutschen verschleppten das niederländische Geld ins Ausland, und während die Deutschen zu Ehren, Ämtern und Geld kämen, müßten die Niederländer ihre Knechte sein.17 Antideutsche Ressentiments gab es in den Niederlanden offenbar schon damals zuhauf! Überall loderten die Kriegsflammen wieder auf: In Utrecht, Geldern, Lüttich, Namur, Holland und Seeland brannte es lichterloh. Dieser Krieg aller gegen alle kannte keine festen Fronten und sicheren Bundesgenossen; es war ein Krieg zu Lande und ein Kaperkrieg zur See, in dem beide Seiten mit wilder Grausamkeit kämpften. Militärische Erfolge Maximilians brachten ihm nicht die dauerhafte Unterwerfung seiner Gegner ein, die sich mit Unterstützung Frankreichs18 immer wieder erhoben. So wollte Maximilian, der im November 1485 auch noch das Lütticher Kirchenland befriedete und am 21. Dezember 1485 in Aachen seinen Vater traf, nach seiner Wahl (14. Februar 1486) und Krönung zum römisch-deutschen König (9. April 1486) Friedrich III. gegen Matthias Corvinus von Ungarn19 zu Hilfe eilen, doch berief ihn ein neuer französischer Angriff auf Flandern in die Niederlande zurück.20

Ausgleich mit Frankreich

1487 brachte für Maximilian militärische Rückschläge, und am 5. Februar 1488 nahmen ihn die Aufständischen von Brügge sogar gefangen, als er von dort gegen Gent ins Feld ziehen wollte. In der Granenburg wurde er bis Mitte Mai 1488 in Haft gehalten, ungebührlich behandelt und vor allen Dingen unter Druck gesetzt, damit er u.a. auf seine Regentschaft verzichtete. Sogar der Folterung und Hinrichtung einiger seiner von den Aufständischen verhafteten Räte auf einem Schaugerüst unter den Fenstern der Granenburg mußte er zuschauen. Doch der Widerstand gegen die Rebellen und für die Befreiung des römisch-deutschen Königs formierte sich rasch: Kaiser Friedrich III. bot inzwischen das Reich auf, der Papst drohte mit Kirchenbann, auch die Könige von England, Spanien und Portugal drohten den Rebellen. Was aber noch mehr wirkte, war, daß die großen Handelsgesellschaften Gent und Brügge verließen und sich mit ihren Geschäften nach Antwerpen zurückzogen. Bevor Maximilian die feindselige Stadt verlassen konnte, mußte er den Vertrag von Brügge (12. Mai 1488) unterzeichnen und darin u.a. auf seine Regentschaft verzichten. Doch nachdem er einmal in Freiheit war, dachte sein Vater nicht daran, sich an den durch Gewalt erpreßten Vertrag zu halten. In der Folge setzten aber die aufständischen Niederländer verbohrt ihren Krieg fort, dem für das Reich Albrecht von Sachsen mit harten Schlägen ein Ende machte. Mit der Unterwerfung von Gent war der Widerstand der Stände gebrochen und der burgundische Gesamtstaat, das Erbe der alten Herzöge, für Habsburg gesichert. Im Oktober 1492 war der Burgundische Erbfolgekrieg nach 15 Jahren in den nördlichen Landesteilen zu Ende, während er im Süden im Bretonischen Krieg noch bis in den März 1493 hinein weiterging und erst mit dem Frieden von Senlis vom 23. Mai 1493 endgültig beigelegt wurde.21

In diesem erhielt Maximilian größere Teile der Mitgift seiner Tochter Margarethe zurück. Karl VIII. von Frankreich hatte diese verstoßen und dafür in einem Akt ungeheuerlicher Dreistigkeit am 6. Dezember 1492 die Herzogin Anna von der Bretagne geehelicht, die doch schon seit Dezember 1490 per Ferntrauung mit Maximilian verheiratet gewesen war, wenngleich die Ehe niemals vollzogen wurde.22 Ein Zeitgenosse befand, eine derartige Schande sei noch keinem römisch-deutschen König widerfahren und könne nur durch Blut getilgt werden. Das war auch die Auffassung Maximilians, der seine Reputation so schwer erschüttert fühlte, daß er Karl VIII. zum Zweikampf fordern wollte. Aus dessen Sicht war die Vermählung allerdings notwendig, um die wichtigste Herzogin seines Reiches an sich zu binden. Der Friede von Senlis setzte den bretonischen Händeln ein Ende, wiewohl dieser Konflikt zwischen Maximilian und Karl VIII. erst im Dezember 1493 bei den Wiener Verhandlungen endgültig aus der Welt geschafft wurde.23 Trotz alledem war der Friede von Senlis für Maximilian im Vergleich mit dem schmählichen Frieden von Arras 1482 als Erfolg zu bewerten. Der burgundische Staat war gegen Frankreich gesichert, zumal die Freigrafschaft Burgund der westlichen Reichsgrenze neue Sicherheit bot. Allerdings blieb das Herzogtum Burgund bei Frankreich, was die burgundische Politik immer als unersetzbaren Verlust beklagte, wohingegen es für die Franzosen als Kern ihres Königreichs galt. Diese Wunde blutete bis in die Zeit Kaiser Karls V. hinein.24 Jedenfalls wurde das Prinzip der Pläne Maximilians zur Richtschnur der gesamten Politik in bezug auf Frankreich. In vereinfachter Form lautete deren Grundsatz: Eine Bereinigung der zwischen Habsburg und Frankreich bestehenden Gegensätze ist die Voraussetzung für die Handlungsfreiheit des Hauses Habsburg im Osten und Südosten Europas. Unter solchen Prämissen konnte der Vertrag von Senlis als beachtlicher Markstein eingestuft werden. Hätte Maximilian sich unter Mißachtung seiner Ehre an die Bestimmungen jenes „Schandvertrags“ von Arras gehalten, wäre der Zerfall Burgunds so gut wie besiegelt gewesen. Und es hätte keine Garantie dafür bestanden, daß deshalb Frankreichs Grenzprobleme dem Reich gegenüber tatsächlich für alle Zeit ausgeräumt sein würden.25 Zwar hatte sich Maximilian durch seine Kriege in den Niederlanden dort für alle Zeiten unpopulär gemacht, doch er pflegte später zu sagen, es sei „besser, ein Land zu verwüsten, als es zu verlieren“26. War er in der Tat das „Coeur d’acier“27, das der burgundische Chronist Olivier de la Marche in ihm sah? Maximilian war es gewohnt, alle Probleme vom Krieg her zu sehen. Gerne verglich er seine Erlebnisse in den Niederlanden mit Caesars Gallischem Krieg, doch auch das niederländische Geld reichte für den Kriegsaufwand Maximilians nicht aus. So mußte er schon dort lernen, sich mit ungenügenden Mitteln zu behelfen.28

Römisch-deutscher König und Mitregierung im Reich

Als Sohn des Kaisers und als Herr über die Niederlande fühlte sich Maximilian dazu berufen, römisch-deutscher König und künftiger Kaiser zu sein. Mit dem römisch-deutschen Königtum und mit der zu erwartenden Kaiserkrone verband er den von Gott selbst erteilten Auftrag zur Wiederherstellung des universalen Reichs – eine Idee, der auch sein Enkel Karl V. anhängen und für die er bis zur äußersten Anspannung seiner Kräfte gehen sollte. Doch die Kluft zwischen den politischen Visionen des jungen Maximilian und der Realität seines Vaters war schier unüberbrückbar: Im Jahr 1485 hatte Friedrich III. Wien, Niederösterreich, die Steiermark und weite Teile Kärntens an Ungarn verloren und war in seiner großen Not mit Hausschatz, Kanzlei und Archiv nach Tirol geflohen. Auf Bewirtung in Klöstern und Städten angewiesen, wandte sich der Kaiser ins Reich, um die Kurfürsten für die Königswahl seines Sohnes zu gewinnen, denn die Lage des Reichs und speziell die Österreichs verlangte dringend nach einer jüngeren, stärkeren Hand. Nach einigen Widerständen stimmten die Kurfürsten schließlich doch der Wahl Maximilians zu, weil sie hofften, ein so wohlhabender Fürst wie er werde von ihnen nichts brauchen. Zudem hatte Maximilian selbst mit Versprechungen und Wahlgeschenken nachgeholfen.29 Dies war auch nötig gewesen, denn besonders die Kurfürsten von Brandenburg, der Pfalz und Mainz wollten mit Maximilians Königswahl keinen erbrechtlichen Präzedenzfall schaffen.30

In einer späteren Quelle wurde die Behauptung aufgestellt, daß Kaiser Friedrich III. in seinem stark ausgeprägten Eigensinn die Wahl seines Sohnes zu verhindern gesucht habe. Bei den zunächst vorherrschenden Widerständen der Kurfürsten wäre dies einfach gewesen. Mit Sicherheit hat der alte Kaiser den ungestümen jungen Mann, der in seinem Tatendrang die Welt erobern wollte, für eine gewisse Zeit zurückgehalten. Doch als die Zeit gekommen war, arbeitete Friedrich klug und zäh auf Maximilians Wahl hin. Der nannte in seinen Erinnerungen den Vater den Urheber seiner Wahl.31

Als Maximilian am 16. Februar 1486 in Frankfurt am Main einstimmig gewählt wurde, hatte er allerdings versprechen müssen, daß er die Herrschaftsgewalt des Kaisers bis an dessen Lebensende nicht beschränken werde. Offenkundig liegt hier die Wurzel für die Darstellung, wonach Friedrich der Wahl seines Sohnes Widerstand entgegengesetzt habe. Für den Kaiser war die vom Volk wie von den jüngeren Fürsten mit Jubel begrüßte Königswahl ein glänzender Erfolg seiner Politik, denn neben dem Wahlrecht war erstmals wieder das Erbrecht auf die Krone zur Geltung gekommen, und das war schon lange nicht mehr der Fall gewesen. Der Papst allerdings hielt die Bestätigung von Maximilians Wahl noch bis 1488 zurück, denn der König von Böhmen war als Kurfürst nicht hinzugezogen worden – wofür es jedoch einen guten Grund gab: Sowohl Wladislaw von Böhmen als auch Matthias Corvinus von Ungarn beanspruchten die böhmische Kurstimme, und so schien es eben angezeigt, keinen von beiden zu den Wahlhandlungen hinzuzuziehen. Natürlich protestierten deshalb beide gegen die Wahl Maximilians, und erst Jahre später einigten sich die Habsburger mit Wladislaw auf die Rechtmäßigkeit des Frankfurter Wahlvorgangs.32

Auf dem parallel zu der Königswahl stattfindenden Frankfurter Reichstag wurden bereits alle großen Fragen der damaligen Reichspolitik aufgeworfen: Reichsreform, Reichshilfe, Reichsregiment, Reichssteuer, Reichslandfrieden, Reichskammergericht. Die versammelten Stände forderten dringend Reformen – die natürlich zu ihren Gunsten ausfallen sollten. Als sich Maximilian ohne Absprache mit seinem Vater vorwitzig als Reformfreund in Szene zu setzen versuchte, wies ihn sein alter Herr rasch und entschieden in die Schranken: Der junge König sei mit der Situation des Reichs noch allzuwenig vertraut. So kam das geplante Tauschgeschäft – Reichshilfe gegen Ungarn für Zugeständnisse seitens des Kaisers – nicht zustande. Von den Artikeln der Reichsreform wurde bloß eine allgemein gehaltene Landfriedensordnung beschlossen und am 17. März 1486 von Friedrich III. für zehn Jahre verkündet.33

Ende März von Frankfurt am Main über Rhens zur Krönung nach Aachen gefahren, wurde Maximilian am 9. April 1486 in der alten Kaiserstadt gemäß den überlieferten Ritualen gekrönt. So wurde er in den geheiligten Formen gesalbt, mit den Gewändern und Insignien Karls des Großen investiert und auf dessen Stuhl gesetzt, nachdem er seinen Krönungseid geleistet hatte. In der Tat hat Maximilian seinen Schwur, das Reich in seinen Grenzen und Rechten zu schützen und all das wiederherzustellen, was diesem widerrechtlich entzogen worden war, zeit seines Lebens wörtlich genommen. Deshalb erschienen ihm alle Kriege, die er zwecks Wiederherstellung des Reichs führte, als gerechte Kriege.34 Allerdings hinderte ihn dieser Legitimismus immer daran, eine radikale Hausmachtpolitik mit harter Züchtigung seiner reichsfürstlichen Gegner zu betreiben, sich vom Papst zu trennen und nach Art der französischen Kirche eine deutsche Nationalkirche zu gründen.

Gewinnung von Tirol und Görz

Zur Zeit seiner Königswahl und -krönung hatte Maximilian bekanntermaßen die Niederlande nicht soweit befriedet zurückgelassen, daß er sofort hätte an die Donau eilen und die österreichischen Länder aus der Hand der Ungarn befreien können. So konnte er die Niederlande erst nach zwölf sehr harten Kriegsjahren verlassen, nachdem sein Statthalter Albrecht von Sachsen diese endgültig zu Boden gezwungen hatte. Das Reich und die österreichischen Erbländer hatten den jungen König nötig, denn Herzog Albrecht von Bayern hatte die Reichsstadt Regensburg besetzt und versuchte, durch Kauf und Verpfändung auch Tirol und die Vorlande in seine Hand zu bekommen. Gegen den Willen Kaiser Friedrichs III. hatte Herzog Albrecht dessen Tochter Kunigunde heimgeführt und mochte hoffen, sich dadurch nach dem kinderlosen Sigmund das Tiroler Erbe, vielleicht sogar ein gesamthabsburgisches Erbrecht zu sichern. Friedrich fürchtete, eine bayerische Großmacht könnte die Habsburger aus dem Südosten verdrängen. Das größte Übel aber war, daß die Ungarn zu jener Zeit Wien und weite Gebiete der österreichischen Länder okkupiert hielten.35

Bis zum seinem Tod war Kaiser Friedrich III., danach Maximilian Herr des österreichischen Erbes. Dieses bestand aus drei zusammenhängenden Stücken: dem großen östlichen Kernland mit Österreich, der Steiermark, Kärnten und Krain, der Grafschaft Tirol, die von jenem Kernland durch das Erzbistum Salzburg und die Besitzungen der Grafen von Görz getrennt war, den Vorlanden von jenseits des Bodensees und dem Gebiet des Bistums Konstanz.

Unter der Regierung Herzog Sigmunds stellten Tirol und die Vorlande einen höchst gefährdeten Besitz dar, der infolge von Verpfändungen, Verkäufen und auch Schenkungen permanent zusammenschmolz. Dagegen kämpfte der habsburgisch gesinnte Teil der Tiroler Landstände an und konnte in Form eines Kollegiums von acht „geordneten Räten“ eine ständische Vormundschaftsregierung etablieren. Diese nahm die Verwaltung Tirols in die Hand und setzte Herzog Sigmund auf eine bestimmte Rente (1487). Doch erst dem Eingreifen Kaiser Friedrichs III. und dann Maximilians war es zu danken, daß die drohende Gefahr der Entfremdung des Landes vollständig gebannt wurde: Es gelang ihnen nämlich, gegen eine erhöhte Lebensrente Sigmund zu überreden, Maximilian das Land abzutreten (1490). Mit Maximilians Regierungsantritt als Kaiser 1493 war der gesamte habsburgische Hausbesitz erstmals seit 125 Jahren wieder in einer Hand vereint und von nur einem politischen Willen geleitet.36

Später gelang es Maximilian, noch mehrere bedeutende Erwerbungen zu machen, die für die Abrundung der österreichischen Hausmacht vorteilhaft waren. Nach dem Tod des letzten der Grafen von Görz im April 1500 trat Maximilian auch dieses Erbe an, das außer der Grafschaft Görz Güter im Pustertal, im heutigen Osttirol und auch in Kärnten umschloß. Damit war die Verbindung mit Kärnten komplett hergestellt und waren die Ausgänge der Karsttäler in die Isonzoebene gewonnen. Tirol kam auch der Gewinn zugute, den Maximilian aus dem Streit der beiden Wittelsbacher Linien in Bayern und in der Pfalz um das Erbe des Herzogs Georg von Landshut-Bayern einheimste. Ohne vorzugreifen, darf an dieser Stelle konstatiert werden, daß das österreichische Territorium Maximilian eine bedeutende Erweiterung verdankt, wobei Tirol Bindeglied zwischen Hausmachtpolitik und Reichspolitik war, eine der großen Brücken des Reichs zur Welt. Mit Tirol stand das „Tor Deutschlands“ nach Italien offen.37

Ungarn

Nachdem Tirol und die Vorlande gesichert waren, galt es, Bayern mit dem am 14. Februar 1488 in Eßlingen gegründeten Schwäbischen Bund38 auszusöhnen. Immerhin rüstete der Bund gegen Bayern. Maximilian jedoch benötigte die süddeutsche Bundeshilfe zur Vertreibung der Ungarn aus Österreich und drängte deshalb auf einen Frieden. Die Beilegung des bayerischen Streits gelang im Mai 1492, und so konnte sich Maximilian dem Hauptgrund zuwenden, weswegen sein Vater ihn aus den Niederlanden zurückbeordert hatte. Nachdem ein Reichsheer nichts gegen die Ungarn hatte ausrichten können, löste sich das Problem auf eine andere Weise: Am 6. April 1490 starb König Matthias Corvinus in Wien überraschend an einem Schlaganfall. Zu diesem Zeitpunkt rüstete sich Maximilian jedoch gerade für seine bretonische Heirat. Zeitgleich vor zwei große Aufgaben – im Westen und im Osten – gestellt, entschied er sich zunächst für den Krieg im Osten. Innerhalb weniger Wochen stellte er ein Landsknechtsheer auf, wobei ihm die Tiroler mit hohen Kriegssteuern halfen, nahm im Herbst 1490 Wien ein und vertrieb die Ungarn aus den österreichischen Ländern. Mit seinen Landsknechten stieß Maximilian von Österreich aus tief in das Königreich Ungarn vor, okkupierte die westungarischen Komitate39 und stürmte die Krönungsstadt Stuhlweißenburg. Er hoffte, schon bald in Ofen (Buda) zu sein und das ganze Königreich zu erobern, doch der fehlende Sold, die fehlende Zucht seiner Landsknechte, der plötzliche Einbruch eines extrem harten Winters, der zähe ungarische Widerstand und die Intervention der polnischen Jagiellonen zugunsten ihres ungarischen Verwandten zwangen Maximilian, vor Ofen umzukehren.40

Inzwischen hatten die ungarischen Stände Wladislaw von Böhmen zum König gewählt, der als gutmütiger Schwächling schon den Aufgaben in seinem böhmischen Königreich nicht gewachsen gewesen war. Den Ungarn freilich war er gerade recht, konnte aber ihr gefährdetes Königreich keineswegs schützen. Kaiser Friedrich III. verlangte, daß Maximilian statt seines bretonischen Projekts, das den König von Frankreich auf den Plan rufen mußte, den Krieg gegen Ungarn zu Ende bringe, ehe er das Land wieder verließ. Deswegen nützte Maximilian das Entgegenkommen, das ihm Wladislaw bezeigte, und schloß mit diesem am 7. November 1491 den Frieden von Preßburg. Dies war ein Erfolg nicht bloß für den Moment, sondern auch für die Zukunft, denn dieser war einer jener grundlegenden Verträge, welche den ungarisch-böhmischen Erbfall des Jahres 1526 vorbereiteten. Wladislaw erkannte das österreichische Erbrecht auf Ungarn für den Fall an, daß er selbst ohne Erben sterben sollte, und versprach außerdem, auch in Böhmen für die habsburgische Erbfolge tätig zu sein. Darüber hinaus sollte Maximilian noch eine hohe Kriegsentschädigung sowie die westungarischen Grenzkomitate erhalten und durfte sich fortan – neben König Wladislaw – mit dem Titel eines Königs von Ungarn schmücken.41 Maximilian selbst war mit dem erzielten Erfolg keineswegs zufrieden, denn ihn hatte die bretonische Affäre um Ungarn gebracht, „ihm das gegen die Türken erhobene Schwert aus der Hand geschlagen“42. Dennoch war damit der Konflikt mit den Ungarn vorerst beigelegt – zugunsten der Habsburger, denn diese hatten ihre Hausmacht im Südosten nicht nur wieder konsolidiert, sondern sogar ausgedehnt, obwohl es ihnen noch mißglückt war, ihr Erbrecht auf ganz Ungarn durchzusetzen.

Herrscher im Reich

Es war in Innsbruck, daß Maximilian die Kunde vom Tod seines Vaters erhielt. Friedrich III. war am 19. August 1493 im für die damalige Zeit hohen Alter von 78 Jahren an einer Beinamputation in der Linzer Burg verstorben. 53 Jahre lang hatte er regiert und noch erleben dürfen, daß sich die für sein Haus zwischenzeitlich vollkommen hoffnungslose Lage gewaltig besserte. Maximilians Anteil an dieser glücklichen Wendung des österreichischen Schicksals darf nicht so gering eingeschätzt werden, wie dies bisher allzuoft geschehen ist. Nach Beratung mit Sigmund von Tirol wurde der Tod Friedrichs III. allen europäischen Mächten und den deutschen Fürsten sowie den Untertanen der habsburgischen Erbländer notifiziert. Die Beisetzung des Kaisers wurde für den 20. Oktober in Wien angesetzt. Aber die bedrohlichen Nachrichten vom Vorstoß eines starken türkischen Heeres gegen Ungarn und gegen die östlichen Erbländer (zumal gegen Krain und die Untersteiermark) sorgten dafür, daß Friedrich III. erst nach Abschluß des Türkenfeldzugs beigesetzt wurde. Dies geschah in feierlicher Form Anfang Dezember 1493 im Wiener Stephansdom. Zunächst in der Gruft bestattet, da sein Hochgrab im rechten Seitenschiff noch nicht fertiggestellt war, wurde Friedrich erst 1513 dorthin umgebettet.43 Die nächste Generation, die die vielen Kriege unter Maximilian I. mitzumachen hatte, sah in Friedrich III. eine Art Salomon, der den Frieden geliebt und den Krieg verabscheut habe. Erst die Historiographie des 19. Jahrhunderts hat aus Friedrich III. die „Erzschlafmütze des Reiches“ gemacht und so viel zu seinem Negativbild beigetragen, das bis heute besteht.44

Bianca Maria Sforza und Mailand

Nachdem Maximilian gegen die Türken zu spät im Felde erschienen war – diese hatten bereits den kroatischen Heerbann gänzlich vernichtet –, mußte er erkennen, daß der französische König Karl VIII. unter dem Vorwand eines Kreuzzugs einen Überfall auf Italien vorbereitete. Schweren Herzens brach Maximilian seine Unternehmungen im Osten ab, da er Italien, das er als sein Eigentum ansah, auf gar keinen Fall den Franzosen überlassen wollte: „Es ist mir unerträglich, Frankreich zum Pförtner Italiens zu machen“45, erklärte er auf dem Wormser Tag den dort versammelten Reichsständen. Der Sicherung Reichsitaliens galt auch die neue Heirat Maximilians mit Bianca Maria Sforza von Mailand. Noch zu Lebzeiten seines Vaters hatte er heimlich Heiratsverhandlungen mit Ludovico Sforza (auch: Ludovico Moro) eingeleitet, denn Friedrich III. hätte eine derartige „Mißheirat“ mit der Angehörigen einer „Dynastie von Schustern“ wohl kaum erlaubt. Maximilian aber hoffte, dadurch seine politische Stellung in Italien zu stärken und sich die reichen Geldquellen der Sforza zu erschließen: Bianca Maria war immerhin eine der reichsten Bräute der Welt. Ihr Onkel Ludovico Moro sollte nach Maximilians Wünschen den Franzosen den Zutritt zu Italien verwehren, ihm selber jedoch den Hafen von Genua, den Zugang zum Meer sowie die Kaiserstraße nach Rom freihalten. Auf der anderen Seite hoffte Moro – er hatte seinen Neffen Giangaleazzo, den rechtmäßigen, aber kränklichen Herzog, verdrängt –, mit Hilfe des römisch-deutschen Königs seine Position zu festigen und Mailand den Königstitel zu verschaffen.46

Seit dem unglücklichen Ausgang seiner bretonischen Vermählung bereitete Maximilian unter größter Geheimhaltung seine Mailänder Heirat vor, die im November 1493 durch Stellvertretung im Dom zu Mailand stattfand. Über zehn Wochen ließ der Bräutigam die neue Königin in Innsbruck auf sein Erscheinen warten. Die 400.000 Dukaten Mitgift, welche die Braut neben Ausstattung und Schmuck im Wert von 40.000 Dukaten in die Ehe mitbrachte, nahm er schneller in Empfang. Weil die eher simpel veranlagte Bianca Maria unfruchtbar war, wurde sie von ihrem Gemahl schon bald als ein lästiges Requisit behandelt. Daß diese Königin überhaupt existierte, wurde nur dann bemerkt, wenn Maximilian sie gelegentlich in Städten des Heiligen Römischen Reichs als Pfand zurückließ, weil er angefallene Rechnungen für Aufenthalte nicht bezahlen konnte. Seine Gleichgültigkeit ihr gegenüber hatte auch damit zu tun, daß er seine innig geliebte Maria von Burgund nie vergessen konnte. Bianca Maria starb 1511, und wie bei der Hochzeit war Maximilian auch bei ihrem Begräbnis nicht zugegen. Erst sehr viel später sollte sich diese eher unglückliche Verbindung für das Haus Habsburg auszahlen – als Legitimation seiner Ansprüche auf Mailand.47

Die Heirat mit einer Sforza verhinderte allerdings nicht, daß Karl VIII. von Frankreich seinen Zug nach Italien unternahm, den er scheinheilig als „Kreuzzug“ bezeichnete. In der Realität plante der französische Monarch aber die Eroberung Neapels und darüber hinaus sogar ganz Italiens. Mochte Karl VIII. auch anfangs noch hoffen, daß Maximilian ihm im Hinblick auf Neapel freie Hand lassen werde, gab dieser doch keinen Millimeter der kaiserlichen Rechte in Italien preis. So konnten Karls Gesandte ihrem Herrn nur berichten, Maximilian würde einen französischen Einmarsch in Italien mit einem Angriff auf sich selbst gleichsetzen. Ebenso wies Maximilian die Offerte Frankreichs, gegen die Rückerstattung des gesamten Herzogtums Burgund und gegen den Erwerb des festländischen Besitzes der Republik Venedig (der Terra ferma) Parteigänger Karls VIII. zu werden, zurück. Als Maximilian Anfang September 1494 von dessen Einmarsch in Italien erfuhr, behinderte er diese Invasion zunächst genausowenig, wie das die anderen europäischen Herrscher taten. Allerdings schloß sich Maximilian mit Vehemenz der vom Borgia-Papst Alexander VI. arrangierten Heiligen Liga (31. März 1495) an. In dieser waren der Papst, Maximilian als Oberhaupt des Reichs, König Ferdinand II. von Aragon, das Herzogtum Mailand und die Republik Venedig zwecks Vertreibung Karls VIII. aus Italien vereinigt. Offiziell ging es gegen die Türkei.48

Der Ewige Reichslandesfriede von Worms

Als das französische Heer, in Neapel in die Enge getrieben und von Seuchen dezimiert, hastig zurückmarschieren mußte, bestand für Maximilian die große Chance, es zu vernichten. Doch auf dem Wormser Reichstag 1495 verweigerten die Reichsstände der Heiligen Liga jede Hilfe und ließen Karl VIII. völlig unbehelligt zurückmarschieren. Unter dem Vorwand, daß zuerst Reformfragen gelöst werden müßten, ehe man Italien Hilfe gewähren könne, hielten die Reichsstände Maximilian endlose 14 Wochen in Worms fest. Ohne Übertreibung kann daher konstatiert werden, daß der Reichstag von Worms Karl VIII. und sein Heer gerettet hat. Die Ligamächte mußten erkennen, daß die Reichsfürsten Maximilian an der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen hinderten und ein Bündnis mit ihm nur wenig Nutzen einbrachte. Damit nicht genug, die Reichsfürsten hinderten Maximilian ebenso daran, nach Rom zu ziehen und sich dort zum Kaiser krönen zu lassen. Sämtliche Bitten des römisch-deutschen Königs um Mittel zur Truppenwerbung lehnten sie jetzt ebenso ab wie zehn Jahre vorher das Ersuchen Kaiser Friedrichs III. um Hilfe gegen die Türken: erst Reichsreform, dann Reichsgelder. Ein kompromißloser Verfechter dieses innenpolitischen Primats und der hartnäckigste Gegner der von Maximilian I. verfolgten Neuerungspläne war Berthold von Henneberg, Kurfürst und Erzbischof von Mainz sowie zugleich Reichserzkanzler.49

Worüber auf diesem Wormser Reichstag Einigung erzielt wurde, waren erste Beschlüsse einer Reichsreform, die auf eine grundsätzliche Umbildung abzielten: Das Reichsgrundgesetz über den „Ewigen Landfrieden“ wurde verabschiedet (7. August 1495) und so das Reich als eine verbindliche Rechtsgemeinschaft konstituiert. Das Fehderecht, das sich als Folge der Rechtsunsicherheit im Reich stark ausgedehnt hatte, war zwar bereits 1471 vom Reichstag zu Regensburg verboten worden, aber erst ab 1495 wurde ihm durch den Verweis auf die Ordnung des Reichskammergerichts das Wasser abgegraben. Dieses Gericht, dessen Gründung ebenfalls 1495 in Worms beschlossen wurde, ergänzte den „Ewigen Landfrieden“ und setzte ihn in die Tat um. Das Reichskammergericht, das die erste selbständige Reichsbehörde darstellte, entwickelte sich zu einer besonders bedeutungsvollen Institution, während die Steuerreform („Gemeiner Pfennig“) und das den Kaiser völlig entmachtende Reichsregiment nicht über Ansätze hinauskamen. Dagegen hatten die Reichskreise Bestand.50

Rückschläge gegen Frankreich

Trotz der Konzessionen, die er hatte machen müssen, sah sich Maximilian durch den Reichstag von 1495 in seiner Reputation insgesamt gestärkt. Doch das Jahr 1496 wirkte sich auf sein Ansehen auf internationaler Ebene hochgradig negativ aus, denn seine militärischen Unternehmungen in Italien schlugen fehl. Von Mailand und Venedig finanziert, sollte er Florenz bekriegen und dazu Livorno, den Hafen am Ligurischen Meer, erobern. Aber dessen Belagerung mußte Ende 1496 unter beschämenden Umständen beendet werden.51

Nicht viel besser erging es Maximilian im Jahr 1498 bei einem Feldzug gegen Frankreich, bei dem er nach dem überraschenden Tod Karls VIII. (7. April 1498) den Versuch machte, noch einmal sämtliche Gebiete des alten Herzogtums Burgund zu gewinnen und die Selbständigkeit der Bretagne wiederherzustellen. Doch Frankreichs neuer König, Ludwig XII., ein weit geschickterer Politiker als sein Vorgänger, vermochte seine Position binnen kürzester Zeit zu festigen. Schnell heiratete er Karls Witwe, Anna von der Bretagne, und einigte sich nicht bloß mit den Königen von England und Spanien, sondern auch mit Maximilians Sohn Philipp (Friede von Paris, 20. Juli 1498). Alle Versuche des römisch-deutschen Königs, den Erzherzog vom Bündnis mit Frankreich abzubringen, scheiterten. Verzweifelt beklagte sich Maximilian: „Wenn ich nur über meinen Sohn Macht hätte, wüßte ich, was zu tun wäre.“52 So aber mißlang dem Reichsoberhaupt der neue Feldzug, den er auch wegen schlechter Nachrichten vom eben ausgebrochenen Schweizerkrieg (auch: Schwabenkrieg, Januar bis September 1499) abbrach. Das Ganze hatte Maximilian erneut nur Geld gekostet, das er nicht hatte, und etliches von seiner Reputation, die er trotz aller Fehlschläge immer noch besaß. Kurze Zeit danach mußten er und das Reich sich aus Anlaß des Einmarsches von Ludwig XII. in Mailand (September 1499) mit hilflosen Protesten begnügen. Den Franzosen war es von großem Nutzen gewesen, daß die Schweizer ihr altes Bündnis mit Herzog Ludovico preisgegeben hatten und ganz offen auf die Seite Frankreichs übergetreten waren. So war Ludovico seiner lebenswichtigen Unterstützung beraubt, während er vom Reich keine Hilfe zu erwarten hatte. Ludwig XII. aber versprach den Eidgenossen vollen Rückhalt in ihrem Kampf gegen Maximilian I., und das gab ihnen Mut, den Krieg gegen ihn zu wagen.53

Indem Ludwig XII. die italienischen Ambitionen seines Vorgängers auf Mailand reduzierte, fand er auch die Unterstützung Spaniens. Maximilian befand sich in einer hoffnungslosen Situation: Reichshilfe erhielt er nicht, obschon ein überaus wichtiges Reichsinteresse auf dem Spiel stand, und mit Spanien durfte er sich auf keinen Fall verfeinden. Immerhin gehörte ja die politische Freundschaft mit diesem ebenso wie die mit England zu den Grundfesten der burgundischen und damit auch seiner Politik. Maximilians Sohn Philipp hatte sich mit der Tochter Ferdinands II. von Aragon und Isabellas von Kastilien, Juana (besser bekannt als Johanna die Wahnsinnige), vermählt, während seine Tochter Margarethe den Infanten Juan (Johann) geheiratet hatte. 1496, das Jahr der habsburgisch-spanischen Doppelhochzeit, ist für die österreichische Historie noch bedeutender und schicksalhafter als jenes der burgundischen Heirat Maximilians (1477). Sicher wollte Maximilian I. damit zunächst nichts anderes erreichen, als zur Sicherung des burgundischen Erbes eine Stütze gegen das Haus Valois an die Hand zu bekommen. Aber unvermutet ergab sich aus dieser Eheschließung die Möglichkeit eines noch größeren Aufstiegs des Hauses Habsburg, als der Infant Juan und noch eine erbberechtigte, ältere spanische Prinzessin starben und die Frau von Maximilians Sohn Philipp mit ihren Kindern als Erben der vereinten spanischen54 Königreiche, Neapels und Siziliens sowie der neuen, nahezu grenzenlosen Besitzungen in Übersee in Betracht kamen. Aber Maximilians außenpolitisches Konzept geriet zunächst noch stärker in Verwirrung, da sein Sohn Philipp seinem Schwiegervater Ferdinand von Aragon folgte und – wie wir schon sahen – gegenüber Frankreich den Weg einvernehmlicher Politik beschritt. Auch aus diesem Grund konnte Maximilian nicht verhindern, daß Mailand den Franzosen in die Hände fiel und mit Ludovico Moro der Onkel seiner Gemahlin Bianca Maria in französische Gefangenschaft geriet – eine zusätzliche Demütigung für den stolzen Habsburger, dem immer wieder innen- wie außenpolitisch seine Ohnmacht aufgezeigt wurde.55

Maximilian und mit ihm das Reich hatten teilweise eklatante Niederlagen einstecken müssen; Italien schien verloren. Was war letzten Endes aus Maximilians „großem Plan“ geworden, das ihm so verhaßte Frankreich zu vernichten? Das exakte Gegenteil war eingetreten: Die Heilige Liga von Venedig hatte sich aufgelöst; Romzug, Kaiserkrönung und Reichsreform schienen fehlgeschlagen. Italien, das der römisch-deutsche König als sein Eigentum ansah, drohte ganz in französische Hände überzugehen. Eben einigten sich Franzosen und Spanier, auch Unteritalien unter sich aufzuteilen. Der Papst und Venedig standen auf der Seite Frankreichs. Mit diesem verhandelten ebenso die Jagiellonen von Polen, Böhmen und Ungarn. In den Augen des Papstes war Ludwig XII. von Frankreich Anführer der Christenheit im Kampf gegen die Osmanen. Würde der Valois sogar neuer Kaiser werden? Auf jeden Fall war Maximilian an den Rand des europäischen Mächtekonzerts abgedrängt worden, und das Reich schien als Großmacht erledigt.56

Das Reichsregiment schlägt fehl

Diesen außenpolitischen Niederlagen folgte für den „letzten Ritter“ innenpolitisch ein neuer Tiefpunkt durch den Versuch der Reichsstände auf dem Augsburger Reichstag des Jahres 1500, mit Hilfe eines Reichsregiments die innere Ordnung ohne königlich-kaiserliche Vollzugsgewalt selbst in die Hand zu nehmen. Bereits auf dem Wormser Reichstag von 1495 hatte sich Maximilian in dieser Frage „an Händen und Füßen gebunden und an den Nagel gehängt“57 gefühlt, wie er es mit Bezug auf König Gunther im „Nibelungenlied“ plastisch formulierte. Das von Maximilian Beklagte war jetzt in Augsburg in verstärktem Maße der Fall. Die treibende Kraft war auch diesmal wieder Berthold von Henneberg. Auf dessen Betreiben wurde Maximilian I. von den Reichsständen rücksichtslos Schritt für Schritt zurückgedrängt und mußte letztlich fast alle Königsrechte an die Fürsten abtreten, wollte er nicht von vornherein auf eine Kriegssteuer und auf die Aufstellung eines Reichsheers verzichten. Am 2. Juli 1500 wurde die neue Regiments- und Steuerordnung verkündet, die einen kompletten Umsturz der alten Reichsverfassung enthielt. Im Reichsregiment, das in Nürnberg tagen sollte, führte der König den Vorsitz, sofern er anwesend war. Fehlte er jedoch, so präsidierte ein Kurfürst. Die Beschlüsse des Reichsregiments waren allerdings auch in einem solchen Fall – und dieser war die Regel – bindend. Seine Zuständigkeit für die inneren Angelegenheiten des Reichs war realpolitisch unbegrenzt. Dabei war es Maximilian selbst, der zwecks Erlangung reichsständischer Unterstützung im Kampf mit Frankreich den Vorschlag eingebracht hatte, einen derartigen ständigen „Ausschuß des Reiches“ einzusetzen. In der Retrospektive müßte dies nach Meinung des Historikers Hellmut Diwald als ein – unbewußter – Geniestreich des Habsburgers bezeichnet werden. Denn das Nürnberger Reichsregiment, das Berthold von Henneberg wie die Krönung seiner gegen das Reichsoberhaupt gerichteten Politik vorgekommen sein muß, wirkte Diwald zufolge auf die Reichsfürsten schon bald wie ein Messer, das sie sich selbst an den Hals hielten. Demnach dachten sie gar nicht daran, den Forderungen ihres eigenen Regiments zu entsprechen. Nach knapp zwei Jahren hatte sich diese Zentralbehörde als so ohnmächtig entpuppt, wie es Maximilian selbst nach seinen größten Fehlschlägen nie gewesen war.58

Das ebenso geschickte wie energische Taktieren Maximilians I. im Landshuter Erbfolgekrieg (1503–1505; er fiel in die kurze Phase seines Ausgleichs mit Frankreich) zugunsten der bayerischen Wittelsbacher und gegen die Pfälzer Linie ließ ihn schlagartig auch auf Europas Bühne wieder zu einem respektierten Herrscher werden. Im Vertrag von Blois (September 1504), der erst im April 1505 in Hagenau seine Ratifizierung fand, wurde dem Enkel Maximilians I., dem späteren Karl V., Claudia, die Tochter von Frankreichs König Ludwig XII., angetraut. Letzterer wurde mit Mailand belehnt und die „ewige Freundschaft“ der Häuser Habsburg und Valois durch feierliche Schwüre bekräftigt. Einen Moment lang sah es so aus, als ob Maximilian mit diesem Meisterstück der Diplomatie ohne einen einzigen Söldner seine Vision von der kaiserlichen Dominanz in Italien verwirklicht hätte. Doch er machte sich nichts vor. Als das Hagenauer Schutz- und Trutzbündnis zwischen ihm, seinem Sohn Philipp von Burgund und Ludwig XII. unterschrieben war, sagte Maximilian: „Das Traktat wird nicht länger währen, als bis die Tinte der Unterschrift trocken ist.“59 Damit lag er beinahe komplett richtig, doch seine kurze Annäherung an Frankreich zeitigte für ihn im Reich sehr günstige Folgen, und allein schon dafür hatte sich der Aufwand gelohnt. 1496 noch das Gespött der Venezianer, sah ihn deren Gesandter Quirini 1506 so: „Während der König vor drei Jahren im Reiche nichts durchsetzen konnte, ist er jetzt durch seine kluge Taktik allmächtig geworden.“60

Kaiser und Papst

Inzwischen war Maximilian erfahren genug, um zu erkennen, daß er diesen günstigen Moment unbedingt nutzen mußte, um seine Kaiserkrönung endlich durchzusetzen. Denn diese Krone bedeutete immer noch weit mehr als eine bloße Würde: Sie war eine unabdingbare Sicherung der monarchischen Stellung. Maximilians Zug nach Rom – diesen unterstützten diesmal sogar die Reichsstände mit einer ansehnlichen Reichshilfe – forderte beinahe zwangsläufig den Widerstand Frankreichs und Venedigs heraus. Als sich diese zwei verbanden, schien das ganze nördliche Italien zu einem einzigen, Österreich feindlich gesinnten Block geworden zu sein, das Glacis des Reichs verloren, die Basis der kaiserlichen Macht dahin. Der noch nicht zum Kaiser gekrönte Maximilian wollte nun möglichst rasch die Krone erlangen, bevor Ludwig XII. sie ihm streitig machte. Mit einem Heer von 12.000 Soldaten brach der Habsburger zu seinem Romzug auf, doch da stellte sich ihm die Republik Venedig in den Weg und besetzte die Straße in die Ebene. Dazu hatte sie, die zunächst einen Durchzug ohne großes Gefolge genehmigt hatte, Ludwig XII. überredet. Der Franzosenkönig ließ seine Truppen ebenfalls die Pässe über die Alpen sperren. Und so winkte denn auch Julius II. ab – er war als Papst Nachfolger des im Jahr 1503 verstorbenen Borgia-Pontifex Alexander VI. –, da er zudem Maximilian I. weit distanzierter gegenüberstand als sein Vorgänger auf dem Stuhl Petri. Gegen den Anspruch Maximilians selbst hatte Julius aber nichts, so daß er ausrichten ließ, er würde die Kaiserkrönung anerkennen, „wo immer sie geschähe, als hätte er dem römischen König die Krone mit eigener Hand aufgesetzt“61.

Maximilian, dem die Bedeutung Norditaliens für das Reich erneut schmerzlich bewußt wurde, mußte seinen Romzug aufgeben und mit einem mageren Ersatz zufrieden sein: Im Dom zu Trient, an der Grenze des Reichsgebiets also, ließ er nach einer einfachen Zeremonie ohne Salbung und Krönung am 4. Februar 1508 verkünden, daß er von nun an „erwählter römischer Kaiser“ sei und die Krönung durch den Papst bloß aufgeschoben sei. Damit hatte Maximilian den Rechtstitel gewahrt und gesichert, wiewohl seine Vorstellungen von der Kaiserkrönung einen anderen Zuschnitt gehabt hatten. Sein Gespür für Tradition steigerte seine Enttäuschung und seinen Haß auf Venedig. Die Folge war ein acht Jahre währender Krieg gegen die Lagunenstadt.62

Zu Beginn konnte der Kaiser kleinere Erfolge verbuchen, die aber keinen Bestand hatten. Mit aller Schnelligkeit warf Venedig dem Reichsheer starke Verbände entgegen und trieb es nach Norden zurück. Die Kassen Maximilians I. waren wie immer schnell geleert, so daß die Schweizer Söldner zu Ludwig XII. überliefen. Die Reichsstände versagten jede weitere Hilfe, und auch Jakob Fugger hielt seine Taschen verschlossen. Schon Anfang Juni 1508 mußte sich der Kaiser zu einem Waffenstillstand bequemen, durch den Venedig alle seine Eroberungen im Friaul behielt. Doch lange konnte es sich an seinen Erfolgen nicht erfreuen, denn die europäischen Mächte störte die Vision einer übermächtigen venezianischen Republik. Besonders Ludwig XII. war verärgert, da diese sich ohne Beratung mit ihm mit Maximilian I. arrangiert hatte. So entstand die Liga von Cambrai als Bündnisvertrag Ludwigs XII. mit Maximilian I., dem sich Papst Julius II., Ferdinand II. von Aragon, Wladislaw von Ungarn sowie Heinrich VIII. von England anschlossen. Doch schon bald hatte die Diplomatie Venedigs diesen Bund gesprengt, Papst Julius II. für sich gewonnen und Frankreich erneut in seinen alten Antagonismus zu Maximilian manövriert. Am Ende blieb diesem als Mitstreiter nur noch der junge englische König, mit dem zusammen er in der Ritterschlacht bei Guinegate am 16. August 1513 ein zahlenmäßig deutlich unterlegenes französisches Heer schlug. Doch das war kein entscheidender Sieg: Erst mit Übernahme der Regierung durch Maximilians Enkel Karl (V.) in den Niederlanden (1515) kam es am 13. August 1516 zu den Verträgen von Noyon und Brüssel zwischen Maximilian I. und Frankreichs neuem (seit 1515) König Franz I. Von allen Hoffnungen des Kaisers erfüllte sich nur der Gewinn kleiner Bezirke im Friaul und am Gardasee.63

Zu den vielen Mißerfolgen Maximilians I. gehörte auch die Emanzipierung der Eidgenossen von der Gerichtshoheit des Heiligen Römischen Reichs. Da in der Schweiz der französische Einfluß über den österreichischen gesiegt hatte, erschien Österreich einer Mehrheit der Eidgenossen als Minderer ihrer Freiheit, und so zogen sie 1499 gegen Maximilian I. in den bereits erwähnten Schweizerkrieg. Dessen Beendigung durch den Frieden von Basel (22. September 1499) besiegelte eine Niederlage Maximilians und bestätigte die eigenständige territorialstaatliche Entwicklung der Eidgenossenschaft sowie ihre Funktion als unüberwindliche Barriere zwischen dem Reich und Italien. Nur durch Tirol konnte der Kaiser seine Truppen noch in die Poebene führen, und so wurde dieses nun erst recht Angelpunkt seiner Politik.64

Als Papst Julius II. im August 1511 schwer erkrankte, erhielt Maximilians Plan, sich selbst zum Pontifex Maximus wählen zu lassen, gewaltigen Auftrieb. Mit einem gehörigen Maß Selbstironie schrieb er seiner Tochter Margarethe, der Generalstatthalterin der Niederlande, darüber, daß er dieses Amt anstrebe, „damit Ihr mir dann die Ehre der Devotion erweisen müßt, worauf ich mir nicht wenig einbilden werde“65. Sollen wir, die Heutigen, nur mitleidig belächeln, was Margarethes „guter Vater Maximilian, künftiger Papst“, anvisierte? Existierten nicht zwischen Kaisertum und Papsttum in ihrer gesamten Orientierung und Verankerung viel stärkere Affinitäten als mit den Staaten, die sich damals national und territorial zu gliedern begannen? Denn das Ringen der Kaiser mit den Päpsten hatte seine Unerbittlichkeit durch das gemeinsame Ziel bekommen, um das es dabei ging. Genau das klingt noch bei Maximilians I. wiederholter Versicherung an, daß ihm das Dominium temporale zustehe und er dazu berufen sei, es wieder an sich zu reißen. Das war nun keineswegs ein Resultat der „Phantastik“, die viele dem „romantischen“ Maximilian gerne unterstellen, denn laut Mercurino di Gattinara, dem Großkanzler Karls V., besaß „der letzte Ritter“ einen „gewaltigen Verstand“66. Ihn, der immerzu unter dem Unvermögen litt, mit Finanzproblemen fertig zu werden, erfreute die Vorstellung, im Vatikan mit den Schlüsseln Petri auch die zu den vollen Kirchenkassen in seinen Händen zu halten. Zudem mußte die von Maximilian erstrebte Einheit von Kaiser und Papst dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation einen zuvor noch nie erreichten Grad der Vollkommenheit bringen. Doch Julius II. starb nicht, und Maximilian I. blieb „nur“ Kaiser.67

Die Gewinnung von Böhmen und Ungarn

Die Vollendung seines groß gedachten Lebens sollte für ihn die Sammlung des Abendlandes gegen die Türken sein, doch zwischen diesen und ihm lag Ungarn, dessen Krone er nicht zu erringen vermocht hatte und das er doch niemals vergessen konnte. Im Sommer 1515 aber glückte Maximilian die Sicherung der ungarischen und der böhmischen Erbfolge Habsburgs, und zwar in Wien durch ein fein ersonnenes Diplomatenstück auf der Ehe- und Verwandtschaftsbühne68: Ludwig, der Sohn König Wladislaws II. von Böhmen und Ungarn, heiratete Maria, die Enkelin Maximilians. Und dessen erst zwölfjährige Schwester Anna wurde per procurationem mit Maximilians Enkel Ferdinand vermählt. Zusätzlich adoptierte der Kaiser Ludwig und ernannte ihn zum „Generalvikar des deutschen Reiches“ – was ihn zum von den Kurfürsten zu wählenden Nachfolgekaiser für den Fall bestimmte, daß Maximilian I. stürbe. Als der zum König gewordene Ludwig (II.) am 29. August 1526 gegen die Osmanen die Schlacht bei Mohács und zugleich sein Leben verlor, fielen Böhmen und Ungarn an Ferdinand, dessen Gemahlin Anna ihm 15 Kinder gebar, darunter den späteren Kaiser Maximilian II:. Fortan blieben sie habsburgische Gebiete, wobei Böhmen wieder Bestandteil des Reichs wurde. Maximilian I. beendete durch die Verträge von 1515 die Identifikation der Reichsinteressen mit den dynastischen Interessen des Hauses Habsburg.69

Die Unternehmungen seiner letzten Lebensjahre brachten Maximilian I. weder Erfolge noch Freude. Wegen seines Enkels Karl, der seit 1516 König in Spanien war, mußte Maximilian seine alte Feindschaft zu Frankreich hintanstellen und mit Franz I. Verhandlungen aufnehmen, die zu den schon erwähnten Verträgen von Noyon und Brüssel führten. Unterdessen zog der Kaiser ein letztes Mal nach Italien, wo er mit Schweizer Söldnern Mailand einnehmen wollte. Doch kaum hatte er die Belagerung begonnen, überkam ihn offenbar Resignation: Er verließ mit wenigen Reitern das Feldlager und kehrte heim, wobei ihn der Spott von Freund und Feind begleitete. Dies war das Ende des Venezianischen Kriegs. Seine Ziele in Italien hatte Maximilian nicht erreicht, aber der Kaiser hatte durch das Ringen um seine Rechte und die des Reichs diese Rechte selbst erlangt. Ihre Geltung war unabdingbare Voraussetzung für die europäische Politik Karls V.70

Trotz ständiger Verstöße gegen die faktischen Gegebenheiten hatte es Maximilian geschafft, den Rang seiner Reichsidee zu erhöhen. Bei nur oberflächlicher Betrachtung überwogen zwar seine Mißerfolge, doch es kam weit mehr auf Beharrungsvermögen und Unerschütterlichkeit des Kaisers an, deren Auswirkungen sich nicht an Siegen und dem Feind diktierten Verträgen ablesen lassen. Daran ändert sich auch nichts durch die Ablehnung seines letzten Feldzugsplans gegen die Osmanen auf dem Augsburger Reichstag von 1518 und durch die Schmach, die er in Innsbruck erleben mußte: Todkrank an die Tore seiner Lieblingsstadt klopfend, wurde ihm und dem kaiserlichen Gefolge wegen früherer Schulden das Quartier verweigert – wie überaus bitter! Kurz darauf verstarb er am 12. Januar 1519 auf der Burg Wels, nach einem Leben voll haarsträubender Fehlschläge und auch gewaltiger Erfolge, die oft nur seinen Niederlagen geschuldet waren. Diese Widersprüchlichkeit prägte die ganze Epoche, in der er lebte. Noch im Oktober 1518 hatte Ulrich von Hutten begeistert ausgerufen: „O Jahrhundert! O Wissenschaften! Es ist eine Lust zu leben.“71 Fast zur gleichen Zeit klagte Maximilian I.: „Mir ist auf der Welt keine Freude mehr. – Armes deutsches Land!“72

Maximilians Persönlichkeit

Uns Heutigen fällt es einigermaßen schwer, die komplexe Persönlichkeit dieses Kaisers zu begreifen. Maximilian I. war „ein Mann des Übergangs, in dem sich Altes und Neues seltsam mischte, einer jener komplizierten Menschen, die jeder Formel trotzen; er hat Bleibendes, eigentlich Historisches geschaffen. Als Kaiser, Gründer eines Weltreiches und Feldherr war er ein ‚Held‘, was heutzutage unverständlich ist; zugleich ein Künstler, was Machthaber selten sind. […] Er war ‚einer, der alles konnte‘, Dichter und Geschichtsschreiber, Handwerker und Erfinder, ein uomo universale, wie man sagte“73. So urteilt sein Biograph Hermann Wiesflecker.

Hochgebildet und ein Freund des Humanismus wie der Renaissance, förderte Maximilian I. nicht nur Wissenschaft, Literatur und Kunst im Reich, sondern gab selbst poetische Werke heraus, die von ihm konzipiert waren und teils von ihm selbst, teils von anderen geschrieben wurden. Die drei Lebensromane, zugleich letzte Ausläufer mittelalterlicher Ritterromandichtung, sind der „Freydal“, der „Teuerdank“ und der „Weißkunig“, Bezeichnungen für seine eigene Person. Der „Freydal“, der zunächst nicht gedruckt wurde, erzählt Maximilians Minnefahrt. Der „Teuerdank“ – Erstdruck 1517 und eines der schönsten Erzeugnisse damaliger Buchdruckerkunst – trägt seinen Namen deshalb, weil er seine Gedanken von Jugend an nach „teuerlichen“ Sachen richtete. Er schildert die Brautfahrt nach Burgund. Im „Weißkunig“, so genannt nach dem blanken Harnisch des Helden, wird das übrige Leben Maximilians dargestellt. Der Kaiser selbst teilte den Stoff ein und überwachte dessen Ausführung. Der Silberkämmerer Siegmund von Dietrichstein schrieb unter der Aufsicht Maximilians I. die Abenteuer zusammen, die „Teuerdank“ auf seiner Fahrt zur Königin Ehrenreich (Maria von Burgund) überstehen muß. Des Kaisers Sekretär Marx Treitz-Saurwein, von seiner Jugend an in dessen nächster Umgebung, überarbeitete den Entwurf, während Melchior Pfintzing die Endredaktion vornahm. Den „Weißkunig“ schrieb Treitz-Saurwein nach Maximilians Diktaten; vollendet war der Text 1514.74

Was in diesen poetischen und historischen Werken erzählt wurde, sollte in dem monumentalen Holzschnittopus „Der Triumph“ geschaut werden. Dieser „großartigste Holzschnittzyklus aller Zeiten“ besteht aus drei Teilen: der Ehrenpforte, dem Triumphzug und dem Triumphwagen. Das ganze Werk ist mit Albrecht Dürer verbunden, mit dem der Kaiser seit 1512 in Verbindung stand. Dürer entwarf die Ehrenpforte und trug die Zeichnungen zu ihren wichtigsten Teilen bei. Ein Gedanke des Kaisers selbst war das Programm des Triumphwagens mit seinen ganzen bunten Ornamenten und vielfältigen allegorischen Figuren. Der Triumphzug dagegen ist ein Bilderbuch von Maximilians I. bewegtem Leben mit zahlreichen Details aus der fürstlichen Welt. Die Blätter haben Dürer und Hans Burgkmair d. Ä. gezeichnet.75

Maximilian I., der viel im Felde stand, hatte zur Harnischschlägerei und Geschützgießerei eine besonders innige Beziehung. Zwar konnte man Mailand, Nürnberg und Augsburg nicht überholen, doch seine große Werkstatt in Mühlau schuf exzellente Harnische. In der Geschützgießerei führend war Innsbruck; es stellte unter Leitung von Peter Leininger Kanonen her, denen der Kaiser lustige Namen gab, z. B. „Puelerin“, „Schnurrhindurch“, „Weckauf aus Österreich“. Es bereitete ihm ganz besondere Freude, Geschütze persönlich einzurichten und zu zünden sowie mit den Stückmeistern um die Wette zu schießen. Auch verstand er es, Armeen zu führen.76

Als besonderes Charakteristikum Kaiser Maximilians I. galt bedeutenden Zeitgenossen seine „Melancholie“, die wir uns als eine Art manisch-depressiver Grundhaltung vorzustellen haben. Diese spiegelt sein folgender Leibspruch gut wider: „Leb, weiß nit wie lang, und stirb, weiß nit wann; muß fahren, weiß nit wohin, mich wundert, daß ich so fröhlich bin.“77 Zu seinem Glück war diesem recht schwierigen Charakter eine gute Portion Humor beigegeben, und er bezauberte mit Liebenswürdigkeit, Geist und Witz. Auch konnte er dabei übertreiben und oft entwaffnend „kindisch“ sein. Das war die andere Seite des Melancholikers: der schalkhafte Narr seines gespaltenen Ichs, sein Spieltrieb, der das Leben trotz aller Wechselfälle nie ganz ernst nahm. Diese Gegensätze zeigen Maximilians Stärken und Schwächen.78

Im Guten wie im Schlechten eine überlebensgroße Ausnahmeerscheinung, war Maximilian I. ein gespannter Mensch, der auch vor den größten Schwierigkeiten nicht kapitulierte. Bei all seinem Kirchenglauben ein freier Geist, war er zugleich fromm und abergläubisch, mystisch und kritisch. Von seinem Gottesgnadentum war er tief durchdrungen, andererseits aber auch zur Selbstkritik fähig. Trotz seines schon von den Zeitgenossen gerühmten Sinns für Gerechtigkeit unterlag der Kaiser ab und an Anwandlungen barbarischer Grausamkeit (vgl. die Hinrichtung der aufrührerischen Ständeführer in den Niederlanden) und hemmungsloser Grobheit. Dann polterte er im übelsten Landsknechtston los und sagte etwa, der Papst sei ein Mensch, der Prügel verdiene; die „deutschen Bestien“ würden noch sehen, wohin sie kämen; er werde den Franzosen einen Backenstreich geben, an den man noch in 100 Jahren denken werde.79

Es verwundert keineswegs, daß diese facettenreiche und widersprüchliche, aber trotz all ihrer Fehlschläge erfolgreiche Persönlichkeit von den Gegnern arg gescholten wurde. Doch die folgenden Generationen haben Maximilian I. in wachsendem Maße bewundert und dabei sicherlich ein oft allzu positives Bild vom „letzten Ritter“, vom „Vater der Landsknechte“ und vom Gründer der Großmacht Habsburg gezeichnet. Dieses Bild suchte erst die antiösterreichische Legende des 19. Jahrhunderts zu zerstören. Gewiß tat der Kaiser nicht immer das, was uns heute als „rational“ erscheint, doch meist wußte er genau, was er tat. Ein Phantast war er jedenfalls nicht. Lassen wir ihn selbst das Schlußwort sprechen: „Ich nehme alle Opfer auf mich, ich will dafür aber auch die Ehre.“80

Anmerkungen

1 Nachdem sie am 24. Februar 1452 in Siena erstmals zusammengetroffen waren, wurden Friedrich und Eleonore am 16. März 1452 in Rom von Papst Nikolaus V. getraut. Ganze drei Tage danach wurde Friedrich daselbst vom Pontifex Maximus zum Kaiser gekrönt, Eleonore an seiner Seite zur Kaiserin. Aus der Ehe von Friedrich und Eleonore gingen sechs Kinder hervor, wovon jedoch lediglich Maximilian und die 1465 geborene Kunigunde am Leben blieben. Eleonore, der Friedrich noch den Namen Helena gab, verstarb mit nur 30 Jahren am 3. September 1467.

2 Er war Herrscher in Vorderösterreich sowie Herzog von Österreich ob der Enns und Österreich unter der Enns. Erst Albrechts Tod (2. Dezember 1463) brachte Kaiser Friedrich III. in den alleinigen Besitz des Erzherzogtums Österreich.

3 Den Schwarzwald hatte ihm Herzog Sigmund von Tirol verpfändet, als er Geld brauchte, um die Stammlande (soweit sie noch vorhanden waren) dem Zugriff der Schweizer zu entziehen. Diese waren 1468 in die Vorlande Habsburgs eingedrungen und hatten Sigmund im Frieden von Waldshut zur Zahlung gewaltiger Geldsummen gezwungen. Im Vertrag von St. Omer hatte Karl der Kühne für den Betrag von 50.000 Gulden Vorderösterreich links des Rheins und auf der anderen Seite einen Teil des Breisgaus, die Städte Breisach, Waldshut, Laufenberg und Säckingen als Pfand erhalten. Diese Gebiete bildeten den ersten wichtigen Brückenkopf für die Verbindung zwischen seinen getrennten Ländern.

4 Hellmut Diwald: Anspruch auf Mündigkeit. Um 1400–1555 (= Propyläen-Geschichte Europas 1), Berlin 1992, S. 67–71.

5 Manfred Hollegger: Maximilian I. (1459–1519). Herrscher und Mensch einer Zeitenwende, Stuttgart 2005, S. 31–34 u. 36.

6 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 72.

7 Vgl. dazu Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 23.

8 Dt.: „Halte Maß!“ Sein eigentlicher Wahlspruch lautete „Per tot discrimina rerum“ (dt.: „Durch so viele Gefahren“).

9 Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 38 f.

10 Ebenda, S. 36 f.

11 Ebenda, S. 42.

12 Manche Quellen nennen den 17. August 1479 als Datum der Schlacht.

13 Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 42 u. 44–47.

14 Ebenda, S. 48 f.

15 Ebenda, S. 49 f.

16 Ebenda, S. 102; Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 311 f.

17 Hermann Wiesflecker: Maximilian I. Die Fundamente des habsburgischen Weltreiches, Wien u. München 1991, S. 52.

18 Dort war nach dem Tod Ludwigs XI. (30. August 1483) der erst 13jährige Karl VIII. neuer König geworden.

19 Dieser war von 1459 bis 1490 König von Ungarn und in Personalunion auch von Kroatien, von 1469 bis 1490 (Gegen-)König von Böhmen und Eroberer großer Teile der habsburgischen Länder, die er im Zeitraum 1485 bis 1490 von Wien aus beherrschte. Dort starb er am 6. April 1490.

20 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 52 u. 54–56.

21 Ebenda, S. 56–58 u. 60; Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 54–60.

22 Während Maximilian seine Heirat mit Anna von der Bretagne, der Erbin von Herzog Franz II für das beste Mittel zur Erhaltung einer freien Bretagne und zur Einkreisung Frankreichs hielt, war für Karl VIII. das Herzogtum im Interesse Frankreichs nicht weniger wichtig als Herzogtum und Freigrafschaft Burgund. Maximilians Verwicklung in den ungarischen Krieg 1490/91 benutzte Karl VIII. dazu, Truppen in die Bretagne zu entsenden, deren Herzogin Anna sich unter diesem Druck von Maximilian abwandte und Karl VIII. unterwarf.

23 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 74–77.

24 Ebenda, S. 76.

25 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 312.

26 Zitiert nach: Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 60.

27 Dt.: „Herz aus Stahl“.

28 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 62.

29 Ebenda, S. 66.

30 Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 62.

31 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 66.

32 Ebenda, S. 66 u. 68; Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 64.

33 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 68; Hollegger, a.a.O. (Anm. 5), S. 64 f.

34 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 68.

35 Ebenda, S. 68 f.

36 Hugo Hantsch: Die Geschichte Österreichs. Bd. 1: bis 1648, 5., durchges. u. erg. Aufl., Graz, Wien u. Köln 1969, S. 201.

37 Ebenda, S. 201 f.

38 In diesem Bund hatte sich Kaiser Friedrich III. auf dem Reichstag in Eßlingen am Neckar mit allen von Bayern bedrohten Herren, Rittern und Städten zusammengeschlossen. Ihm, der sich als wesentliches Instrument der Reichsreform und des damit verbundenen Landfriedens bewähren sollte, traten bald auch andere Fürsten des deutschen Südwestens bei, um sich gegen Bayern, die Eidgenossenschaft und Frankreich zu sichern.

39 Komitat ist eine deutsche Bezeichnung für die regionalen Verwaltungseinheiten Ungarns.

40 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 70 u. 72.

41 Ebenda, S. 72 f.

42 Zitiert nach: ebenda, S. 73.

43 Hollegger a.a.O. (Anm. 5), S. 80 u. 82.

44 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 78.

45 Zitiert nach: ebenda.

46 Ebenda, S. 78 u. 80.

47 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 312 f.

48 Ebenda, S. 314.

49 Ebenda; Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 93.

50 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 314; Karl Brandi: Reformation und Gegenreformation, 5. Aufl., München 1979, S. 85 f.

51 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 98–108.

52 Zitiert nach: ebenda, S. 111.

53 Ebenda, S. 111 f.; Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 316.

54 Die Königreiche von Aragon und Kastilien, die trotz der Heirat Ferdinands und Isabellas 1469 nicht zu einem einzigen Königreich verschmolzen, wurden nun zusammengelegt.

55 Hantsch, a.a.O. (Anm. 36), S. 203.

56 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 134.

57 Zitiert nach: Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 316.

58 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 123 f.; Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 316.

59 Zitiert nach: Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 318.

60 Zitiert nach: ebenda.

61 Zitiert nach: ebenda, S. 319.

62 Ebenda; Hantsch, a.a.O. (Anm. 36), S. 203 f.

63 Hantsch, a.a.O. (Anm. 36), S. 204.

64 Ebenda.

65 Zitiert nach: Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 320.

66 Zitiert nach: ebenda. Vgl. zu dem Vorwurf späterer Generationen, Maximilians Politik der Wiederherstellung des Kaisertums sei „phantastisch“ gewesen, bes. Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 156.

67 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 321.

68 Im Rahmen des Wiener Fürstentags (17. bis 29. Juli 1515) wurde am 22. Juli 1515 die Wiener Doppelhochzeit gefeiert.

69 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 321–323; Hantsch, a.a.O. (Anm. 36), S. 205 f.

70 Diwald, a.a.O. (Anm. 4), S. 323 f.

71 Zitiert nach: ebenda, S. 324.

72 Zitiert nach: ebenda.

73 Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 351.

74 Hantsch, a.a.O. (Anm. 36), S. 217.

75 Ebenda, S. 218.

76 Ebenda, S. 218 f.; Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 338 u. 340.

77 Zitiert nach: Wiesflecker, a.a.O. (Anm. 17), S. 352.

78 Ebenda, S. 351 f.

79 Ebenda, S. 354, 357, 360 f.

80 Zitiert nach: ebenda, S. 357.

 
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