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„Der Islam ist eine Gefahr für Deutschland“

Die AfD geht mit den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Alexander ­Gauland in den Bundestagswahlkampf 2017


Die Bundesrepublik Deutschland steht im Herbst 2017 vor einer ganz entscheidenden politischen Zäsur. Erstmals wird eine sogenannte „populistische“ Oppositionspartei in Gestalt der Alternative für Deutschland (AfD) am 25. September aller Voraussicht nach den Weg in den Deutschen Bundestag geschafft haben. Damit stünde dem alten politisch-medialen Komplex eine neue Kraft gegenüber, die langfristig eine stärkere Betonung der nationalen und europäischen Interessen durchsetzen könnte. Ob ihr das gelingt, wird auch von der Kompetenz der zukünftigen AfD-Mandatare im Berliner Reichstagsgebäude abhängen.
Die Neue Ordnung sprach mit Dr. Alexander Gauland, neben Alice Weidel Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf der AfD, über das Profil seiner Partei. Gauland, von 1973 bis 2013 CDU-Mitglied, die er wegen ihres Linkskurses verließ, ist Gründungsmitglied der AfD.
Mit Alexander Gauland sprach Bernd Kallina.

Beginnen wir mit einer Frage nach dem Menschenbild. Es zeichne sich bei Konservativen in seinen Grundannahmen durch größeren Realismus aus und überfordere daraus abgeleitete politische Gestaltungspotentiale nicht, während zum Beispiel vor allem die radikale Linke meist Unrealistisches postuliert – immer schön verpackt in wohlklingenden Formeln – und jeden von uns, oft mit Gewalt, sogar zum vermeintlichen Glück zwingen will.
Das stimmt schon, was Sie in Ihrer Frage anklingen lassen. In der Tat, jede Anthropologie hat politische Konsequenzen. Die Frage ist nur, welche? Unser Menschenbild ist sehr viel skeptischer als das unserer Gegner von links! Es geht von einer realistischen Anthropologie aus, glaubt nicht, daß der Mensch von vornherein gut sei und das sich alles zu einem Besseren wenden würde, sondern stellt den Versuch dar, aus den unvollkommenen irdischen Gegebenheiten ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Jahrzehntelang gehörte es zum Credo des bundesrepublikanischen etablierten Parteienkartells, vornehmlich vertreten von CDU/CSU, daß es „rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe“. Damit dürfte es nun seit dem Erfolgskurs Ihrer Partei, der Alternative für Deutschland, vorbei sein, Herr Dr. Gauland?
Ich hoffe das, aber warten wir ab. Alles wird davon abhängen, ob wir in den nächsten Bundestag kommen, Stichtag 24. September; dann könnte es so sein. Allerdings bin ich immer skeptisch, ob es wirklich zutrifft, daß wir rechts von der CDU/CSU stehen. Ich glaube eher, wenn Sie an die Eingangsfrage denken, daß wir von der AfD realistischer sind und in den entscheidenden Fragen der deutschen und europäischen Politik Mut zur Wahrheit haben, was in der CDU, jedenfalls seit Kanzlerin Angela Merkel, nicht mehr der Fall ist. Denken Sie nur an ihre unsägliche sogenannte Flüchtlingspolitik der illegalen Masseneinwanderung. Das stellt, im Sinne von Max Weber, reine Gesinnungsethik dar. Aber was hat dieser Fragenkomplex mit den Kategorien links und rechts zu tun? Nichts! Es ist nur der Versuch, gesinnungsethische Prinzipien auf Kosten der Verantwortungsethik für den Staat durchzusetzen.

Erinnern Sie sich noch an den Tag bzw. an den Zeitpunkt eines markanten Kurswechsels Ihrer damaligen CDU, wo Ihnen – sozusagen – der Kragen geplatzt ist und Sie, wie unlängst die langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach, feststellen mußten: Das ist nicht mehr meine Partei!


„Ist es schon Wahnsinn, so hat es doch Methode“


Bei mir war das kein Stichtag, sondern eher ein schleichender Prozeß. Allerdings gibt es zwei Führungsentscheidungen der Merkel-CDU, bei deren Bekanntwerden ich mir gesagt habe: „Ist es schon Wahnsinn, so hat es doch Methode“!

 

Welche zwei Entscheidungen waren das?Der eine Punkt betraf die vorbereitungslose und plötzliche Abschaffung der Wehrpflicht. Nicht daß ich hundertprozentig für die Wehrpflicht gewesen wäre; die Frage ist durchaus zulässig, ob nicht auch eine Berufsarmee besser sein kann für die Verteidigungsaufgaben, die wir heute haben. Was man allerdings nicht machen kann, ist 14 Tage vorher noch zu sagen, daß die Wehrpflicht geradezu zum Kernbestand christlich-demokratischer Politik gehört, um sie 14 Tage später für abgeschafft zu erklären! Das hat mich ziemlich deutlich am Zustand meiner damaligen Partei, der CDU, zweifeln lassen und den Reifeprozeß zum Austritt beflügelt. Der nächste Hammerschlag war dann die sogenannte Energiewende, die kein Mensch auf der ganzen Welt mitgemacht hat, ein völliger Irrsinn, zumal wir weder vergleichbare Erdbeben wie in Japan noch entsprechende Flutwellen in Deutschland haben. Hier ist Frau Merkel erneut von einer realistischen Politik in nicht hinnehmbarer Form abgewichen und versank, völlig irrational, in rot-grüne Gesinnungsethik, deren Energiekosten-Rechnung uns in den nächsten Jahren noch teuer zu stehen kommen wird.

Wenn Sie sich einmal in die Position von Frau Merkel hineinversetzen: Sehen Sie eine durchdachte Strategie zur Ausgrenzung des konservativen Flügels in ihrer CDU, ein Kalkül, oder eher die Position des „Billigend-in-Kauf-Nehmens“ oder was sonst; sie hat sich ja ins eigene Fleisch geschnitten?
Ja, aber die CDU-Vorsitzende ist nicht davon ausgegangen, daß sie mit ihrem vermeintlichen Modernisierungskurs zu einer Geburtshelferin der AfD werden würde. Die CDU ist unter Frau Merkel ganz stark von den Beratungen der Meinungsforschungsinstitute abhängig geworden. Nichts gegen Demoskopie als eines der Orientierungshilfsmittel im politischen Geschäft, wobei man sich immer darüber im klaren sein muß, daß Demoskopie meist nur das wechselhafte politische Meinungsrelief oberflächlich abgreift, ohne die viel tieferliegenden Erosionskräfte zu erfassen. Und so hat Herr Jung von Infas ihr immer wieder eingeredet, es gebe angeblich keine konservativen gesellschaftlichen Positionen mehr, die in irgendeiner Weise mehrheitsfähig seien und deshalb müsse man auf all diese Menschen keine Rücksicht nehmen. Wie falsch diese Einschätzung war und ist, brauche ich nicht näher auszuführen.

Nochmals zur katastrophalen Fehlentscheidung der Kanzlerin vom September 2015, die eine illegale Masseneinwanderung nach Deutschland zuließ, obwohl schon vorher klar war, daß die Mehrheit unserer Landsleute diese als eine gefährlich und unerwünscht empfundene Überfremdung Deutschlands wahrnahm. Wieso hat sie das nicht berücksichtigt?

Es ist schwer zu erklären, warum sie das Offenkundige nicht gesehen bzw. in ihrem Handeln berücksichtigt hat. Dabei wissen wir inzwischen durch das Buch von Robin Alexander „Die Getriebenen“, daß alles vorbereitet war für einen Grenzabschluß durch unsere Bundespolizei und andere Kräfte. Ob Frau Merkel auch hier nur von reiner Gesinnungsethik getrieben war oder ob sie überhaupt nicht darüber nachgedacht und geglaubt hat, daß alles nicht so schlimm werden würde, kann ich nicht sagen.
Es gibt Stimmen aus dem Umfeld von Frau Merkel, die vor allem zwei Gründe für Ihre Handlungsweise benennen. Erstens: Sie wollte angeblich böse Bilder bei der Grenzabwehr vermeiden, die zweifellos – wenn auch nur kurzfristig – entstanden wären, und zweitens, die Kanzlerin hing dem irrigen Glauben an, unsere EU-Partner würden, so wie Deutschland, die Flüchtlingsmassen anteilig in ihre Länder aufnehmen. Das sind jedoch Spekulationen; um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht!

Merkel spricht von „Menschen, die schon länger hier leben“

Aber vielleicht ist Frau Merkel einfach eine überzeugte Anhängerin der multikulturellen Gesellschaft und fördert ganz bewußt eine Überfremdung Deutschlands und Europas. Wenn sie statt vom deutschen Volk, dem sie ja per Diensteid primär verpflichtet sein sollte, von Menschen spricht, „die schon länger hier leben“, deutet das doch in diese Richtung …
Daß sie eine überzeugte Anhängerin der multikulturellen Gesellschaft ist, steht für mich außer Frage. Sie hat auch überhaupt keine Beziehungen mehr zur deutschen Geschichte, ich sehe bei ihre keine emotionale Bindung zum eigenen Land. Vielleicht ist das die Folge einer in der DDR aufgewachsenen Naturwissenschaftlerin, die mit dem deutschen Nationalstaat eigentlich nichts anfangen kann und die auf eine merkwürdig oberflächliche Weise diese Europaseligkeit vieler nach dem Zweiten Weltkrieg inhaliert hat und glaubt, daß Europa so etwas wie der Ersatz für einen Nationalstaat ist. Dabei müßte ihr doch das Verhalten der anderen europäischen Staaten zu denken geben. Die denken bei aller supranationalen Kooperationsbereitschaft innerhalb der EU überhaupt nicht daran, ihr nationales Gehäuse als Zentrale ihrer Identität und Staatlichkeit gänzlich zu opfern.

Auch traditionsbewußte Sozialdemokraten mehren das Stimmenpotential der AfD, siehe die Spitzenergebnisse im Ruhrgebiet. Von dort ist zu hören: Früher war die SPD eine Partei der eigenen kleinen Leute, heute geriert sie sich als Anwalt des internationalen Proletariats auf Kosten der eigenen kleinen Leute – eine realistische Klage enttäuschter SPD-Leute?
Ja, die Klage ist realistisch. Aber die gibt es nicht nur in der SPD, das erleben Sie auch bei den Grünen und in Teilen der CDU. Es wird immer weniger verstanden, warum die maßvolle Wahrnehmung der eigenen Interessen eines Landes etwas Schädliches sein soll, wie viele Politiker unserer etablierten Parteien ständig betonen. Offenbar haben wir es hierbei mit einer weiteren Baustelle von gesinnungsethischer Fehlkonstruktion zu tun, die jede Beziehung zur eigenen Tradition und Geschichte ablehnt. Dabei betonte doch erst kürzlich die britische Premierministerin Theresa May ganz klar, daß wer keine Wurzeln mehr im eigenen Land habe, damit nirgendwo zu Hause sei. Heimat- und trostlose Nomaden hätten wir dann als Ergebnis. Aber die Menschen sind nicht so, sie brauchen Bande ihrer Herkunft, sie wollen verwurzelt im eigenen Lande sein, und das ist es ja, was echte Weltoffenheit erst ermöglicht.

Die massenmediale Berichterstattung über die AfD wird immer wieder von Skandalisierungen geprägt. Hängt das auch mit den besatzungsgeschichtlichen Ursprüngen unserer Leitmedien nach 1945 zusammen, die Caspar von Schrenck-Notzing in seinem Buch „Charakterwäsche“ so gut beschrieben hat?
Da mag es im weitesten Sinne eine gewisse, aber sehr schwache Verbindungslinie geben. Doch haben diese Vorgänge in der Frühphase der sogenannten demokratischen Umerziehung des deutschen Volkes damit heute noch zu tun? Ich glaube es nicht! Zwar ist ein merkwürdiges Phänomen insofern entstanden, daß je weiter wir vom Dritten Reich weg sind, um so verbissener ideologisch ununterbrochen behauptet wird, daß dieses Reich wieder dicht vor uns stünde. Henryk M. Broder hat das in seiner sarkastischen Art einmal so beschrieben, daß je länger das Dritte Reich zurückliege, es desto mehr Planstellen abwerfe.

Hinzu kam der Einfluß der 68er-Generation, maßgeblich geprägt von führenden Vertretern der Frankfurter Schule, wie zum Beispiel Herbert Marcuse, der ja bereits in seiner „Kritik der reinen Toleranz“ schon 1966 folgende Parole ausgab: „Vor allem gegenüber den Konservativen und der politischen Rechten muß Intoleranz auch gegenüber dem Denken, der Meinung und dem Wort geübt werden.“
Im Fortleben der Schüler von Marcuse und den anderen Repräsentanten sozialistischer Schulen, die auf ihrem Marsch durch die Institutionen auch im bundesdeutschen Medienapparat heute einflußreich sind, spiegelt sich diese Einstellung durchaus wider, da weiß ich als AfD-Politiker schon ein Lied davon zu singen. Ein Ergebnis besteht unter anderem darin, daß linke Gewalt als etwas Gutes gilt und nur rechte Gewalt von Übel sei! Wenn Sie sich die gewaltsamen Übergriffe der Antifa auf AfD-Politiker und AfD-Veranstaltungen ansehen, vor allem in Wahlkämpfen, sehen Sie, daß die Saat der Intoleranz tatsächlich aufgegangen ist.

Welche Erfahrungen haben Sie mit bundesdeutschen Medien im Umgang mit der AfD gemacht?
Unterschiedliche! Daß mich ausgerechnet die als bürgerlich geltende FAZ im Zusammenhang mit einem deutsch-ghanaischen Fußballnationalspieler in Deutschland hereingelegt hat, was ich als äußerst unfair und verwerflich empfand, darf aber nicht zu einer pauschalen Verurteilung von Journalisten in unserer weitgefächerten Medienlandschaft führen. Ich habe zum Beispiel mehrere Spiegel-Gespräche geführt, die ordentlich verliefen, und auch die generelle Berichterstattung über die AfD ist sehr differenziert, keineswegs etwa nur negativ und gehässig! Ich plädiere also für eine Einzelfallprüfung hinsichtlich Fairneß und Seriosität.

Wie ist Ihre Einschätzung der von Rot-Grün losgetretenen, inzwischen weitgehend von den Unionsparteien, den Kirchen und Gewerkschaften übernommenen Großkampagne „Kampf gegen Rechts“? Sie tritt ja in vielfältigsten Formen auf und ist mit Millionen Euro aus Steuergeldern munitioniert; nicht zuletzt stellt sie sich immer häufiger – auch gewaltsam – der AfD entgegen.

Aus dem „Kampf gegen Rechts“ ist inzwischen eine mit viel Steuergeld auch gegen die AfD gewendete publizistische Offensive geworden. In ihr werden nicht nur Millionen von Euro verbrannt, sondern auch viele Leute beruflich versorgt, die sonst keine Chance im normalen publizistischen Leben hätten. Kurzum: ein höchst brisantes Ärgernis, darüber hinaus auch vom rechtsstaatlichen Prinzip mehr als bedenklich. Ist es denn wirklich verfassungsgemäß, eine legale Partei mit Millionen von Euro an Steuergeldern unter dem Vorwand von Extremismusbekämpfung mit Dauerkampagnen unter der Gürtellinie an den Pranger zu stellen? Wir haben das parlamentarisch immer wieder aufgegriffen, aber solange wir keine Mehrheiten haben, wird das wohl oder übel so weitergehen.

Wie werden Sie im Bundestagswahlkampf 2017 vorgehen, wer sind die Hauptgegner, welche Zielgruppen sprechen Sie an?

„Wir bekommen Stimmen aus allen politischen Lagern“

Von Hauptgegnern würde ich nicht sprechen. Drehen wir das Bild um: Wir bekommen Stimmen aus allen politischen Lagern. Ganz besonders wenden wir uns an bisherige Nichtwähler und enttäuschte Wähler. Daß sich die CDU jedoch als unserer Hauptgegner sieht, ist schon klar, weil wir eine bürgerliche Reformpartei sind und der CDU am meisten Stimmen abnehmen werden. Insofern konzentrieren wir unseren Wahlkampf auf die Gefährdung durch das, was die Merkel-CDU verkörpert.
Wir werden kein Blatt vor den Mund nehmen und deutlich sagen, daß der Islam eine Gefahr für dieses Land darstellt und daß vor allem ein Islam, der unsere Rechtsordnung nicht akzeptiert, nicht zu Deutschland gehört.
Wir werden in der heißen Wahlkampfphase nochmals hervorheben, wie die Auflösung des Rechtsstaates durch die Masseneinwanderung erfolgt und wie die Euro-Rettung den Rechtsstaat in einer Weise ausgehebelt hat, wie ich mir das früher überhaupt nicht hätte vorstellen können. Und von daher werden wir sehr stark für ein Plus an direkter Demokratie und für mehr Volksabstimmungen und Volksentscheide eintreten – nach dem urdemokratischen Schweizer Modell übrigens!


Bleiben wir beim Thema Bedrohung durch den Islam: Nach der nicht enden wollenden Anschlagserie islamistischer Täter in Deutschland und Europa stellt sich die Frage der Gewaltprävention in neuer Dringlichkeit. Was sind Ihre wichtigsten Forderungen?
Wir brauchen eine deutliche Begrenzung der muslimischen Einwanderung, sprich die Masseneinwanderung aus diesen Ländern muß gestoppt werden! Weiter: Das Asylrecht als individuelles Recht darf in Zukunft nur noch von wirklich systematisch Verfolgten in anderen Ländern in Anspruch genommen werden, aber nicht als eine Möglichkeit, dem Elend dieser Welt in Deutschland zu entgehen. Das ist ja der Fehler, der heute gemacht wird, nämlich daß das wirtschaftlich bedingte Flüchtlingselend von unseren politischen Mitbewerbern als etwas angesehen wird, was wir in Deutschland oder Österreich zu lösen hätten. Das halten wir für völlig verfehlt. Man kann natürlich wirtschaftliche Hilfe in den Ländern leisten, in denen es diese Probleme gibt, da wären wir gar nicht dagegen. Aber es kann nicht sein, daß alle Mühseligen und Beladenen der Welt bei uns Aufnahme finden.


Herr Dr. Gauland, Sie treten zusammen mit Frau Dr. Alice Weidel als AfD-Spitzenteam beim Bundestagswahlkampf auf. Was soll diese Personenkombination signalisieren?
Die beiden Personen des AfD-Spitzenteams signalisieren den Anspruch, unterschiedliche Flügel und Richtungen innerhalb der AfD, also das Wirtschaftsliberale von Frau Dr. Weidel und das Nationalkonservative in meiner Person, einerseits zu vereinen und andererseits als zwei Gesichter in einer Partei wählerwirksam nach außen darzustellen. Deswegen ist dieses Spitzenteam auch Ausdruck einer Gemeinsamkeit der Einheit der Partei bei allen Schwierigkeiten, die es in einem solchen Team auch geben wird und muß.


Hinderlich wirken sich bei Ihnen die endlosen Richtungskämpfe aus. Die AfD sei heillos zerstritten, heißt es immer wieder. Auch sind Sie laut Umfragen deswegen von einem zweistelligen Prozentanteil auf einen inzwischen einstelligen zurückgefallen. Angeblich gebe es einen realpolitischen Flügel, dem ein fundamentalistischer gegenüberstünde, was Sie jedoch und auch Jörg Meuthen beim Wahlparteitag in Köln zurückgewiesen haben.
Ich stelle dazu fest: Es gibt in der AfD keinen realpolitischen und fundamentaloppositionellen Flügel, und es gibt auch keine unterschiedliche Politik. Lassen sich mich darstellen, woran ich das festmache: Wir sind beide, Frauke Petry in Sachsen und ich in Brandenburg, seit 2013 in der Landespolitik. Wir tauschen über die parlamentarischen Geschäftsführer und die Fraktionsgeschäftsführer unsere Anträge und politischen Maßnahmen aus und übernehmen sie gegenseitig. Ich habe seit 2013 bis heute nicht ein einziges Mal von irgend jemanden aus Sachsen gehört, das können wir aber nicht machen, denn das sei fundamental-oppositionell! D. h. diese angebliche real- und fundamentalpolitische Scheidung, die gibt es in der parlamentarisch-praktischen Arbeit gar nicht.

 

Wo sehen Sie dann Differenzen in Ihrer Partei, die medialen Berichte darüber werden ja nicht alle erfunden sein?

„Unterschiedliche Haltungen zur Dresdner Rede von Björn Höcke“

Es gibt die unterschiedliche Haltung zur Dresdner Rede von Björn Höcke aus Thüringen. Und das ist das eigentliche Problem in der Partei, das an dieser Auseinandersetzung Strömungen festgemacht werden, die aber mit Realpolitik oder Fundamentalopposition nichts zu tun haben.


Wenn man aber die skandalisierte Dresdner Rede von Höcke genau betrachtet, war sie eigentlich nur die Anmahnung einer geschichtspolitischen Kurskorrektur: Er plädierte für eine Zentrierung unserer Gedächtnispolitik auf positive Ereignisse der deutschen Geschichte und beschrieb den Fakt eines „Denkmals der Schande“ in der Hauptstadt Berlin. Offenbar ist aber eine freie Diskussion über unterschiedliche Formen von Gedenkkultur bei uns noch nicht möglich – oder?
Sie ist jedenfalls parteipolitisch nicht möglich und auch nicht in der Form, wie sie Höcke teilweise inszeniert hat, da haben Sie recht. Aber die Ansprache, die Björn Höcke gehalten hat, ist in der Wortwahl ganz ähnlich wie Rudolf Augsteins Spiegel-Aufsatz aus dem Jahre 1992. Kein Mensch hat damals Herrn Augstein – im Gegensatz zu Höcke – als „Nazi“ beschimpft. Höcke hat diese geschichtspolitische Kurskorrektur aber mit einer angreifbaren Formulierung verbunden; ich meine seine Forderung nach einer 180-Grad-Kurswende. Das geht nicht! Denn es mußte so verstanden werden, daß er offensichtlich gar keine Erinnerung mehr an den Nationalsozialismus in der Gedenkkultur haben wolle. Das hat Höcke zwar nicht gemeint, was er auch deutlich gesagt hat, aber so konnte dieser Teil seiner Rede, insbesondere natürlich von seinen zahlreichen Gegnern, ausgelegt werden.
Ihn deswegen aber mit einem Parteiausschlußverfahren zu bestrafen, wie geschehen, halte ich jedoch für völlig überzogen. Man hätte seitens Parteiführung sagen können: Das ist nicht unsere Linie, nicht unsere Programmatik, wir lehnen sie ab. Man hätte Höcke auch abmahnen können. Das wäre angemessen gewesen. Jetzt haben wir ein sich lange hinziehendes Parteiausschlussverfahren, das wie eine schwärende Wunde die Partei – einem Mühlstein gleich – für Jahre belasten wird, und das habe ich für falsch gehalten.


Der große Journalist der alten Bundesrepublik, Johannes Gross, hat diese Problematik einmal so auf den Punkt gebracht: „Die Verwaltung der deutschen Schuld und die Pflege des deutschen Schuldbewußtseins sind ein Herrschaftsinstrument. Es liegt in der Hand aller, die Herrschaft über die Deutschen ausüben wollen, drinnen wie draußen.“ Da scheint es auch für AfD wohl kein Entrinnen zu geben, Herr Dr. Gauland – oder doch?
Das, was Gross geschrieben hat, ist sehr klug und richtig! Auch Martin Walser hat sich ähnlich geäußert, der ja nun – anders als Gross – auch nicht verdächtig ist, ein „Rechter“ zu sein. Von daher sind wir Teil der politischen Auseinandersetzung, so wie sie sich im zeitgenössischen Deutschland entwickelt hat und damit auch verfangen in der von Gross beschriebenen Problematik, leider!


Sogenannte V-Leute diverser Geheimdienste betätigten sich in den vergangenen Jahrzehnten oftmals als Agent Provocateurs bei unerwünschten Rechtsparteien, um diesen – oft im Zusammenspiel mit Leitmedien – massiv zu schaden. Haben Sie dieses Gefahrenpotential für die AfD auch auf Ihrem Radarschirm?
Da es im NPD-Verbotsverfahren eine Rolle spielte, haben wir das natürlich auf dem Radarschirm. Ich glaube allerdings, daß es bei uns – jedenfalls Stand heute – eine solche Unterwanderung wie bei der NPD nicht gegeben hat. Dafür sind wir zu viele, und dafür ist die Partei auch zu gefestigt. Aber das Problem gibt es, das kann man gar nicht leugnen. Wir müssen wachsam sein!


Außen- und sicherheitspolitisch plädieren Sie für eine Verankerung der Bundesrepublik Deutschland weiterhin in der NATO, fordern aber gleichzeitig ein besseres Verhältnis mit Rußland, was Ihnen von diversen Kritikern besonders übelgenommen wird.
Ich weiß nicht, wo hier der Gegensatz liegt. Ich bin konsequent dafür eingetreten, daß Deutschland Teil der NATO bleibt, weil ja historische Erfahrungen deutscher Politik im 20. Jahrhundert gezeigt haben, daß ein Deutschland, das nicht in eine Staatenkombination eingebunden ist, sehr große Probleme in Europa aufwirft. Und wenn wir heute die NATO verlassen würden, dann würden sich viele, auch uns Wohlgesonnene, Holländer, Belgier, wer auch immer, fragen, was will Deutschland?

Die AfD ist für einen Ausgleich mit Putins Rußland

Und ich habe auf dem vorletzten Parteitag, als die Frage des NATO-Austrittes anstand, deswegen argumentiert, auch Otto von Bismarck würde heute in der NATO bleiben. Er hat immer deutlich gesagt, wir brauchen eine Einbindung mit anderen europäischen Staaten. Das heißt aber nicht, daß die Ordnung – so wie sie nun ererbt ist aus dem Kalten Krieg – für alle Zeiten sinnvoll bestehenbleiben muß! Eines ist jedenfalls in den Wendejahren 1989/90 versäumt worden: Eine neue Ordnung aufzubauen unter Einbeziehung Rußlands. Dies hat man versäumt und nur die alte bipolare Ordnung irgendwie fortgesetzt. Man hat vom Ende der Geschichte gesprochen, hat aber trotzdem die NATO gegen die Zusagen, die man Rußland gegenüber gemacht hat, bis an die russischen Grenzen ausgedehnt und damit natürlich die Spaltung weiter fortgesetzt. Das ist etwas, was langfristig überwunden gehört. Ich könnte mir also in ferner Zukunft vorstellen, daß die NATO ersetzt wird durch eine europäische Friedensordnung, die die Russen genauso mit einschließt wie die Franzosen oder die Briten. Aber das kann Deutschland nicht allein durchsetzen, und solange wir keine andere Ordnung als die uns gewohnte haben, wäre ein Austritt aus der NATO das falsche Signal.

Herr Dr. Gauland: Worin sehen Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der AfD und der FPÖ?
Die FPÖ ist die Partei – und ich war gerade über Pfingsten in Wien bei Herrn Strache –, die uns im Grunde genommen am nächsten steht. Denn zwischen dem Front National und uns gibt es nicht nur die Sprachbarriere, wir haben auch ganz unterschiedliche kulturelle und historische Traditionen. Und wenn Sie sich das innenpolitische Programm von Frau Le Pen ansehen, so entdecken Sie zum Teil sozialistische Züge. Und deswegen ist für mich die FPÖ in vielem Vorbild, das ist völlig klar. Sie ist länger im Geschäft, sie ist weitergekommen, man kann aus ihren Fehlern und ihren Erfolgen lernen. Wenn wir mit anderen Strömungen, wie zum Beispiel mit Trump, verglichen werden, dann paßt das natürlich alles nicht, und insofern schauen wir gern nach Österreich und verfolgen genau, wie es die FPÖ angestellt hat, so weit zu kommen, wie sie jetzt ist. Fazit: Ja, wir sehen in ihr eine Partei, von der wir sehr viel lernen können.

Herr Dr. Gauland, vielen Dank für dieses Gespräch!

 
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